Forscher kreieren borhaltiges künstliches Vitamin
Chemiker der Universität Leipzig haben ein künstliches, borhaltiges Vitamin B 1 kreiert, das zum besseren Verständnis der komplexen Stoffwechselvorgänge in allen Lebewesen beitragen kann.
Wie die Zahnräder eines Uhrwerks greifen beim Stoffwechsel unzählig viele Prozesse ineinander. Um diese komplexen Zusammenhänge greifbar zu machen, haben sich die Leipziger Forschergruppen um Prof. Dr. Kirsten Zeitler vom Institut für Organische Chemie und Prof. Dr. Evamarie Hey-Hawkins vom Institut für Anorganische Chemie zusammengeschlossen. Sie ersetzten das natürliche, kohlenstoffhaltige Vitamin B 1 (Thiamin), das an sehr vielen Stoffwechselprozessen beteiligt ist, durch ein borhaltiges, künstlich hergestelltes Vitamin B 1 und testeten, wie es bei verschiedenen chemischen Reaktionen wirkt. Die Ergebnisse veröffentlichten sie jetzt in dem Fachmagazin "Chemistry - A European Journal", für das sie auch das Titelbild gestalteten.
"Wir haben das Vitamin B 1 vereinfacht nachgebaut und partiell statt Kohlenstoff Bor verwendet. Das ist im Periodensystem der Elemente gleich nebenan", sagt der Erstautor der Veröffentlichung, Christoph Selg, vom Institut für Organische Chemie. In ihrer Studie konnten die Forscher zeigen, dass ihr "Nachwuchs" die Reaktivität des entfernten Verwandten nicht nur nachempfindet, sondern teils bei weitem übersteigt. "Mit dem künstlichen Vitamin haben wir den Grundstein für eine komplett neue Klasse von Katalysatoren gelegt", erklärt der Chemiker. Teile des Kohlenstoffgerüsts in dem untersuchten Molekül seien durch sogenannte Carborane ersetzt worden, die aus Kohlenstoff und Bor bestehen und anders als die ausgetauschten Molekülbausteine einen dreidimensionalen Aufbau haben. Nicht zuletzt wegen ihrer speziellen Strukturen und Eigenschaften sind Carborane auch Hoffnungsträger bei der Entwicklung neuer Medikamente.
Durch die erfolgreiche Imitation des einzelnen "Zahnrads" konnten auf diese Weise wertvolle Erkenntnisse auf dem Weg zum Verständnis des gesamten "Uhrwerks" gewonnen werden. "Um aktuelle und zukünftige Probleme zielgerichtet lösen zu können, bedarf es innovativer, interdisziplinärer Ansätze. Unsere Publikation zeigt, wie Experten aus organischer und anorganischer Chemie im zukunftsträchtigen Bereich der Katalyseforschung gemeinsam erfolgreich neue Lösungsansätze entwickeln können", sagt Evamarie Hey-Hawkins.
Quelle: Universität Leipzig
30.04.2017