Die Studienautoren Nikolaos Bonaros (2.v.l.) und Can Gollmann-Tepeköylü...
Die Studienautoren Nikolaos Bonaros (2.v.l.) und Can Gollmann-Tepeköylü (2.v.r.) bei der Durchführung einer Bypass-OP.

Quelle: MUI/Bullock

News • Herzinfarkt-Diagnostik

Bedeutung des perioperativen Infarkts nach Bypass-OP geklärt

Die Bypass-Operation stellt eine erfolgversprechende Option zur Behandlung verengter Herzkranzgefäße bzw. zur Vorbeugung eines Herzinfarkts dar. Der chirurgische Eingriff ist aber auch mit dem Risiko eines perioperativen Myokardinfarkts (pMI) verbunden, also einer Komplikation, die während oder infolge der OP auftreten kann. Forschende haben die Diagnose des pMI auf den Prüfstand gestellt und liefern weitreichende Erkenntnisse für herzchirurgische und Guidelines zu diesem Thema.

Ob die Bypass-OP oder die Implantation eines Stents die bessere Lösung für verengte Herzkranzgefäße ist, darüber ist man sich in Fachkreisen nicht immer einig. „Fest steht, dass der Erfolg einer Koronararterien-Bypass-Operation auch daran gemessen wird, ob die Patientinnen und Patienten während oder wenige Stunden nach dem Eingriff einen Myokardinfarkt erleiden“, weiß der Innsbrucker Herzchirurg Can Gollmann-Tepeköylü.

Um die Qualität der Risikovorhersage für einen Herzinfarkt nach Bypass-OP beurteilen zu können, hat ein Team um Leo Pölzl, Nikolaos Bonaros und Can Gollmann-Tepeköylü an der Univ.-Klinik für Herzchirurgie (Direktor: Michael Grimm) der Medizin Uni Innsbruck gemeinsam mit KollegInnen des Universitätsklinikums Essen die verschiedenen Definitio-nen eines Mykordinfarkts einer Prüfung unterzogen. Für die im European Heart Journal veröffentlichte Studie wurden Daten von 2.829 PatientInnen, die in Innsbruck und Essen einer Bypass-Operation unterzogen worden waren, herangezogen und rückblickend analysiert. So konnte die Inzidenz eines pMI unter realen Bedingungen überprüft werden.

Bypass-Operation an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Herzchirurgie.
Bypass-Operation an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Herzchirurgie.

Quelle: MUI/Bullock

Erhöhtes Troponin markiert nicht unbedingt Herzinfarkt

Ein Herzinfarkt wird in der Regel durch die Messung des Herzenzyms Troponin diagnostiziert. Dieser im Blut gemessene Wert erlaubt Hinweise auf den Untergang von Herzmuskelzellen, wie er infolge eines Myokardinfarkts eintritt. Doch auch bei einer Herzoperation wird Herzmuskelgewebe geschädigt. „Wir sehen, dass der Troponin-Wert bei Patientinnen und Patienten nach einer Bypass-OP massiv erhöht sein kann. Eine Troponin abhängige Beurteilung allein unter Verwendung derzeitiger Grenzwerte gibt deshalb nicht mit Sicherheit Aufschluss darüber, ob es sich um einen Herzinfarkt oder um den Zustand nach einer Bypass-OP handelt. Die Diagnose eines perioperativen Infarkts bedarf folglich weiterer Parameter, wie etwa die Feststellung von Wandbewegungsstörungen mittels Echokardiographie oder EKG-Veränderungen“, betont Gollmann-Tepeköylü, der in dieser Studie vier verschiedene Infarktdefinitionen analysiert und verglichen hat.

Der Bypass-Operation wird in Fachkreisen ein mitunter höheres Infarkt-Risiko attestiert. Zahlreiche Studien, in denen das Outcome von Stent-Implantationen und Bypass-OPs verglichen wird, setzen jedoch perioperative Infarkte als Endpunkt ihrer Studie. „Die Erkenntnis, dass erhöhtes Troponin allein unter Verwendung derzeit gängiger Grenzwerte noch keinen Einfluss auf die Prognose hat, sondern erst genauere Infarktdefinitionen belastbare Rückschlüsse auf einen perioperativen Myokardinfarkt zulassen, die in der klinischen Praxis zu raschen Maßnahmen führen, wird sich somit auf die Guidelines zur Behandlung verengter Koronararterien auswirken“, erwartet Erstautor Leo Pölzl.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung haben somit nicht nur weitreichende Folgen für herzchirurgische und kardiologische Guidelines, sondern auch für zukünftige Studiende-signs zu diesem Thema. „Wir beantworten hiermit eine sehr wichtige Frage in einem wis-senschaftlichen Konflikt: Welche Definitionen der Endpunkte sind geeignet, um prognose-relevante perioperative Myokardinfarkte nach Revaskularisation zu erfassen? Diese Frage hat die kardiovaskuläre Medizin lange Zeit entzweit und dazu geführt, dass die Europäische Fachgesellschaft ihre Unterstützung für die europäischen Guidelines zurückgezogen hat“, betont Gollmann-Tepeköylü.

Bypass-Operation

Bei einer koronaren Herzkrankheit kommt es über Jahrzehnte schleichend und unbe-merkt zu einer Verengung der Herzkranzgefäße (Stenose), die das Herz mit Blut versor-gen. Sind mehrere Gefäße in Mitleidenschaft gezogen oder sind sie diffus und lang-streckig erkrankt, wird zu einer Bypass-Operation (Bypass bedeutet Umgehung) geraten. Dabei werden Stenosen mit Arterien oder Venen aus dem Körper überbrückt. Gesunde Gefäße werden nach den Engstellen auf die Herzkranzgefäße aufgenäht, so dass das Blut ungehindert zum Herzen fließen kann.

Quelle: Medizinische Universität Innsbruck

25.03.2022

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