Angela Merkel besucht das DKFZ

"50 Jahre DKFZ sind 50 Jahre Spitzenforschung. Ich habe nicht erst anlässlich meines heutigen Besuchs von dieser Einrichtung gehört und freue mich, nun zum ersten Mal hier zu sein", begrüßte Bundeskanzlerin Angela Merkel Mitarbeiter und Ehrengäste des Deutschen Krebsforschungszentrums.

Bundeskanzlerin Angela Merkel flankiert von den DKFZ-Vorständen Josef Puchta...
Bundeskanzlerin Angela Merkel flankiert von den DKFZ-Vorständen Josef Puchta (li.) und Otmar Wiestler (re.). Außen li.: Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, außen re.: Harald zur Hausen.
Quelle: Tobias Schwerdt, DKFZ
Bundeskanzlerin Angela Merkel flankiert von den DKFZ-Vorständen Josef Puchta...
Bundeskanzlerin Angela Merkel flankiert von den DKFZ-Vorständen Josef Puchta (li.) und Otmar Wiestler (re.). Außen li.: Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, außen re.: Harald zur Hausen.
Quelle: Tobias Schwerdt, DKFZ

Nach ihrem Eintrag im Gästebuch besuchte Angela Merkel zunächst zwei Labore im DKFZ und diskutierte dann mit acht jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Höhepunkt und Abschluss des Besuchs war die Rede der Bundeskanzlerin vor über tausend geladenen Gästen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des DKFZ. Zuvor bedankte sich DKFZ-Vorstand Otmar Wiestler ausdrücklich für die jahrzehntelange Finanzierung des Krebsforschungszentrums durch die Bundesregierung. "Das Geld war gut angelegt: Fünf Jahrzehnte Forschung im DKFZ haben viel für die Menschen bewirkt - unsere Ergebnisse haben dazu beigetragen, Tausende von Krebserkrankungen zu vermeiden und Krebs in vielen Fällen besser zu behandeln und früher zu entdecken. Und außerdem: Investition in die Forschung ist Investition in Deutschlands Zukunft", so der DKFZ-Vorstand. Zum Abschied versprach die Bundeskanzlerin: "Die internationale Ausrichtung wird hier gelebt und bürgt für die wissenschaftliche Exzellenz. Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen stimmen.

Von den Anfängen bis zu höchsten wissenschaftlichen Ehren
International wurde das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) vor allem durch Harald zur Hausens Forschung bekannt. Sein Nachweis aus den 1980er Jahren, dass humane Papillomviren Gebärmutterhalskrebs hervorrufen können, brachte ihm 2008 den Nobelpreis für Medizin ein. Aber auch die hier entwickelte intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) findet inzwischen weltweit Anwendung. Auf einer Pressekonferenz Anfang April in Berlin, Deutschland, stellten die Bundesforschungsministerin, Professor Johanna Wanka, der wissenschaftliche Vorstand des DKFZ Prof. Otmar D. Wiestler und drei weitere Forscher das Zentrum und einige seiner aktuellen Forschungsarbeiten vor. Bettina Döbereiner berichtet.

Die Gründungsidee für ein nationales Krebsforschungszentrum reicht schon in die 1950er Jahre zurück. Doch erst 1964 war es so weit: das nationale Krebsforschungszentrum wurde gegründet und Ende des Jahres wurden bereits die ersten Gebäude in der Universitätsstadt Heidelberg, in Süddeutschland, eingeweiht. In den hier untergebrachten fünf Instituten begannen damals achtzig Wissenschaftler ihre Arbeit. Heute arbeiten im DKFZ etwa 1.000 Wissenschaftler in mehr als neunzig Abteilungen. Anders als Professor Karl Heinrich Bauer, Chirurg und einer der Gründungsväter des Zentrums, es angedacht hatte, wurde das DKFZ schließlich allerdings ausschließlich für Grundlagenforschung konzipiert.

