News • Regulatorische T-Zellen
Die Mechaniker und Polizisten des Immunsystems
Wenn das Immunsystem außer Kontrolle gerät, führt dies in vielen Fällen zu lebensbedrohlichen Nebenwirkungen. Ein zu aktives, unkontrolliertes Immunsystem kann die Entwicklung von Allergien bis hin zur Selbstzerstörung körpereigener Gewebe (Autoimmunität) verursachen.
© Dr. Michael Delacher
Im Gegensatz dazu kann ein funktionell eingeschränktes Immunsystem die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten und Tumorkrankheiten deutlich erhöhen. Das Aktivierungsniveau des Immunsystems ist somit eine ganz wichtige Stellgröße, um gesund zu bleiben, wobei das Immunsystem die Fähigkeit besitzt, sich selbst zu kontrollieren und auch zu regulieren. Die Selbstregulation des Immunsystem ist daher eine der wichtigsten Komponenten und wird, unter anderem, über eine spezialisierte Immunzell-Population vermittelt: regulatorische T-Zellen. Diese Zellen sind in der Lage, andere Immunzellen zu überwachen und deren Aktivität zu reduzieren.
Darüber hinaus können sehr spezialisierte, im Gewebe sitzende (gewebeständige) regulatorische T-Zellen in Organen zur Heilung verletzter Gewebe beitragen, indem diese Zellen Substanzen freisetzen, die die Gewebeheilung vorantreiben. In einer Studie, die nun in der Online-Zeitschrift Nature Communications erschienen ist, haben Immunologen des Regensburger Centrums für Interventionelle Immunologie (RCI) der Universität Regensburg den Einfluss des genregulierenden Faktors Rbpj (engl. „recombination signal binding protein for immunoglobulin kappa J region“), der in den T-Zellen steckt, nun genauer untersucht. Dafür haben sie Rbpj über genetische Verfahren gezielt aus regulatorischen T-Zellen entfernt, um dessen Funktion zu verstehen. So konnten die Wissenschaftler zeigen, dass der Defekt keinen Einfluss auf die Entstehung von regulatorischen T-Zellen hat, aber ihre Funktion spezifisch beeinträchtigt: ein Immunsystem mit Rbpj-freien regulatorischen T-Zellen verliert die Funktion zur Selbstkontrolle, was zu Lymphknotenschwellung mit reaktiven Keimzentren geführt hat.
© Dr. Michael Delacher
Mit molekulargenetischen Methoden wie Genexpressionsprofilierung, Chromatin-Untersuchungen, sowie „klassischen“ immunologischen Ansätzen konnten die Immunologen zeigen, dass Rbpj-freie regulatorische T-Zellen ein Genprogram hatten, das eigentlich für gewebeständige regulatorische T-Zellen wichtig ist. Wie ist das zu verstehen? Regulatorische T-Zellen im Gewebe haben, laut Forschung der letzten Jahre, eine zusätzliche Funktion (ein Art „Adaption“ an das Gewebe): sie können Substanzen freisetzen, welche die Gewebereparatur anregen und somit zur Homöostase und/oder Heilung verletzter Gewebe beitragen, ein Forschungsgebiet das die Regensburger Immunologen am Lehrstuhl für Immunologie (RCI) intensiv wissenschaftlich bearbeiten. Durch die Entfernung des Rbpj-Proteins in den regulatorischen T-Zellen haben die Forscher deutlich mehr Zellen in lymphatischen Geweben in dieses „Gewebe-Programm“ gezwungen, wodurch die zweite wichtige Kernaufgabe der regulatorischen T-Zellen, die Regulation des Immunsystems, nicht mehr gut beherrscht wurde.
Wie helfen diese Ergebnisse für die weitere Forschung? Die Wissenschaftler verstehen nun besser, wie regulatorische T-Zellen in ihrer Funktion eingeteilt werden können: in „Mechaniker“, welche zur Gewebeheilung beitragen können und primär auch in den Geweben zu finden sind; und in „Polizisten“, welche das Immunsystem kontrollieren und, ähnlich wie die Polizei bei einer Großveranstaltung, für Ruhe und Ordnung sorgen und dadurch das System vor einer ausufernden Entzündung schützen. In den darauf aufbauenden laufenden Forschungsstudien untersuchen die Regensburger Immunologen, wie diese „Mechaniker“ entstehen und wie sie diese therapeutisch nutzen können, beispielsweise zur Regeneration verletzter Gewebe nach Knochenmarktransplantationen (Stammzelltransplantationen) bei Leukämiebehandlungen. Zudem prüfen die Wissenschaftler, wie sie regulatorische T-Zellen im Falle von Tumorerkrankungen gezielt schwächen können, um mehr Immunreaktivität gegen den Tumor zu erlauben.
Quelle: Universität Regensburg
11.04.2019