Nervenzellen

Motoneuronen zeigen den Blutgefäßen, wo es lang geht

Einen entscheidenden Regulator für die Bildung von Blutgefäßen im sich ausbildenden Rückenmark während der Embryonalphase haben Heidelberger Neurowissenschaftler identifiziert. Sie konnten zeigen, dass spezielle Nervenzellen – sogenannte Motoneuronen – diesen Vorgang kontrollieren. Durchgeführt wurden die Forschungsarbeiten unter der Leitung von Dr. Carmen Ruiz de Almodóvar am Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg.

Konfokal-Mikroskopiebild vom Schnitt durch das Rückenmark eines Mausembryos...
Konfokal-Mikroskopiebild vom Schnitt durch das Rückenmark eines Mausembryos (Embryonal-Tag 11.5). Die Blutgefäße (rot) wachsen um die Motoneuronen (grün) herum.
Quelle: Patricia Himmels und Carmen Ruiz de Almodóvar.

Die neuen Einblicke in die Wechselbeziehung zwischen Nerven- und Blutgefäßsystem dienen nach Angaben der Wissenschaftler nicht zuletzt dem Verständnis von Erkrankungen des zentralen Nervensystems.

Einen entscheidenden Regulator für die Bildung von Blutgefäßen im sich ausbildenden Rückenmark während der Embryonalphase haben Heidelberger Neurowissenschaftler identifiziert. Sie konnten zeigen, dass spezielle Nervenzellen – sogenannte Motoneuronen – diesen Vorgang kontrollieren. Durchgeführt wurden die Forschungsarbeiten unter der Leitung von Dr. Carmen Ruiz de Almodóvar am Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg. Die neuen Einblicke in die Wechselbeziehung zwischen Nerven- und Blutgefäßsystem dienen nach Angaben der Wissenschaftler nicht zuletzt dem Verständnis von Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Veröffentlicht wurden die Forschungsergebnisse in „Nature Communications“.

Die Nervenzellen des zentralen Nervensystems (ZNS), zu dem neben dem Rückenmark auch das Gehirn und die Netzhaut des Auges zählen, müssen durch das Blutgefäßsystem nicht nur mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. „Es besteht zusätzlich eine kontinuierliche bi-direktionale Kommunikation zwischen den Nervenzellen und den Blutgefäßen, um die koordinierte gemeinsame Entwicklung sowie die Funktion eines so komplexen Organs wie dem Gehirn zu gewährleisten“, betont Carmen Ruiz de Almodóvar. Forschungsergebnisse aus den vergangenen zehn Jahren hätten gezeigt, dass das ZNS und das Blutgefäßsystem viele molekulare Prinzipien und Signalwege teilen und eine neurovaskuläre Verbindung – ein neurovascular link – existiert. Ein Großteil dieser molekularen Mechanismen ist nach wie vor nur unzureichend verstanden.

In ihren Experimenten haben die Heidelberger Wissenschaftler herausgefunden, dass die zielgenaue Vaskularisierung des Rückenmarkes während der Embryonalentwicklung ein komplex reguliertes Gleichgewicht zwischen wachstumsfördernden und wachstumshemmenden Faktoren voraussetzt. Sie konnten zeigen, dass Motoneuronen, deren Zellkörper in der Großhirnrinde sowie im Rückenmark liegen, durch die Produktion des Signalmoleküls VEGF-A die Blutgefäßbildung stimulieren und zugleich durch die Bildung des VEGF-A-bindenden Moleküls sFlt1 für deren präzise Ausbildung sorgen.

„Interessanterweise führen selbst kleinste Manipulationen dieses Gleichgewichtes dazu, dass sich das Muster des Blutgefäßwachstums ändert und Blutgefäße frühzeitig in die Motoneuronen-Region einwachsen“, so Erstautorin Patricia Himmels, die Doktorandin in der Forschungsgruppe von Dr. Ruiz de Almodóvar ist. Zudem deuten die Ergebnisse dieser Studie darauf hin, dass eine verfrühte Vaskularisierung verheerende Auswirkungen auf die korrekte Positionierung der Motoneuronen hat. Diese Erkenntnisse sind insbesondere im Hinblick auf neurologische Entwicklungsstörungen sowie neurodegenerative Erkrankungen von Bedeutung, bei denen auch das Blutgefäßsystem involviert ist. Die Heidelberger Wissenschaftler hoffen, dass die Forschungsergebnisse zum Verständnis solcher Störungen beitragen und zur Entwicklung neuer Behandlungsstrategien führen.


Quelle: Universität Heidelberg

10.04.2017

Verwandte Artikel

Photo

News • Verschlüsse von Blutgefäßen

Wissenschaftler klären Mechanismus der zellulären Selbstheilung auf

Blutgefäße sind das erste Organisations- und Transportsystem unseres Körpers schon während der Embryonalphase. Ohne Blutgefäße wären das Körperwachstum, und damit auch die Bildung von neuen…

Photo

News • Zellen

Wachposten des Immunsystems werden erst am Einsatzort „scharf“

Tagtäglich dringen Krankheitserreger in den menschlichen Körper ein, die bekämpft werden müssen. Das Immunsystem hat hierfür Wachposten-Zellen entwickelt, die eindringende Bakterien und Viren…

Photo

Artikel • Time is intestine

Die mesenteriale Ischämie wird nicht rechtzeitig diagnostiziert

Unter den Erkrankungen des akuten Abdomens macht die mesenteriale Ischämie nur einen kleinen Prozentsatz aus. Vorwiegend ältere Patienten mit Gefäßproblemen und einem Bypass sind betroffen. Aber…

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren