Die Zukunft der Bildgebung

Stillstand bedeutet Rückschritt. Ein Vorwurf, den sich die diagnostische und Interventionelle Radiologie nicht gefallen lassen muss. In keinem anderen medizinischen Fach werden so viele technische und medizinische Fortschritte gemeistert wie hier. Natürlich werfen diese raschen Entwicklungsschritte auch die Frage auf: Wohin genau geht die Reise?

Prof. Dr. Gerhard Adam
Prof. Dr. Gerhard Adam

RöKo Heute bat den ehemaligen Präsidenten der Deutschen Röntgengesellschaft Prof. Dr. Gerhard Adam, Direktor der Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, einen Blick in die Zukunft seines Fachs zu wagen. Er sprach mit uns über verfeinerte Bildanalysen, aufregende neue Verfahren und darüber, dass Radiologie keine Ware ist.

Herr Professor Adam, welche großen Entwicklungen sehen Sie auf die Radiologie zukommen?

Ich denke, eine wichtige Rolle wird die quantitative Bildgebung spielen. Das heißt, über die morphologische Analyse von Bilddatensätzen hinaus werden wir zunehmend in die Lage versetzt, mithilfe dedizierter Untersuchungs- und Messparameter objektive, reproduzierbare und damit vergleichbare Bildinformationen zu gewinnen. Daran knüpft sich ein weiteres großes Thema an: die Integration von Bildinformationen in Biodatenbanken. Man verspricht sich davon, prädiktive Aussagen über Entstehung und Verlauf von Krankheitsbildern treffen zu können. Vorreiter auf diesem Gebiet ist zum Beispiel die epidemiologische Gesundheitsstudie Study of Health in Pomerania (SHIP) der Universität Greifswald, die bereits umfassende medizinische Daten aus verschiedensten Bereichen, unter anderem aus der Ganzkörperbildgebung, miteinander verknüpft. Solche Kohortenstudien bedürfen natürlich einer strengen radiologischen Begleitung, um die höchstmögliche Aussagekraft aus den Bilddaten zu ziehen.

Wie wird sich die Hybridbildgebung weiterentwickeln?

Die ersten MR-PET-Geräte wurden im Laufe des letzten Jahres an einzelnen Standorten, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgewählt wurden, installiert. Künftig wird es vor allem darum gehen, den Nutzen dieses Kombinationsverfahrens zu untersuchen und einzuschätzen. Es handelt sich schließlich um eine hochkomplexe Technologie, die die PET- und MR-Bilddatenakquise simultan in einem Gerät realisiert. Welchen klinischen Mehrwert dies hat, wird jetzt untersucht und kann noch nicht beantwortet werden. Des Weiteren ist es wahrscheinlich, dass noch andere Bildgebungsmodalitäten miteinander fusioniert werden, die sich entweder durch hohe anatomische Auflösung oder hohe zeitliche Auflösung auszeichnen. Ich kann mir beispielsweise Hybridverfahren unter Einbeziehung des Ultraschalls gut vorstellen. Darüber hinaus gibt es eine ganz neue bildgebende Methode, die derzeit experimentell erforscht wird, das sogenannte Magnetic Particle Imaging (MPI). Anders als in der MRT, wo eisenhaltige Nanopartikel das Signal durch Verzerrung beeinflussen, kann man mit dem MPI den Magnetismus von ferromagnetischen Nanopartikeln direkt abbilden. Dadurch lässt sich eine ganz neue Dimension der Sensitivität erreichen, die der nuklearmedizinischer Verfahren sehr nahe kommt.

Wann ist mit ersten klinischen Ergebnissen des Magnetic Particle Imaging zu rechnen?

Die Methode wurde erstmals 2005 beschrieben und getestet. Zurzeit läuft eine bundesweite Ausschreibung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, auf die sich viele Standorte beworben haben. Sobald der Zuschlag für das Forschungsprojekt vergeben ist, wird MPI im biologischen Experiment genau untersucht werden. Wenn sich dann die Vorteile des Verfahrens bestätigen, können wir unter Umständen in drei, vier Jahren mit den ersten Untersuchungen am Menschen beginnen.

Wie wird sich das Rollenbild des Radiologen verändern?

Zunächst einmal ist die Radiologie keine Ware, die man irgendwo kauft, sondern durch und durch eine ärztliche Leistung. Wir sind Ärzte für diagnostische Medizin, die die Zuweiser mit hochspezialisierten Diagnosen, die therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen, versorgen. Dadurch werden wir Radiologen zu Informationsvermittlern, die im hohen Maß an den Prozessen in einer komplexen Hochleistungsmedizin teilhaben. Insbesondere im klinischen Bereich gilt darüber hinaus, dass je größer der Spezialisierungsgrad eines Hauses ist, desto höher muss auch der Spezialisierungsgrad der Radiologie vor Ort sein. Es wird also immer mehr Radiologen geben, die neben einer Tätigkeit als Generalist eine Subspezialität beherrschen müssen. Weil aber nicht in jeder Gegend eine gleich hohe Dichte an Spezialisten gegeben ist, wird die Teleradiologie in Expertennetzen weiter zunehmen. Eine der größten Subspezialitäten stellt sicherlich die Interventionelle Radiologie dar. Die radiologisch gesteuerten Therapien nehmen einen immer breiteren Raum in der Patientenversorgung ein, weil sie minimal-invasiv und dadurch schonender sind. Schon heute sind die Interventionen aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken.

Herr Professor Adam, vielen Dank für das Gespräch.

 

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Im Profil

Prof. Dr. Gerhard Adam leitet die Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Er bekleidete von 2009 bis 2011 das Amt des Präsidenten der Deutschen Röntgengesellschaft.

Seit drei Jahren ist Adam, der 1993 an der RWTH Aachen habilitierte, Mitglied im Apparateausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft und bewertet dort die Ergebnisse der Begutachtung von Großgeräteanträgen aus der Allgemeinen Forschungsförderung. Seine wissenschaftlich-klinischen Schwerpunkte bilden die CT, MR-Verfahren, onkologische Bildgebung und die Interventionelle Radiologie.
 

08.05.2012

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