Arbeiten mit BI-RADS - Ein Update

Das Breast Imaging and Reporting Data System (BI-RADS) wurde vom American College of Radiology (ACR) zu Beginn der 90er Jahre für Mammographien eingeführt und findet auch zur Klassifizierung von sonographischen Befunden Anwendung.

Professor Dr. med. Alexander Mundinger
Professor Dr. med. Alexander Mundinger
Quelle: Professor Dr. med. Alexander Mundinger

An der weiteren Ausarbeitung waren Prof. Ellen B. Mendelson als Stellv. Vorsitzende und Prof. Helmut Madjar als offizielles Deutsches Mitglied im US Komitee maßgeblich beteiligt. Professor Alexander Mundinger, Ärztlicher Direktor des Zentrums Radiologie der Niels-Stensen-Kliniken in Osnabrück, erläutert die Neuheiten des inzwischen auch elektronisch vorliegenden Lexikons.

Auffallend ist zunächst die größere Anschaulichkeit, die vor allem durch die Integration neuer Bilder in verbesserter Auflösung erreicht wird. In den Hauptkapiteln des neuen BI-RADS Atlas (Ultraschall) wurden neben der Bildqualität die Anatomie und Einteilung der Gewebszusammensetzung ganz oder teilweise überarbeitet. Die jeweilige abschließende BI-RADS-Kategorie und das Patientenmanagement sind in der neuen Version flexibel kombinierbar, parallel dazu wurde die Harmonisierung  der Beschreibung zwischen den Modalitäten erweitert.  Neben vielen zusätzlichen Details hat man die Beschreibungstiefe an einigen Stellen ganz bewusst zurückgenommen. So zum Beispiel bei den Randarealen. Die untergeordneten Randdeskriptoren werden illustriert, entscheidend ist am Ende nur die Unterscheidung zwischen „umschrieben“ oder „nicht umschrieben“.  

Mehr Flexibilität
Die simple Zyste wurde erstmals in den Beschreibungskatalog mit aufgenommen. Um Verwirrung zu vermeiden, wurde die Nomenklatur angepasst. Es wird nun unterschieden zwischen der einfachen Zyste, gruppierten Mikrozysten, der komplizierten Zyste und der „komplex zystischen und soliden Läsion“. Letztere hieß früher „komplexer Herd“.

Die ehemals sehr feste Kopplung zwischen BI-RADS-Kategorie und der sich daraus ergebenden Maßnahme wurde zugunsten eines größeren Handlungsspielraums gelockert. „Ein Beispiel: Wird für eine Läsion die BI-RADS-Kategorie 3 zugrunde gelegt, so können sich Patient und Arzt dennoch, entgegen der Aussage des BI-RADS, auf eine Biopsie einigen“, erläutert Mundinger.

Advanced Technology wird zunehmend berücksichtigt
Auch wenn der Schwerpunkt nach wie vor auf der B-Bild Morphologie liegt, bewertet das Lexikon die Integration moderner Technologien einschließlich der automatischen 3D-Volumensonographie (ABUS oder AVUS) ausdrücklich positiv.  Insbesondere ist die Elastographie zur Erfassung der Gewebeelastizität als hart, intermediär oder weich - unabhängig von dem zugrunde liegenden Messverfahren - neu hinzugekommen. Sollte sich neue Verfahren nicht bewähren, so können sie bei künftigen Versionen wieder zurückgenommen werden. Zur Darstellung speziell der Randkonturen setzen Harmonic Imaging und Compound Imaging neue Akzente. Ebenso wie bei den anderen Verfahren,  der Mammographie und dem MR, wird es auch beim Ultraschall einen weiteren Technologieschub geben, dessen Bedeutung für die Patientenversorgung oder das Screening noch evaluiert werden muss. Mundinger: „Zum Beispiel gibt es mit dem oben genannten ABUS/AVUS die Option 3D-Bilder zu gewinnen, welche die ganze Brust abbilden. Das Verfahren, das für eine Screening-Untersuchung der Zukunft potenziell geeignet ist, muss sich in weiteren Studien jedoch zunächst noch beweisen.“    

Jedes Verfahren hat seine Berechtigung
Der Ultraschall kann und will andere Untersuchungen wie die Mammographie oder MRT nicht ersetzen. Denn es handelt sich um ganz unterschiedliche physikalische Methoden, die mit Röntgenstrahlen, Schallwellen und magnetischem Hochfrequenzfeld jeweils ein spezifisches Fenster anbieten, mit dem die Realität rekonstruiert wird. Die Schwächen eines Verfahrens können mit den anderen Methoden kompensiert werden. So wird in diesem Kontext bei der Beurteilung der mammographisch dichten Brust in den USA – mit gesetzlicher Grundlage – jede Patientin auf das Problem der Maskierung von Krebs hingewiesen und Sonographie oder MRT als Alternativen genannt. Österreich hat mit der Entscheidung zur zusätzlichen Sonographie bei der dichten Brust im nationalen Screening für Europa hier eine Vorreiterrolle übernommen. Die zu erwartenden Ergebnisse werden die künftige Diskussion maßgeblich beeinflussen.

BI-RADS bald auf Deutsch?
Die deutschsprachigen Gesellschaften für Senologie und Radiologie haben gerade erst angefangen, als offene „Working Group on Breast Imaging“ (WOBI) unter Moderation von Prof. Markus Müller-Schimpfle (Vorsitzender AG Mammadiagnostik; DRG) eine abgestimmte Position zum neuen BI-RADS zu erarbeiten. Eine Übersetzung des Lexikons ins Deutsche ist kein ganz einfaches Unterfangen, denn zum einen muss sichergestellt werden, dass die sprachliche Übertragung bis ins letze Detail korrekt und präzise vorgenommen wurde, zum anderen gibt es rechtliche Fragestellungen zum Thema Copyright. „Grundsätzlich aber eine tolle Idee: Ein Lexikon als Referenzstandard, als verbindliche Sprachregelung für ein einheitliches Vorgehen und einer nachträglichen Überprüfung des eigenen Handelns“, so Mundinger. Bis es soweit ist, gibt es in der WOBI den Konsensus, die Alte deutschsprachige Version zu verwenden. Und abschließend: „Wie jedes Lexikon, so entwickelt sich auch der BI-RADS Atlas sukzessive weiter und orientiert sich dabei an den Erkenntnissen der Forschung.“

Profil:
Professor Dr. med. Alexander Mundinger schloss sein Medizinstudium 1980 mit einer Promotion über Altersabhängigkeit immunologischer Parameter ab.  Der Facharzt für Radiologie und Innere Medizin habilitierte 1992 über MR in der Arthritisdiagnostik. Seit 1995 leitet er die „Klinik für Radiologie“ im Marienhospital und seit 2009 die „Sektion bildgebende und minimalinvasive Mammadiagnostik“ im Brustzentrum Osnabrück, Franziskushospital Harderberg. Er ist zudem ärztlicher Direktor des Zentrums Radiologie der Niels-Stensen-Kliniken.

Mundinger war Mitbegründer der DEGUM-Stufe-3-Mammasonographie und langähriger Präsident der International Breast Ultrasound School. Er ist Vize Präsident (Europa) der International Senologic Society und Ehrenmitglied mehrerer Europäischer Fachgesellschaften.

23.10.2014

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