Das tut sich in der Nuklearmedizin
Jüngste Entwicklungen bei PET und SPECT
Neue Tracer und technische Innovationen für die beiden Hauptarme der Nuklearmedizin – PET und SPECT – haben zu einer beachtenswerten Erweiterung der wissenschaftlichen und klinischen Anwendungen geführt, erläutert Visiting Professor (Wroclaw Medical University) Dr. med. Michael Cordes, Sprecher der Geschäftsführung des Radiologisch-Nuklearmedizinischen Zentrums (RNZ) Nürnberg.
Neue Tracer werden sowohl für die Diagnostik als auch für die Weiterentwicklung nuklearmedizinischer Therapien verwendet. Die Tracer-Entwicklungen in der Diagnostik teilen sich wiederum in zwei Bereiche, beschreibt der Experte: Zum einen sind dies die Tracer für PET, zum anderen die Tracer für die konventionelle Nuklearmedizin/SPECT, also die Einzelphotonen-Emitter. „Eine Fülle von Tracer-Neuentwicklungen prägt aktuell – und sicher auch künftig – insbesondere den Bereich der PET“, differenziert Prof. Cordes.
Einsatz für die Diagnostik
Ob Hirndiagnostik oder Onkologie: Die unterschiedlichsten Substanzen, die sich mit Fluor oder Kohlenstoff markieren lassen, erweitern ständig die Anwendungsgebiete der Positronenemissionstomographie. Ferner gibt es eine große Forschungsdynamik bei einer Reihe von metallbasierten Isotopen, welche die wunderbare Eigenschaft haben, dass man mit ihnen gut Peptide, Proteine und Antikörper markieren kann. Dazu zählen beispielsweise Zirconium, Kupfer und Gallium.
Bei den Einzelphotonenstrahlern für SPECT ist das Spektrum naturgemäß stärker eingegrenzt, sagt Prof. Cordes – nur Technetium bzw. Iod stehen hier zur Verfügung. Es gibt jedoch Entwicklungen hin zur Markierung von Vitaminen, etwa Vitamin B 12 und Folsäure sowie die Möglichkeit, Peptide radioaktiv zu markieren, was beispielsweise mit Indium möglich ist.
Therapeutische Ziele
Auch bei den therapeutisch anzuwendenden Tracern geschieht viel; so lassen sich Antikörper mit Isotopen markieren wie z. B. 90 Yttrium, das dann zur Therapie hämatologischer Erkrankungen wie Blutkrebs eingesetzt werden kann. „Diese zielgerichteten Antikörper erkennen bösartige Zellen, etwa im Blut, und koppeln sich passgenau an diese Zellen an; durch das angehängte strahlende Isotop, zerstrahlen sie dann die bösartigen Zellen“, so der Experte.
Technische Entwicklungen
Dies, erläutert Prof. Cordes, ist der zweite Bereich wichtiger Innovationen. Bei PET/CT und PET/MR sind Weiterentwicklungen zu erwarten; besonders spannend ist jedoch das Mikro-PET. Dieses miniaturisierte PET-Gerät mit hoher Auflösung erlaubt die Untersuchung von Kleintieren, etwa Mäuse, Hamster und Meerschweinchen. Prof. Cordes: „Bei Tieren mit Gendefekten lassen sich Tracer testen, welche die Erkrankung, die mit dem jeweiligen Gendefekt einhergeht, erkennen. So lassen sich auch die Untersuchungsprotokolle optimieren, bevor man die Anwendung am Menschen durchführt“.
Hybridverfahren bringen Disziplin voran
PET/CT als erstes Hybridsystem kam ca. 2001 zur Anwendung, erinnert sich Prof. Cordes; PET/MR und SPECT/CT waren ab ca. 2005 verfügbar. Trotz der relativ kurzen Zeit, die verstrichen ist, haben diese Techniken die Nuklearmedizin deutlich vorangebracht. Dies liegt daran, dass sie – dank der Qualitätsverbesserung – unter den Diagnostikern und den Klinikern eine verstärkte Akzeptanz gefunden und geholfen haben, Vertrauen in die Methode aufzubauen. Der Experte: „So war es lange Zeit für die klinischen Kollegen schwierig, nuklearmedizinische Bilder zu lesen, weil ihnen die anatomischen Referenzen fehlten. Die anatomischen Marker, die die Hybridsysteme mitliefern, brachten eine Qualitätsverbesserung, weil die Läsionen genauer zuzuordnen waren und sie stärkten das Vertrauen in die Methode. Hierin sehe ich die größte Bedeutung der Hybridverfahren“.
Im Alltag gut angekommen
Für die klinische Nutzung von PET/CT und SPECT/CT gibt es inzwischen klare Indikationen; bei PET/MR ist man dabei den Stellenwert zu definieren. Die Pädiatrie spielt hier eine wichtige Rolle – vor allem wegen der Möglichkeit, ionisierende Strahlung einzusparen.
Eine umfassende Indikationsliste für PET, im Einsatz vor allem bei Universitätskliniken und Krankenhäusern mit Maximalversorgung, kommt von verschiedenen Konsensus-Treffen. Insbesondere bei vielen onkologischen Erkrankungen beschreiben diese Daten, ob der Einsatz von Hybridverfahren von Nutzen ist. Über den G-BA sind im Wesentlichen drei Indikationen zur GKV-Abrechnung zugelassen; „Unsere Hoffnung ist, dass diese Zahl zunimmt“, so Prof. Cordes. Im Frühjahr ist die Erprobung von PET bei drei weiterer Krebserkrankungen aufgenommen worden. Für andere Indikationen bleibt sonst bei GKV-Patienten im ambulanten Bereich nur der Weg, eine Kostenübernahme zu beantragen.
Vielversprechende Perspektiven
Neue Technologien in der Nuklearmedizin und Radiologie fördern die Multidisziplinarität. Dies gilt für die Diagnostik mit Hybridsystemen in gleicher Weise wie für Therapien, bei denen interventionelle Radiologen mit Nuklearmedizinern zusammenarbeiten („selektive interne Radiotherapie – SIRT“). Der gegenseitige Erfahrungsaustausch und der damit verbundene Wissenszuwachs, dienen ganz eindeutig einer Verbesserung der Patientenversorgung.
Im Profil:
Prof. Dr. med. Michael Cordes ist Sprecher der Geschäftsführung des Radiologisch-Nuklearmedizinischen Zentrums (RNZ) Nürnberg und Visiting Professor, Wroclaw Medical University. Vorher war er als Oberarzt in der Charité und als Clinical and Research Fellow im Neurodegenerative Disorders Centre und TRIUMF PET Centre in Vancouver, Kanada, tätig. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte beinhalten u. a. Schilddrüsendiagnostik und -therapie, die Diagnostik neurodegenerativer Erkrankungen und hereditärer ZNS-Erkrankungen sowie Cytogenetik und Molekularbiologie von Strahleneffekten. Er ist in zahlreichen Gremien aktiv und war zusammen mit Frau PD Dr. K. Hofmann-Preiß Präsident des Bayerischen Röntgenkongresses 2012.
17.10.2013