"Das muss sitzen"
Zugegeben – Brandneues ist auf dem Gebiet der Interventionellen Radiologie in diesem Kurs nicht zu verzeichnen, umso intensiver können und sollten sich angehende Radiologen mit den aktuellen Techniken auseinandersetzen und praktische Erfahrungen sammeln. Aber: Was ist State of the art? Was sind die relevanten Methoden? Was muss ein Radiologe unbedingt können – und zwar im Schlaf?
Radiologia bavarica sprach mit Prof. Dr. Hermann Helmberger, Chefarzt am Zentrum für Radiologie und Nuklearmedizin Nymphenburg in München, über die „Must haves“ in der Interventionellen Radiologie.
„Bildgestützte Biopsien galten noch vor 10 bis 15 Jahren als Spezialität, heute sind sie aus der radiologischen Praxis nicht mehr wegzudenken“, so Prof. Helmberger. Im Fokus stehen Thorax und Abdomen. Denn längst hat sich herumgesprochen, dass der luminale Eingriff mithilfe der Bronchoskopie so seine Tücken hat. Denn viele Tumorherde liegen zu peripher im Gewebe und sind damit für das Endoskop nicht erreichbar, wohl aber für eine perkutan eingebrachte Nadel. Eine Sicherung dieser Absiedlungen mithilfe einer Biopsie ist aber wichtig, um anhand des Rezeptorstatus das exakte Staging vorzunehmen. Je nach Ergebnis kann die Folge ein anderes Therapieregime sein, in Hinblick auf den weiteren Krankheitsverlauf eine wichtige Konsequenz. Vor diesem Hintergrund wird daher häufiger als früher auf die Biopsie zurückgegriffen, so zum Beispiel auch beim Mammakarzinom, um den weiteren Verlauf der Erkrankung adäquat abzubilden. „Das Einsatzspektrum der bildunterstützten Biopsie hat sich im Laufe der Zeit erweitert“, schildert Helmberger. „Von der Primärdiagnose, über den Rezidiv-Befund, bis – und das ist neu – zur Feststellung immunhistologischer Veränderungen des Tumors oder seiner Absiedelungen, ist die Biopsie das Verfahren der Wahl.“
Ein starkes Duo – Intervention und OP
Ein weiteres „Muss“ in der radiologischen Praxis stellt die Drainage dar, ein effektives und geradezu elegantes Verfahren, auch jenseits der Onkologie. Nach perkutaner Punktion und dem Einbringen eines Drainageschlauchs wird Wundsekret und Abzessflüssigkeit abgeleitet – in vielen Fällen eine bewährte Methode, um eine erneute Operation zu verhindern. Früher spielte sich das Thema Drainagen in der Radiologie eher am Rande ab. Die Zunahme laparoskopischer Operationen verbunden mit der auch von Chirurgen bestätigten tendenziell höheren Komplikationsrate dieses Eingriffs hat die Drainagen aber als Standardmaßnahme der Interventionellen Radiologie etabliert.
Die zunehmende Kombination von Operationen und Interventionellen Eingriffen hat der Tumortherapie in den letzten Jahren einige Innovationen beschert. Die Behandlung von Lebermetastasen ist dafür ein gutes Beispiel. Die alleinige operative Entfernung gehört weitestgehend der Vergangenheit an. Ein erheblicher Teil der Metastasen von Leber-, Nieren- und Lungentumoren wird heute im Zuge einer in-situ-Ablation mithilfe von Hochfrequenzstrom (RFA), Mikrowelle oder aber laserinduziert invasiv zerstört.
Methode mit Zukunft
Noch relativ neu auf dem Gebiet der perkutanen Therapie ist der Einsatz von Mikrowellen, die von innen nach außen wirken und die für die Patienten verträglicher sind. Nach seiner Einschätzung ist die Studienlage allerdings im Moment noch recht dünn, so dass man auf den Siegeszug der Mikrowelle noch etwas warten müsse. „Aber er wird kommen“, ist Prof. Helmberger überzeugt.
Der Einsatz der TACE zur lokalen Chemotherapie, zunächst beschränkt auf das hepatozelluläre Karzinom, ist, dank des Zyotostatikums Irinotecan, seit einiger Zeit auch für Lebermetastasen möglich. Eine Weiterentwicklung in dem Bereich stellen die sogenannten beladenen Beads dar. Chemotherapeutikum und Embolisat liegen bereits gekoppelt vor und werden dann gemeinsam gespritzt. Eine einfache, schnelle und hocheffektive Methode, da die Chemotherapiepartikel bis in die Peripherie vordringen. Inzwischen auch bei Metastasen anwendbar, wird diese Methode zukünftig eine feste Größe im Repertoire der Radiologie darstellen. „Hierauf gilt es also gut vorbereitet zu sein, mit Know how und möglichst viel Erfahrung“, betont der Chefarzt.
Mamma-Intervention – ein Feld für Spezialisten
Im Bereich der Mamma-Intervention stellt die Vakuumstanzbiopsie im MRT nicht unbedingt ein neues Verfahren dar. Dennoch wird dieser Eingriff nach wie vor nur an wenigen Standorten, vornehmlich an Brustzentren, angeboten. Diese etwas aufwändige Methode hat einen entscheidenden Vorteil: Das MRT visualisiert auch Herde, die in der Mammographie oder mittels Ultraschall nur schwer oder gar nicht auffindbar sind. Einmal entdeckt, können sie dann zielgenau gestanzt werden. „Sich hier das adäquate Wissen und vor allem die praktische Erfahrung anzueignen, ist aufgrund des geringen Weiterbildungsangebots aber leider schwierig“, räumt Helmberger ein.
Im Profil:
Prof. Dr. Hermann Helmberger ist Chefarzt der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin im Klinikum Dritter Orden und am Zentrum für Radiologie und Nuklearmedizin Nymphenburg, München. Helmberger arbeitete zuerst als Assistenzarzt am Krankenhaus Nymphenburg und dann am Klinikum rechts der Isar. Bevor er seine aktuellen Tätigkeiten aufnahm, war er von 1996 bis 2000 Oberarzt und dann Leitender Oberarzt und Direktorenvertretung am Institut für Röntgendiagnostik. 2012 übernahm Helmberger die Kongresspräsidentschaft beim Deutschen Röntgenkongress in Hamburg.
17.10.2013