Evaluation
Polytrauma-Ganzkörper-CT im Schockraum
Im Rahmen seiner Promotion evaluiert Stefan Reske an der Klinik für Bildgebende Diagnostik und Interventionsradiologie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost die durchgeführten Ganzkörper- CTs von Traumapatienten.
„Bei uns gibt es den interdisziplinären Konsens, Patienten mit einer entsprechenden Verletzungsanamnese mittels Ganzkörper-CT zu untersuchen. Niemand kann sicher ausschließen, dass zum Beispiel ein verunfallter Autofahrer, der dem ersten Anschein nach unverletzt ist, nicht doch eine schwere innere Verletzung hat, die bereits kurze Zeit später zur Dekompensation führt. Doch nicht alle Patienten, die in der Notaufnahme ankommen, sind Schwerstverletzte im Sinne einer lebensbedrohlichen Situation. Das bedeutet insbesondere im Hinblick auf den Strahlenschutz eine höhere Verantwortung für die bildgebende Diagnostik. Der Zeitfaktor bei der Traumaversorgung ist entscheidend, denn etwa alle drei Minuten steigt die Sterblichkeit um 1 Prozent, deshalb muss auch die Radiologie schnell arbeiten“, erklärt Stefan Reske, Assistenzarzt an der Hallenser Klinik, wo die Radiologen im überregionalen Traumazentrum Hand in Hand mit den Unfallchirurgen, Anästhesisten und Neurochirurgen arbeiten.
Bereits seit einigen Jahren existierte ein auf extrem kurze Untersuchungszeiten fokussiertes Ganzkörper-CT-Protokoll, als Stefan Reske 2010 den Auftrag bekam, alle entsprechenden Patienten zu sichten und die Strahlenexposition bei der Untersuchung zu ermitteln. „Das Ergebnis war eine vergleichsweise hohe effektive Dosis von durchschnittlich 45 mSv für eine CT vom Scheitel bis zu den Füßen. Der grundlegende Ablauf dieses vollautomatisierten Protokoll bestand aus zwei obligaten Scans: zunächst ein nativer Kopf- und Halswirbelsäulenscan und danach unter Kontrastmittelgabe ein Scan von der Schädelbasis bis zum Schambein, um Verletzungen von Gefäßen und inneren Organen darzustellen. Wenn die Unfallchirurgen während der initial durchgeführten körperlichen Untersuchung den Verdacht auf Traumafolgen an den Beinen haben, erfolgt direkt im Anschluss ein fakultativer dritter Scan bis zu den Füßen“, erläutert Stefan Reske.
„Modernste CT-Geräte können mit iterativen Rekonstruktionen die Dosis stark senken, diese Möglichkeit stand uns bislang leider nicht zur Verfügung. Daher haben wir im weiteren Verlauf meiner Arbeit schrittweise das ursprüngliche Protokoll verändert und sind inzwischen dazu übergegangen, zwei unterschiedlich gewichtete Untersuchungsprotokolle einzusetzen“, schildert der Doktorand. Zusätzlich zu einem zeitoptimierten Protokoll, das bis auf eine technische Veränderung vom Ablauf her identisch ist mit dem ursprünglichen Protokoll, gibt es jetzt ein dosisoptimiertes Protokoll. Die entscheidende Modifikation beim dosisoptimierten Protokoll ist die Lagerung der Arme über dem Kopf. Die Entscheidung, welches Protokoll gefahren wird, ist eine interdisziplinäre Entscheidung des Schockraumteams. Wenn der Patient stabil ist und kein Anhaltspunkt für Traumafolgen an Schultern und Oberarmen besteht, wird der Patient dosissparend untersucht. Beim instabilen Schwerstverletzten greift das zeitoptimierte Protokoll.
„Im Vergleich zum alten Untersuchungsprotokoll konnte die effektive Dosis mit dem neuen zeitoptimierten Protokoll auf 31 mSv und dem dosisoptimierten Protokoll um circa 40 Prozent auf 26 mSv gesenkt werden. Inzwischen hat sich auch gezeigt, dass es noch weiteres Potenzial gibt, die Protokolle zu modifizieren. Die beständige Optimierung ist wichtiger Bestandteil meiner derzeitigen Arbeit“, erklärt Stefan Reske.
IM PROFIL
Stefan Ulrich Reske begann nach dem Abitur und dem Abschluss seiner Ausbildung zum Rettungssanitäter das Studium der Humanmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Nach seiner Approbation im Jahr 2007 war er zunächst als Assistenzarzt für Anästhesie im Kreiskrankenhaus Delitzsch tätig. Seit dem Wechsel der Fachrichtung im April 2010 arbeitet er in der Klinik für Bildgebende Diagnostik und Interventionsradiologie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost in Halle (Saale). Der gebürtige Dresdner trägt auch die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin und nimmt am Notarztdienst in Sachsen- Anhalt teil.
30.05.2013