Artikel • Gynäkologie
Die MRT und die Fertilitätserhaltung
Die MRT bietet aussagekräftige Informationen bei der Abklärung weiblicher Infertilität, insbesondere auch im Hinblick auf die Fertilitätserhaltung, erklärt Dr. Evis Sala während des diesjährigen internationalen MR-Symposiums in Garmisch.
Klassischerweise erfolgt die Infertilitätsdiagnostik mit Ultraschall (US) und einer Hysterosalpingographie (HSG), einem Verfahren, das zeigt, ob die Eileiter offen sind und die Form der Gebärmutterhöhle normal ist. Darüber hinaus jedoch liefert die MRT zusätzliche Informationen zur Beurteilung von Uterusfehlbildungen, entzündlichen Beckenerkrankungen (PID) und der Endometriose – drei häufigen Ursachen von Infertilität, erläutert Dr. Evis Sala, Leiterin des Body Imaging Service am Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSKCC) in New York City.
Die Bildgebung spielt laut Sala „eine zentrale Rolle bei der Infertilitätsdiagnostik der Frau – und die MRT bietet einen echten Mehrwert gegenüber den anderen Modalitäten“.
In ihrer Präsentation zeigt die Radiologin Fallbeispiele aus ihrer Praxis, bei denen die MRT entscheidend zur Ursachenerkennung von Infertilität beitrug. So stellte sich eine junge Patientin mit Infertilität, Unterleibsschmerzen und erhöhtem CA-125-Wert bei der Radiologin vor. Eine Ultraschalluntersuchung erbrachte kein eindeutiges Ergebnis. Mit Hilfe der MRT konnte ein Uterus unicornis mit nicht kommunizierendem Horn links als Ursache der Beschwerden diagnostiziert werden. Bei einer weiteren Patientin zeigte die MRT eine komplexe Uterusfehlbildung mit einem transversalen Vaginalseptum und einem rechten Harnleiter mit Mündung in die Vagina.
„Bei Schmerzen und Amenorrhö bei jungen Patientinnen besteht ein starker Verdacht auf eine angeborene Fehlbildung, die auf jeden Fall in Betracht gezogen werden muss”, empfiehlt Dr. Sala. Die MRT ist auch für den Nachweis und die Beurteilung der Ausbreitung eines Tuboovarialabszesses (TOA) hilfreich, ebenso wie bei der Abklärung von peritonealen Inklusionszysten, einer der Spätfolgen einer entzündlichen Beckenerkrankung. „PID ist eine der häufigsten Ursachen von Infertilität“, so Dr. Sala, „die Eileiter werden aufgrund einer Infektion oder Entzündung blockiert, was zu Unfruchtbarkeit führt“.
Zehn Prozent der prämenopausalen Frauen sind von einer Endometriose betroffen. Auch hier liefert die MRT in Ergänzung der Sonographie wertvolle Informationen, die die Beurteilung des Krankheitsbildes erleichtern, da sie bei manchen Patientinnen nicht nur endometriales Gewebe, sondern auch Endometrium-Implantate, Adhäsionen und eine Hämatosalpinx darzustellen vermag.
Die MRT ist insbesondere auch bei der Charakterisierung unklarer Adnexherde hilfreich. Eine präzise Beurteilung ist unerlässlich, da sich aus ihr der Therapieplan ergibt, der bei jungen Frauen mit Kinderwunsch auf jeden Fall die Erhaltung der Fertilität zum Ziel haben muss.
„Die meisten adnexalen Herde sind gutartig, sodass ein chirurgischer Eingriff und/oder andere Maßnahmen zur Erhaltung der Fertilität nicht erforderlich sind. Maligne Herde können frühzeitig diagnostiziert werden, das heißt, dass frühzeitig eine wirksame Behandlung erfolgen kann. Die MRT ist ausgesprochen hilfreich bei der Identifizierung von Patientinnen mit malignen gynäkologischen Krankheitsbildern, die Maßnahmen zur Fertilitätserhaltung erfordern. Die MRT zeigt hier sowohl eine höhere Sensitivität als auch eine höhere Spezifizität als der Ultraschall”, unterstreicht Sala.
