Studie
Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft
Seit Jahren ist die Wirtschaftlichkeit und Effizienz der Informations- und Kommunikationstechnik in allen Branchen Thema. In Deutschland gibt es aber Nachholbedarf bei der Interoperabilität technischer Standards und in branchenübergreifenden Ansätzen.
Report: Anja Behringer
Nach wie vor stehen die deutschen Krankenhäuser vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Um zu überleben, müssen viele klinische Prozesse und Arbeitsabläufe besser gesteuert und neu organisiert werden. Im Krankenhaus der Zukunft spielt die Informationstechnik (IT) die zentrale Rolle – vom Management administrativer und medizinischer Daten bis zur Vernetzung mit anderen Kliniken, um schnell Zugriff auf die Ergebnisse beispielsweise der Diagnostik zu erhalten. Daher ist zu prüfen, mit welchen Anreizen Krankenhausträger unterstützt werden können, um ihre Investitionen in den Ausbau der IT-Infrastruktur zu erhöhen. Gerade das ist auch ein politisches Thema.
Klinische Prozesse mit IT steuern
Mit dem „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ (E-Health-Gesetz) ebnet die Bundesregierung momentan mit einem verbindlichen Zeitplan den Weg für einen zügigen Ausbau der flächendeckenden digitalen Infrastruktur. Gleichzeitig werden finanzielle Anreize für Ärzte und Krankenhäuser zum Digitalisieren von Notfalldatensätzen und elektronischen Briefen geschaffen. Dabei sind aber noch Fragen des Datenschutzes und der Selbstbestimmung des Patienten über seine Gesundheitsdaten zu klären.
Anlässlich des Gesundheitswirtschaftskongresses in Hamburg wurde die Studie „Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft“ vorgestellt: „Wie weit sind deutsche Kliniken auf dem Weg zur Medizin 4.0?“ fragte Rochus Mummert Healthcare Consulting 310 Führungskräfte deutscher Krankenhäuser.
Studie zur Medizin 4.0 in deutschen Krankenhäusern
Drei von vier deutschen Krankenhäusern haben sich – zumindest in Einzelprojekten – bereits auf den Weg zur „Medizin 4.0“ gemacht. 28 Prozent der Befragten gaben an, dass sie eine unternehmensübergreifende Digital-Strategie haben, 46 % sprachen von digitalen Einzelprojekten, die im Alltag auch schon funktionieren und bei 10 Prozent gibt es bisher nur Test-Projekte, die noch nicht abgeschlossen sind.
Je 8 Prozent beobachten das Thema noch oder haben sich noch nicht damit beschäftigt. Die größten Stolpersteine auf dem Weg zur „Medizin 4.0“ sind fehlende finanzielle Mittel. Das bestätigten 65 Prozent der Befragten, 41 Prozent sehen als größtes Hindernis vor allem eine allgemeine Angst in den Krankenhäusern vor Veränderungen. Zwei von drei Klinik-Führungskräften möchten unbedingt in einem stärker digitalisierten Umfeld arbeiten. Ein weiteres Viertel kann sich dies zwar vorstellen, bittet aber um etwas weniger Tempo bei der digitalen Transformation.
Wer sich allerdings erst um eine Stelle bewirbt, muß etwas mehr Eifer bezüglich seiner digitalen Affinität zeigen. Denn in den neuen Job-Profilen wird künftig für jede zweite kaufmännische Führungsposition einer Klinik digitales Know-how Einstellungskriterium sein. Aber auch die ärztliche Versorgung und die Pflege der Patienten hält heute schon jede zweite Klinik für die Digitalisierung geeignet.
Auf die Frage nach den Bereichen im Unternehmen, die am meisten von der IT-Technik profitieren würden, nannten 83 Prozent der befragten Führungskräfte an erster Stelle den Einkauf, gefolgt von dem Bereich Verwaltung, Ressourcenplanung, Finanz- und Rechnungswesen mit über 80 Prozent. Etwa die Hälfte votierte für Pflegerische/Ärztliche Versorgung.
Bei der Frage, in welchen Abteilungen sich die Arbeitsabläufe in den Krankenhäusern durch die zunehmende Digitalisierung in den kommenden 5 bis 10 Jahren am stärksten verändern werden, schätzten 62 Prozent an erster Stelle als stark oder sehr stark administrative Tätigkeiten ein und erwarteten weniger Bürokratie. 49 Prozent erwarten starke Veränderungen bei medizinischer und 37 Prozent in der pflegerischen Tätigkeit. Mit der digitalen Transformation zur „Medizin 4.0“ wird man sich also auch im Krankenhaus auseinandersetzen. Bei professioneller Einführung sollte davon nicht nur das Unternehmensbudget profitieren, sondern auch der Arbeitsalltag der Mitarbeiter effizienter werden.
16.11.2015