Bald keine Spitalsubventionen mehr

von André Weissen

Die Finanzierung der Spitalbehandlungen in der Schweiz ist ausgesprochen kompliziert. Das geltende Krankenversicherungsgesetz (KVG) gibt keine einfache Antwort. Die Kostenträger sind von Kanton zu Kanton unterschiedlich, je nachdem ob es sich um Behandlungen in öffentlichen oder privaten Spitälern handelt, ob sie in einem auswärtigen Kanton stattfinden, ob sie ambulant oder stationär durchgeführt werden und ob das Spital auf einer kantonalen Spitalliste aufgeführt ist oder nicht.

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Bei öffentlichen (= kantonalen) Krankenhäusern oder solchen, die öffentlich subventioniert sind, teilen sich der Staat und die Versicherungen die Kosten untereinander auf – aber das Verhältnis ist je nach Kanton unterschiedlich. Private Spitäler erhalten meistens keine Subvention, aber selbst da gibt es Ausnahmen. Nur allzu oft gibt es dadurch Probleme und Unklarheiten, wer wieviel für welche Spitalbehandlung zu zahlen hat.

Revision des KVG

Bei der letzten Revision des Krankenversicherungsgesetzes wurde endlich eine Neuregelung der stationären Spitalbehandlung beschlossen. Ab 1. Januar 2012 kommen diese Änderungen nun in der ganzen Schweiz zur Anwendung. Die wichtigste Neuerung ist, dass der Staat (d.h. die Kantone) sich überall im gleichen Ausmass an der Finanzierung von stationären Spitalbehandlungen seiner Kantonseinwohner beteiligen muss. Im Normalfall übernimmt der Kanton 55 %, die Versicherungen 45 % der Kosten, welche neu mittels Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRGs) berechnet werden. Somit stellt jedes Spital in der Schweiz für eine bestimmte Behandlung den gleichen Preis in Rechnung. Für die Patienten wird gleichzeitig die freie Spitalwahl in der ganzen Schweiz eingeführt.

Wichtig ist weiter, dass parallel dazu die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Spitälern abgeschafft wird. Zwischen allen Krankenhäusern kommt es somit zu einem freien Markt mit gleich langen Spiessen. Für die öffentlichen Spitäler bringt dies gewaltige Umstellungen mit sich. Die bisher fliessende Subventionierung darf und wird es nicht mehr geben, die öffentlichen Spitäler werden quasi auf den freien Markt geworfen. Sie müssen ab dann nicht nur für den Betrieb, sondern auch für Infrastruktur, Investitionen und Reserven selbst aufkommen, der Staat darf nicht mehr helfen.

Fallpauschalen mit Investitionsanteil

Erleichtert wird dieser Systemwechsel dadurch, dass die vorgesehene Berechnung der DRGs in der Schweiz (SwissDRG) bei jeder Diagnose einen prozentualen Zusatzbetrag für Investitionen enthält. Der Anreiz für die Spitäler zur Optimierung des Betriebs und einer guten Planung der künftigen Investitionen wird also maximal gesteigert.

Jetzt, anderthalb Jahre vor dem Start, haben die Privatspitäler noch einen Vorsprung. Sie hatten schon immer mit ihrer Trägerschaft eine langfristige Investitionsstrategie. Die öffentlichen Spitäler mussten bisher die anstehenden Investitionen immer über den (oft langwierigen) Weg durch die staatlichen Instanzen organisieren. Nicht selten war die Finanzierung eines neuen Geräts viel zu spät gesichert, gelegentlich wurde von politischer Seite sogar eine notwendige Anschaffung abgelehnt.

Die neue «Freiheit» der öffentlichen Spitäler ab dem Jahre 2012 kann aber nur gelingen, wenn die Anstalten von Beginn an auf Augenhöhe mit den Privatspitälern planen können. Die Kantone sind jetzt also in der Pflicht, die Infrastruktur ihrer Spitäler auf den neusten Stand zu bringen und sie mit einem Startkapital für die Investitionen während der Übergangszeit auszustatten. Wohl erhalten die Spitäler ab 1. Januar 2012 diesen neuen Investitionsanteil pro Fall vergütet, aber bis so viel Geld beisammen ist, um z. B. ein neues MRI-Gerät anzuschaffen, wird einige Zeit vergehen.

Die Ziele dieser Umstellung

Die Ziele dieser Umstellung sind klar, es geht um Vereinfachung, Vergleichbarkeit, Benchmarking, Qualitätsverbesserung und -kontrolle, freien Wettbewerb und Anderes mehr. Ob diese hoch gesteckten Ziele erreicht werden, steht momentan noch in den Sternen. Den Schweizer Versicherten wäre es zu gönnen, wenn sie demnächst bei gleich bleibender Qualität endlich nicht mehr so extrem hohe Versicherungsprämien zahlen müssten.

17.05.2010

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