Die MRT trägt entscheidend dazu bei, die Patientinnen auszuwählen, für die Maßnahmen zur Fertilitätserhaltung in Frage kommen.
Dr. Evis Sala
In ihrer Präsentation gibt die Radiologin einen Überblick über Maßnahmen zur Fertilitätserhaltung bei Endometriumkarzinom (erhaltende Chemotherapie mit Progestinen), Zervixkarzinom (Konisation, radikale Trachelektomie und pelvine Lymphknotenentfernung) und Ovarialtumor (operative Entfernung der Ovarialzyste, einseitige Salpingo-Oophorektomie, peritoneale Lymphknotenbiopsie).
„Kann bei einer jungen Patientin mit einem suspekten Ovarialherd ein maligner Prozess ausgeschlossen werden, sollte es das Ziel sein, die Fertilität durch Beobachtung oder minimal invasive Chirurgie zu erhalten. Bei Letzterer geht es darum, den Herd oder den befallenen Eierstock zu entfernen und den kontralateralen Eierstock zu erhalten. Bei Borderline-Ovarialtumoren liefert die Bildgebung dem Chirurgen sozusagen eine Landkarte für den Eingriff. Damit kann der Chirurg dann einen Eierstock entfernen und den anderen, sofern er ohne Befund ist, belassen und so die Fertilität erhalten. Eine vollständige Entfernung kann auch später noch erfolgen, wenn die Familienplanung abgeschlossen ist. Auch bei kinderlosen jungen Frauen mit einem diagnostizierten Zervixkarzinom im Frühstadium ist die Fertilitätserhaltung das zentrale Ziel. Die MRT trägt entscheidend dazu bei, die Patientinnen auszuwählen, für die Maßnahmen zur Fertilitätserhaltung in Frage kommen und zur Planung der entsprechenden Therapie“, berichtet Dr. Sala.
Wenn bei einer Patientin mit einem Endometriumkarzinom mit Hilfe der MRT gezeigt werden kann, dass der Tumor auf das Endometrium begrenzt ist, kann die Behandlung auf eine Biopsie mit nachfolgender Hormontherapie begrenzt werden und so die Fertilität erhalten werden. Dr. Sala weist jedoch darauf hin, dass diese Vorgehensweise „kontrovers ist, aber durchaus praktiziert wird. Die Fertilitätserhaltung bei einem Endometriumkarzinom ist kein etablierter Ansatz; die Standardmaßnahme ist eine Hysterektomie“.
„Bei jungen Patientinnen mit einer malignen gynäkologischen Erkrankung im Frühstadium gibt es außerordentlich interessante Behandlungsoptionen“, fasst die Expertin ihre Erfahrungen zusammen, „das MRT kann die Entscheidungsfindung erleichtern und spielt somit für den Erhalt der Fertilität eine wichtige Rolle“.
Profil:
Dr. Evis Sala studierte Medizin an der Universität Tirana, Albanien. Nach Magister und Promotion an der Universität Cambridge in England, arbeitete sie als Assistenzärztin in der Radiologie des Cambridge University Hospital. Ein Forschungsstipendium führte sie anschließend an das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, bevor sie 2005 als Dozentin und Honorary Consultant an die Universität Cambridge zurückkehrte. Im Juli 2012 wechselte Dr. Sala als Direktorin der Abteilung gynäkologische Radiologie endgültig an das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center. Dr. Sala, deren Schwerpunkt die onkologische Bildgebung des Urogenitaltrakts ist, hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen für ihre herausragenden Arbeiten erhalten.
Veranstaltungshinweis
Donnerstag, 02.02.2017, 15:45-16:05 Uhr
Unerfüllter Kinderwunsch:
Was kann der Radiologe zur Diagnostik beitragen?
E. Sala, USA-New York
Session: Gynäkologische Bildgebung I
Freitag, 03.02.2017, 11:10-11:30
MRT der Prostata:
Was ist das beste Protokoll?
E. Sala, USA-New York
Session: Abdomen & Becken
02.02.2017