Source: Elizabeth Moss
News • Mutationen auf der Spur
Forscher analysieren Blutproben von fast 750.000 Personen
Forscher der Université de Montréal haben ein internationales Konsortium ins Leben gerufen, um weltweit das Blut von hunderttausenden Menschen zu untersuchen. Mit diesem Projekt sollen Fragen dazu geklärt werden, wie hoch das Risiko von verschiedenen menschlichen Populationen ist, an einer Krankheit zu leiden.
An der Studie nahmen fast 750.000 Personen aus den vier großen Populationen Europäisch, Hispanisch, Ostasiatisch und Südasiatisch teil. Sie wurden getestet, um die Auswirkungen von genetischen Mutationen auf die Charakteristika ihres Blutes zu untersuchen. Zu diesen Charakteristika gehören die Hämoglobinkonzentration und Anzahl der Blutplättchen.
Laut Forschungsleiter Guillaume Lettre ist jede menschliche Population einer anderen Umwelt ausgesetzt. Im Verlauf tausender Jahre haben diese Umweltbelastungen zum fortschreitenden Auftreten von Variationen der DNA, den genetischen Mutationen, geführt, die die körperlichen Charakteristika wie Haut, Größe oder Farbe, aber auch das Risiko an bestimmten Krankheiten zu leiden, beeinflussen können.
Das Team entschied sich, 15 Charakteristika von Blutzellen zu untersuchen. Frühere Studien hatten bereits Mutationen festgestellt, deren Auswirkungen auf bestimmte Populationen beschränkt waren. Indem mehr als 45 Mio. genetische Varianten bei jedem Teilnehmer gestestet wurden, konnten mehr als 5.000 Mutationen der menschlichen DNA identifiziert werden, die weltweit die Charakteristika des Blutes beeinflussen.
Therapieansätze verbessern
In Verbindung mit einer weiteren Studie, die sich nur auf Personen europäischen Ursprungs konzentrierte, zeigt die neue Analyse, dass das Gros der Mutationen in Zusammenhang mit Blutzellen bei allen großen Populationen verbreitet ist. Abgesehen davon fanden die Forscher rund 100 Mutationen, deren Auswirkungen auf bestimmte Populationen beschränkt sind und bei Personen mit europäischer Abstammung nicht vorkommen.
Bei jenen mit südasiatischer Herkunft wurde eine Mutation des Gens Interleukin-7 festgestellt, das die Sekretion dieses Moleküls stimuliert und daher die Menge an Lymphozyten erhöht. Laut Lettre kann diese Art von Mutation Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Vermutet wird, dass diese Mutation die Widerstandskraft gegen bestimmte Infektionen beeinflusst oder die Entstehung von Erkrankungen wie Blutkrebs. Dabei handle es sich derzeit nur um Hypothesen.
Durch den Vergleich der genetischen Ergebnisse jeder Population konnten die Forscher bestimmte Gene priorisieren, die eine Gesamtwirkung auf die Produktion von Blutzellen haben. Damit könnte es langfristig möglich werden, die Vorhersagen des Erkrankungsrisikos bei einer bestimmten Krankheit zu verbessern und neue wirksamere Behandlungsansätze zu finden.
Lettre betont zudem, dass auch in diesem Bereich große finanzielle Mittel erforderlich wären. Eine Einschränkung der aktuellen Untersuchung sei, dass rund 560.000 der 740.000 Teilnehmer europäischen Ursprungs waren. In Zukunft wollen die Forscher sich mit Populationen beschäftigen, die wie ostafrikanische Populationen oder indigene Völker bisher noch wenig erforscht sind. Die Forschungsergebnisse wurden in "Cell" veröffentlicht.
Quelle: Université de Montréa/pressetext
08.09.2020