Artikel • Willkommensgrüße

MRT - das Bild ist nicht genug

Willkommen zurück in Garmisch. Bereits zum 17. Mal finden wir uns hier zusammen, um gemeinsam unseren Horizont zu erweitern und den persönlichen Austausch zu suchen.

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Maximilian Reiser

In all den Jahren war es stets unsere Maxime, ein Fortbildungsprogramm auf höchstem wissenschaftlichem Niveau zu gestalten. Ausblicke in zukünftige Entwicklungen, die für den in Klinik und Praxis tätigen Radiologen in nächster Zeit bedeutsam werden, gehören ebenso dazu wie echte Dauerbrennerthemen, zu denen wir Sie auf den aktuellsten Stand bringen. Neben dem zweitägigen MRT-Grundkurs und den beliebten Meet the Expert Sessions wird es am Donnerstag auch zum ersten Mal eine besonders auf MTRAs zugeschnittene Parallelveranstaltung geben.

Wer sich das Kursprogramm der letzten Jahrzehnte noch einmal vor Augen führt, der kann den langen Weg nachverfolgen, den die Magnetresonanztomografie von der Nische in die breite klinische Anwendung zurückgelegt hat. Und doch sind wir noch lange nicht am Ende der Reise angelangt. Denn mit jedem Ziel, das wir erreichen, setzen wir uns neue, die die Entwicklung der MRT weiter vorantreiben. In diesem Sinne ist auch das diesjährige Motto „Beyond the image – unprecedented opportunities“ zu verstehen. Wir sind an einem historischen Punkt angelangt, an dem die Radiologie weit über das Betrachten von Bildern hinausgeht. Das betrifft neuartige MRT-Methoden über innovative Technologien zur Nachverarbeitung und Rekonstruktion der Bilddaten bis hin zur Nutzbarmachung von Big Data in Form von Deep Learning und künstlicher Intelligenz.

Ein Wunsch für die Zukunft bleibt, die MRT eines Tages so robust und schnell werden zu lassen wie die Computertomografie. Täglich sind wir bei unserer Arbeit dem Druck ausgesetzt, große Untersuchungszahlen bewältigen zu müssen und Patienten zu versorgen, denen langes Stillliegen schwer fällt. Rekonstruktionsverfahren wie das Compressed Sensing könnten eine Möglichkeit sein, MRT-Untersuchungen künftig weiter zu beschleunigen, höhere Feldstärken ein anderer.

Erkrankungen erkennen, Verläufe vorhersagen

Die multiparametrischen Bildgebungstechniken bleiben weiterhin ein Trend und werden Ihnen über das gesamte Kursangebot hinweg begegnen. Statt nur die Morphologie abzubilden, dringen wir zunehmend auch in die Darstellung von zell- und molekularbiologischen Prozessen vor und lernen Erkrankungen dadurch nicht nur besser zu charakterisieren, sondern pathologische Verläufe auch vorauszusagen. Der Radiologe ist dadurch intensiver in das klinische Setting eingebunden. Denn angesichts modernster zielgerichteter Therapien kommt der Frage, welcher Patient auf welche Behandlung anspricht, immer größere Bedeutung zu. Gerade bei onkologischen Fragestellungen, z.B. beim Prostatakarzinom, ist die MRT-Bildgebung aus der Diagnostik nicht mehr wegzudenken und liefert wertvolle Informationen für die individuelle therapeutische Strategie. Dabei haben sich speziell durch funktionelle Messverfahren wie die Diffusions- und Perfusionsbildgebung erhebliche Fortschritte ergeben, sodass wir heute beispielsweise in der Lage sind, präzise Aussagen über die Aggressivitätsgrade von Karzinomen zu treffen und damit eine adäquate Therapieempfehlung auszusprechen.

Alte Kriterien auf dem Prüfstand

Die Herz-MRT ist mittlerweile zu einem Standardverfahren mit wichtiger klinischer Aussagekraft geworden.

