News • Strahlentherapie vs Chirurgie

Brustkrebs mit Lymphknotenbefall: Therapiekonzepte auf dem Prüfstand

Ist ein chirurgisches Verfahren der Brustkrebstherapie, bei dem weniger Lymphknoten entfernt, aber mit höherer Dosis bestrahlt wird, ebenso sicher und wirksam wie das radikalere Standardverfahren?

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Professor Dr. Jörg Heil, Leiter des Brustzentrums der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg

Diese Fragestellung untersuchen derzeit Wissenschaftler aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Ungarn in einer groß angelegten Multicenter-Studie unter Federführung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) und Professor Dr. Walter Weber vom Universitätsspital Basel. Studienleiter in Deutschland ist Professor Dr. Jörg Heil, Leiter des Brustzentrums der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg. Das Studienkonzept überzeugte im hochkompetitiven Wettbewerb um eine Förderung der schweizerischen Rising Tide Foundation for Clinical Cancer Research (RTFCCR): Die Stiftung unterstützt die Durchführung der Studie in Deutschland durch die German Breast Group (GBG), der führenden akademischen Brustkrebs-Studiengruppe in Deutschland, mit umgerechnet rund 730.000 Euro. Die Zusammenarbeit der Schweiz (SAKK) und Deutschlands (GBG) bei der klinischen Krebsforschung im Rahmen der TAXIS Studie ist herausragend und bietet großes Potential für zukünftige Projekte zur Verbesserung der Krebsbehandlung.

In Deutschland sollen insgesamt 200 Brustkrebspatientinnen mit Lymphknotenbefall eingeschlossen werden, die zufällig einem der beiden gut etablierten Therapieverfahren zugeteilt werden. Diese „Randomisierung“ verleiht der Studie eine hohe Aussagekraft, da keine Vorauswahl von Patientinnen und Behandlung stattfindet. „Die beiden Verfahren werden nicht nur in Bezug auf Behandlungsergebnisse, sondern auch auf die Lebensqualität nach der Therapie verglichen. Das ist bei den anzunehmend sehr ähnlichen Heilungschancen ein höchst relevanter Aspekt für die Patientinnen“, erläutert Professor Heil. Denn sollte sich die Kombination aus schonenderer Achselchirurgie und erhöhter Bestrahlungsdosis als ebenso effektiv wie das Standardverfahren erweisen, könnten zukünftig vielen Patientinnen Komplikationen nach radikaler Lymphknotenentfernung erspart werden.

Unser Ziel ist es, Patientinnen zukünftig eine Übertherapie zu ersparen, indem wir möglichst keine gesunden Lymphknoten unnötig entfernen

Jörg Heil

Bei der chirurgischen Standardtherapie bei Lymphknotenbefall, der Axilladissektion, werden im Achselbereich rund zehn bis 15 Lymphknoten prophylaktisch entfernt. So verringert sich das Risiko, dass sich Krebszellen über das Lymphsystem im Körper verteilen und Metastasen bilden. Bei rund einem Fünftel der so behandelten Frauen treten in Folge allerdings dauerhafte Beschwerden wie Lymphstau in den Armen, Bewegungseinschränkungen bis hin zu Missempfindungen auf. Bei der sogenannten fokussierten Achselchirurgie dagegen, die im Rahmen der TAXIS Studie erstmals vorgestellt und evaluiert wird, werden nur die potentiell vom Krebs betroffenen Lymphknoten möglichst gezielt und selektiv entfernt. Um sicher zu gehen, dass trotzdem keine Krebszellen im Lymphsystem zurückbleiben, wird anschließend mit höherer Dosis als üblich bestrahlt. Bei dem schonenderen chirurgischen Eingriff treten deutlich seltener Komplikationen auf. Der direkte Vergleich der beiden Verfahren im Rahmen einer Studie stand bisher noch aus.

„Wir gehen davon aus, dass die Ergebnisse von TAXIS großen Einfluss auf die klinische Praxis und zukünftige Behandlungsempfehlungen haben werden und die radikale Lymphknotenentfernung durch das schonendere Verfahren der fokussierten Axillachirurgie abgelöst wird“, so der Heidelberger Onkologe. „Unser Ziel ist es, Patientinnen zukünftig eine Übertherapie zu ersparen, indem wir möglichst keine gesunden Lymphknoten unnötig entfernen.“ Mit Nachbeobachtungszeit wird die Studie acht Jahre dauern, erste Zwischenergebnisse sollen allerdings regelmäßig publiziert werden. Insgesamt werden 1.500 Patientinnen aus allen beteiligten Ländern eingeschlossen.


Quelle: Universitätsklinik Heidelberg

22.07.2020

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