Artikel • RECIST and beyond

Checklisten in der Radiologie, strukturierte Befundung im Alltag

In der Radiologie gibt es vermehrt Ansätze, deskriptive Befunde durch feste Kriterien und strukturierte Befundung abzulösen.

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Prof. Dr. Wieland Sommer, Oberarzt am Institut für Klinische Radiologie im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München.

„Wir haben dabei im Auge, die Einheitlichkeit der Befundtexte zu verbessern, die Vollständigkeit zu gewährleisten und für Objektivität und Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Befundern zu sorgen“, erklärt Prof. Dr. Wieland Sommer, Oberarzt am Institut für Klinische Radiologie im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München im Interview.

Was bedeutet strukturierte Befundung in der onkologischen Bildgebung genau und weshalb ist sie so wichtig?

Strukturierte Befundung fungiert im Grunde als ein Sammelbegriff. Gemeint sind objektive, quantitative und reproduzierbare Standards für die tumordiagnostische Befundung und Verlaufskontrolle. Die strukturierte Befundung schafft klare Definitionen für die Beurteilung des Ansprechens auf systemische Tumortherapien und dient so als Leitfaden für den Therapieerfolg.

Ist das eine neue Entwicklung?

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Formen der strukturierten Befundung

Ganz und gar nicht. Man hat in der Onkologie bereits vor mehr als 20 Jahren damit begonnen, feste standardisierte Befundkriterien für die Verlaufskontrolle einzurichten. Standardisiert bedeutet in diesem Zusammenhang, das Therapieansprechen anhand bestimmter Parameter zu messen. Dafür muss es einen festen Cut-off-Wert geben, der präzise definiert ist.

Die am meisten verbreiteten und am besten validierten Kriterien für die Beurteilung des Therapieansprechens sind bi- und unidimensionale Tumormessungen wie die WHO- und die RECIST-Kriterien.

Die Response Evaluation Criteria In Solid Tumours (RECIST) bilden inzwischen für die meisten Tumoren die internationalen Standards zur Therapiekontrolle in der Onkologie. Dabei erfolgt die Beurteilung des Therapieansprechens durch die Messung des Tumordurchmessers von sogenannten Target-Läsionen. 2009 veröffentlichte die sogenannte RECIST-Gruppe die überarbeitete Version RECIST 1.1., in der sie einige Unklarheiten und Probleme der originären Kriterien beheben konnte.

Was genau ändert sich also im Befundungsprozess?

RECIST sorgt für objektive, quantitative und reproduzierbare Befunde und schafft damit eine wichtige Entscheidungsgrundlage

Die Befundung anhand der RECIST-Kriterien stellt sicher, dass die aktuelle Bildgebung nicht nur mit der Voraufnahme verglichen wird, sondern der gesamte Verlauf seit der letzten Untersuchung vor Therapiebeginn berücksichtigt wird. Ein signifikanter Tumorprogress ist definiert als ein Tumorwachstum von 20 Prozent im Vergleich zur Baseline oder zum Zeitpunkt des besten Therapieansprechens. Die Vorteile im Vergleich zu einer intuitiven Befundung liegen klar auf der Hand: RECIST sorgt für objektive, quantitative und reproduzierbare Befunde und schafft damit eine wichtige Entscheidungsgrundlage, um Modifikationen bei der Therapie faktisch zu begründen.

Doch Vorsicht! In den vergangenen Jahren wurden für bestimmte Tumorarten neue Kriterien veröffentlicht, da sich herausgestellt hatte, dass das Ansprechen dieser Tumoren durch die RECIST-Kriterien nicht adäquat abgebildet wurde. So gibt es bestimmte Therapien, die nicht mit einer Größenabnahme einhergehen, sondern vielmehr mit einer Abnahme der Vaskularisation. Spezielle Kriterien wurden zum Beispiel für gastrointestinale Stromatumoren, hepatozelluläre Karzinome und maligne Melanome definiert.