Maximilian Reiser

Das setzt voraus, dass sich der Radiologe nicht nur mit innovativen Tumortherapien bestens auskennt, sondern vor allem auch mit ihren Wirkmechanismen. Beurteilungskriterien, die bislang genutzt wurden, um ein Therapieansprechen zu bewerten, gelten häufig nicht mehr, sondern können den Radiologen sogar in die Irre führen. So kommt es bei den vielfach eingesetzten antiangiogenetischen Medikamenten nicht mehr auf eine Bewertung der Tumorgröße an, sondern darauf, ob die Tumorvaskularisierung erfolgreich geblockt wird.

Funktionelle Prozesse beschäftigen uns auch in der kardialen Bildgebung. Die Herz-MRT ist mittlerweile zu einem Standardverfahren mit wichtiger klinischer Aussagekraft geworden. Die räumliche Auflösung hat sich bei der MRT in einer Art und Weise verbessert, dass sich in Bereichen wie dem Gehirn eine anatomische Darstellung erreichen lässt, die der Mikroskopie nahe kommt.

Im Zusammenhang mit der MR-Angiografie ist jedoch ein unerwartetes Problem aufgetreten, bei dem wir noch gar nicht absehen können, ob es sich um ein wirkliches Problem handelt oder nicht. Neueste Studien weisen darauf hin, dass der wiederholte Einsatz bestimmter Gadolinium-haltiger Kontrastmittel zu Ablagerungen im Gehirn führen kann. Auch wenn bisher keine gesundheitsschädigenden Folgen der Metallrückstände bekannt sind, klingen die Ergebnisse doch beunruhigend. Auf dem Symposium werden wir uns Gedanken darüber machen, ob es nicht Alternativen zu den Gadolinium-basierten Kontrastmitteln gibt und wo wir unter Umständen kontrastmittelverstärkte durch nicht-kontrastverstärkte Untersuchungen ersetzen können, ohne dabei an diagnostischer Genauigkeit einzubüßen.

Kontrastmittel für die molekulare MR

Ohnehin benötigen wir dringend spezifischere MR-Kontrastmittel, wenn wir die molekulare Bildgebung weiter vorantreiben möchten. Was die Pharmaindustrie jedoch vor der Erforschung und Entwicklung solcher Präparate zurückscheuen lässt, sind die hohen Zulassungskosten. Hinzu kommt, dass die Patentlaufzeiten zu kurz sind, um mit einem Produkt genügend Umsatz zu machen, das nur auf einige wenige Anwendungen zugeschnitten ist. Solche dezidierten Kontrastmittel, die nur von bestimmten Zellen aufgenommen werden, könnten uns jedoch helfen, Stoffwechselprozesse darzustellen, die bereits in einem sehr frühen Stadium auf eine bestimmte Erkrankung hinweisen.

Ein absoluter Glanzpunkt unserer Auftaktsitzung am Donnerstag wird der Vortrag von Frau Prof. Dr. h.c. Hedvig Hricak, Co-Organisatorin des Garmisch-Symposiums und Leiterin der Radiologie des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, zur Innovation und Integration der MRT in den nächsten zehn Jahren. Frau Prof. Hricak ist eine Visionärin, die nicht nur ein feines Gespür für zukünftige Entwicklungen in der Radiologie hat, sondern auch über die besondere Gabe verfügt, zu begeistern und zu überzeugen. Ihre Vorträge sind stets ein Quell der Inspiration für das eigene Schaffen. Darüber hinaus ist sie eine überaus charmante und liebenswürdige Lady. Daher war und ist es für mich eine große Ehre und Freude mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen.

Ich hoffe, liebe Teilnehmer, Sie lassen sich in den nächsten Tagen von unserem Programm inspirieren und genießen die Zeit in Garmisch!

Ihr Maximilian Reiser

01.02.2017

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