Krankenhausarchitektur

Durchatmen im Altonaer Kinderkrankenhaus

Farbige Wände, Eichenparkett, versteckte Medizintechnik, großzügige Raumgestaltung und Wohnbereiche zum Wohlfühlen: Der neugestaltete „Lufthafen – Die Wohnstation am AKK“ schließt in Norddeutschland nicht nur eine medizinische Versorgungslücke für langzeitbeatmete Kinder, sondern realisiert ein Wohnkonzept frei von Krankenhausluft.

Christiane Dienhold und Marc Ewers
Christiane Dienhold und Marc Ewers
Photo: Durchatmen im Altonaer Kinderkrankenhaus

„Der Lufthafen wird für viele ein neues Zuhause sein. Deshalb war es uns sehr wichtig, eine Umgebung zu schaffen, die nicht an ein Krankenhaus erinnert. Neue Ideen, ungewöhnliche Lösungen und Konzepte mussten erarbeitet werden, um unsere Vorstellungen in die Realität umsetzen zu können“, sagt Marc Ewers, Geschäftsführer von euroterra, dem beauftragten Architekturbüro.

Durch die Backsteinfassade fügt sich der Lufthafen in das bestehende Ensemble des Klinikgeländes ein. Elemente aus Lärchenholz, Stahl und farbigem Glas lockern das Äußere auf und wiederholen sich auch im Innenbereich. Am bordeauxroten Empfangstresen begrüßen die Krankenschwestern die Familien. Die Rezeption ist unterschiedlich hoch gebaut, damit jeder, egal ob groß oder klein, in Augenkontakt mit dem Gegenüber stehen kann. Ein weiteres Highlight ist das Salzwasseraquarium mit vielen bunten Fischen, das am Eingangsbereich in den Tresen integriert wurde. „Unser Ziel ist, dass unseren Patienten vom ersten Augenblick eine wohnliche und freundliche Atmosphäre geboten wird. Für mich schließt es sich nicht aus, dass medizinische Einrichtungen auf der einen Seite funktional, aber auf der anderen Seite auch zum Wohlfühlen einladen“, sagt Christiane Dienhold, Geschäftsführerin des AKK.

Rechts vom Empfangstresen geht es zu den Therapie, - Diagnostik- und Patientenzimmern. Unter anderem warme Farben, Eichenparkett, Terrazzoboden und Fußbodenheizung sorgen dafür, dass kein Krankenhauscharakter zu spüren ist. In den Untersuchungsräumen sind die Schränke in einem freundlichen Blau gehalten. Das Gesamtfarbkonzept beinhaltet vor allem warme Farbtöne, die sich in den Fluren, Zimmern und auch der Fassade wiederfinden. Um den Aufenthalt weiterhin wohnlich zu gestalten, befindet sich am Ende des Flures eine grüne Küche. Dort können Eltern sich etwas kochen, mit anderen ins Gespräch kommen oder sich Pausen gönnen.

In den Patientenzimmern ist die Medizintechnik in Möbeln, Decken und Wänden versteckt. Das integrierte Deckenliftsystem vereinfacht das Ein- und Aussteigen in den Rollstuhl. Ebenso können die großzügig angelegten Bäder mit Duschliegen befahren werden. Damit auch jeder der Patienten die eigene Terrasse nutzen kann, wurden die Schiebefensterelemente bodentief angelegt. Diese ermöglichen es, dass jeder mit dem Rollstuhl oder sogar im Bett in den Garten gefahren werden kann. „Es war eine besondere Herausforderung alle Bereiche und Zimmer auf der zur Verfügung stehenden Fläche barrierefrei zu gestalten, eine räumliche Großzügigkeit zu erzeugen und alle medizinisch notwendigen Haupt- sowie Nebenfunktionen sinnvoll unterzubringen“, erinnert sich Marc Ewers.

Links vom Empfangstresen befinden sich das Wohnzimmer sowie die Kinder- und Jugendzimmer. Die warmen Rot- und Grüntöne sowie der Holzfußboden strahlen eine ruhige und gemütliche Atmosphäre aus. Der gesamte Wohnbereich ist mit dem Rollstuhl oder auch Bett befahrbar. Es gibt keine störenden Heizkörper, sondern eine Fußbodenheizung, und die Möbel sind in Nischen integriert, damit genug Platz zum
Rangieren bleibt. Der Raum ist gegliedert in eine offene Küche und ein Wohnzimmer. Im Zentrum steht ein großer Eichentisch. Durch einen Spindelantrieb ist dieser höhenverstellbar, sodass auch Patienten mit größeren Rollstühlen am Tisch Platz finden. Ein Lichtkranz oberhalb der Sitzgelegenheit bietet die Möglichkeit, je nach Situation, unterschiedliche Lichtstimmung zu schaffen. In der anderen Hälfte des Raumes ist eine Sitzecke eingerichtet. Dank des in der Decke integrierten Lift-Systems können Pflegekräfte die Patienten aus dem Rollstuhl auf das Sofa heben.
Von da aus genießen die Bewohner dann den Blick aus den bodentiefen und breitenSchiebefenstern auf Bäume, Blumen, Sträucher, den behindertengerecht gestalteten Spielplatz und die geräumige Terrasse.

Vom Wohnbereich führt der Flur zu den sechs Kinder- und Jugendzimmern. Diese sind für die Patienten vorgesehen, die im Lufthafen ihr neues Zuhause finden und nicht nur für Therapiemaßnahmen eine kurze Zeit bleiben werden. Diese Räumlichkeiten sind ebenso wohnlich ausgestattet und in freundlichen Farben
gehalten wie die Patientenzimmer. Damit die Bewohner sich auch ungestört im Garten aufhalten können, ist die Anlage umgeben von Sträuchern und Bäumen.
Draußen können die Kinder und Jugendlichen sowohl die Spielgeräte nutzen, als auch die Natur genießen. „Wir bieten viele besondere Angebote, wie ein hängendes Vogelnest, in dem jeder liegen und schaukeln kann. Ebenso wurde ein Spielgang konzipiert, der durch verschiedene Bodenbeläge den Rollstuhlfahrern eine sinnliche und taktile Wahrnehmung ihres Weges ermöglicht“, sagt Christiane Dienhold.

In Deutschland leben aktuellen Schätzungen zufolge ca. 2.000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche, die unter chronischer Luftnot leiden. Die Ursachen können sowohl eine Querschnitts- oder Kinderlähmung als auch Schädigungen des Gehirns oder Knochen- und Muskelerkrankungen sein. Mehr als 70 betroffene Patienten werden derzeit im AKK betreut. „Am 02. Mai 2011 sind die ersten Kinder in den Lufthafen eingezogen. Ich freue mich, dass unsere gemeinsamen Bemühungen nun Früchte tragen“, sagt Christiane Dienhold.
 

 

16.06.2011

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