Wird die strukturierte Befundung nur für die onkologische Verlaufskontrolle eingesetzt?

Auch bei der Primärdiagnostik von Raumforderungen muss eine Vielzahl von Kriterien im radiologischen Befund erfasst werden, um ein korrektes Staging zu gewährleisten und den Zuweisern, also den Onkologen, den Chirurgen oder den Strahlentherapeuten, ausreichende Informationen für die Planung des therapeutischen Vorgehens zu liefern. Auch hier gibt es in letzter Zeit Bestrebungen und verschiedene Publikationen, das Vorgehen bei der radiologischen Befundung zu vereinheitlichen und somit die Befundqualität der Primärdiagnostik zu standardisieren. Verwendet werden zumeist Checklisten für bestimmte Tumorerkrankungen wie zum Beispiel das Pankreaskarzinom oder das Rektumkarzinom, die die wichtigen Befundkriterien enthalten. Diese radiologischen Befundkriterien sind typischerweise an die TNM-Tumorklassifikation angelehnt. Auch nimmt die Bedeutung der kriterienbasierten Befundung zu. Es gibt vom American College of Radiology die Initiative „ACR Assist“, die Algorithmen und Entscheidungsunterstützung für bestimmte radiologische Fragestellungen, beispielsweise die Einordnung inzidenteller Nebennierenraumforderungen, bereithält. Außerdem gibt es mehr und mehr tumorspezifische Taxonomien wie zum Beispiel BI-RADS (Mamma), PI-RADS (Prostata) oder LI-RADS (Leber). Diese zielen darauf ab, die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, dass eine Läsion maligne ist.

Was sind die Vorteile der strukturierten Befundung?

In der Radiologie wie in vielen anderen medizinischen Disziplinen werden Befundberichte bislang weitestgehend durch Freitextdiktate generiert. Das erschwert die Auswertung und Weiterverarbeitung von Befundinhalten. Lexika wie beispielsweise „RadLex“, das Glossar des RSNA, ermöglichen eine einheitliche Sprache radiologischer Begriffe für eine standardisierte Indexierung.

Die strukturierte Befundung hilft insbesondere jungen Assistenzärzten, indem sie eine Anleitung für bestimmte Befunde erhalten. Sie gibt jungen Ärzten Tools an die Hand, um gute und vor allem klar und einheitlich strukturierte Befunde zu schreiben. Das versuchen wir auch mithilfe einer Software umzusetzen, die wir in München für die strukturierte Befundung erarbeitet haben.

Und wie sieht Ihre Lösung aus?

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Auszug aus der Online-Plattform www.smart-radiology.com

Wir haben eine Online-Plattform geschaffen (www.smart-radiology.com), in der strukturierte Befundvorlagen hinterlegt sind. Diese bestehen aus spezifischen Checklisten für bestimmte Untersuchungen und Fragestellungen, beispielsweise eine MRT des Beckens bei Verdacht auf Rektumkarzinom. Füllt man diese Checkliste mit den entsprechenden Parametern aus, wird aus hinterlegten Textbausteinen ein semantisch korrekter Befund erzeugt. Mit anderen Worten: Man erstellt einen Textreport und hat gleichzeitig alles in einer Datenbank gespeichert. Das wird die Qualität der Befundung verbessern, sie standardisieren und vergleichbar machen.


Profil:
Prof. Dr. Wieland Sommer studierte Medizin in Heidelberg, Berlin, Madrid und Lausanne. 2007 kam er ans Institut für Klinische Radiologie am Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er Oberarzt ist und seit August 2014 die Professur für onkologische Bildgebung innehat. Im Jahr 2013 erlangte Sommer einen Master in Public Health an der Harvard School of Public Health in Boston, USA. Zusammen mit dem ärztlichen Kollegen Marco Armbruster betreibt er die Online-Plattform für strukturierte Befundung www.smart-radiology.comals Ausgründung.

08.06.2016

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