Stabile Brücke zu klinischer Krebsmedizin
Das hat sich mit der Neugründung des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) im Jahr 2004 geändert. „Mit dem NCT haben wir einen Geburtsfehler des DKFZ korrigiert und eine stabile Brücke zwischen unseren Forschungsergebnissen zur klinische Anwendung gebaut“ sagte Prof. Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender und wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ, auf der Pressekonferenz. Über 10.000 Patienten werden in diesem Comprehensive Cancer Centre, das in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe betrieben wird, jährlich behandelt und rund 200 klinische Studien werden hier durchgeführt.

Eine zweite Chance für Kinder mit resistenten Tumoren - das INFORM-Projekt
Neben dem vor zehn Jahren begründeten NCT verknüpft seit 2012 außerdem ein deutschlandweiter Verbund mit sieben Universitätskliniken die Grundlagenforschung am DKFZ mit der klinischen Anwendung (Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung, kurz DKTK). Eine aktuelles Projekt, das derzeit im Rahmen dieses Zusammenschlusses in Planung ist, stellte Professor Stefan Pfister, einer der Koordinatoren und Leiter der Abteilung für Pädiatrische Neuroonkologie im DKFZ, vor: das sogenannten INFORM-Projekt (Individualisierte Therapie für Rückfälle von bösartigen Tumoren bei Kindern/Individualized therapy for relapsed malignancies in childhood).

Der Hintergrund: Bei einem Viertel der insgesamt 2000 Kinder, die jährlich in Deutschland eine Krebstherapie erhalten, kommt es zu einem Rückfall. Da traditionell verabreichte Therapien bei diesen Kindern in der Regel erfolglos bleiben, untersucht das INFORM-Projekt die Wirksamkeit neuer Medikamente auf der Basis einer kompletten Erbgutanalyse im Tumorgewebe. Diese neuen Medikamente sollen gezielt in die Genmutationen in der Tumorzelle eingreifen, die für die Wachstumsregulation des Tumors verantwortlich gemacht werden. Um herauszufinden, welche Mutationen das sind und welcher der neuen Wirkstoffe diese blockieren könnte, wird eine komplette Erbgutanalyse des Tumorgewebes erstellt und mit dem Normalgewebe verglichen.

Zweitgrößte Gen-Sequenziereinheit Europas
Die Genomsequenzierungen für das INFORM-Projekt werden alle am DKFZ durchgeführt. Schon jetzt ist diese Sequenziereinheit nach Angaben des Zentrums die zweitgrößte in Europa - und ist in Bezug auf die klinische Anwendung weltweit führend. Komplette Genomsequenzierungen werden abgesehen von den Teilnehmern des INFORM-Projekts auch bei der Behandlung von Gliomen und Pankreaskarzinomen vorgenommen. Bis 2016 soll sogar, so Wiestler, allen Patienten des NCT eine komplette Genomsequenzierung angeboten werden können. Die Vorteile, so der wissenschaftliche Vorstand, liegen auf der Hand: die Forscher lernen dadurch noch mehr über das Tumorgenom selbst und erweitern gleichzeitig ihr Behandlungs-Repertoire für eine individualisierte Krebsmedizin, deren Weiterentwicklung eine maßgebliche Triebfeder der Forschung am DKFZ ist.

Neuer Forschungszweig seit 2008 - die Erforschung der Tumorstammzellen
Einen sehr jungen Zweig der Grundlagenforschung stellte Professor Andreas Trumpp auf der Pressekonferenz vor. Gerade einmal sechs Jahre alt ist die Erforschung der Tumorstammzellen unter seiner Leitung - und doch gibt es schon erste Ergebnisse. Eines davon stellte der Stammzelforscher vor. So konnten im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit Forschern am NCT Metastasen-induzierende Zellen im Blut von Brustkrebspatientinnen experimentell nachgewiesen werden: sie sind durch eine Kombination von drei Oberflächenmolekülen (CD44, CD47, MET) gekennzeichnet. Derzeit werden gemeinsam mit Industriepartnern in präklinischen Wirkungsstudien bereits verschiedene Wirkstoffe getestet, die diese Metastasen-induzierenden Zellen gezielt attackieren sollen. Trumpp hofft, dass schon in einigen Jahren klinische Studien hierzu aufgesetzt werden können.
 

24.04.2014

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