Wurm hilft Forschern bei der Suche nach Parkinson-Ursache

Bildquelle: Caenorhabditis elegans, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

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Wurm hilft Forschern bei der Suche nach Parkinson-Ursache

Der winzige Wurm Caenorhabditis elegans ermöglicht es Forschern, die aufkommende Theorie zu untersuchen, dass Parkinson im Darm seinen Ausgang nimmt.

Entscheidend für die Erkrankung ist eine klebrige, giftige Form des Proteins Alpha-Synuclein, das die Funktion der Neuronen buchstäblich verklebt und sie abtötet. Jetzt gibt es wissenschaftliche Beweise des Medical College of Georgia at Augusta University, dass sich das giftige Protein in den Neuronen des Darms ansammelt, noch bevor es zur Beeinträchtigung der Neuronen im Gehirn kommt. 

Eine Ansammlung von zerstörerischem Alpha-Synuclein, den sogenannten Lewy-Körperchen, wurde bei Autopsien auch in der Wand des Magen-Darm-Traktes von Patienten mit einer frühen Parkinson-Erkrankung nachgewiesen. Es ist bereits bekannt, dass die Neuronen im Darm regelmäßig mit den Neuronen im Gehirn kommunizieren. Umgekehrt ist das genauso der Fall. Wie jedoch das Alpha-Synuclein bei beiden durcheinandergebracht wird, stellt eine weitere Unsicherheit dar. Wissenschaftler wie Danielle Mor haben, immer noch bei Tiermodellen, beobachtet, wie die klebrigen Batzen von einem Neuron abgegeben und von dem nächsten Neuron aufgenommen werden.

Wir werden jetzt Lernen und Gedächtnis bei diesen Würmern untersuchen

Danielle Mor

Den Forschern nach gelangen die klebrigen Batzen im Darm über die Wirbelsäule ins Gehirn. Unglücklicherweise scheint es laut Mor so zu sein, dass das Teilen vor allem zwischen Neuronen stattfindet, die bereits vernetzt sind und miteinander kommunizieren. Die lebenslang durchsichtigen C. elegans sind laut Forscherin Mor "ein großartiges Modell für die Suche nach Antworten". Diese Nematoden oder Rundwürmer verfügen trotz ihrer geringen Größe von rund einem Zentimeter über eine Anzahl an Genen und einen Genpool, der dem Menschen ähnlich ist. Zusätzlich weisen sie einen Verdauungstrakt und viele der gleichen Neurotransmitter wie auch Menschen auf. 

Bei Neurotransmittern handelt es sich um chemische Botenstoffe, die den Neuronen eine Kommunikation ermöglichen. Beispiele dafür sind Acetylcholin, das mit dem Gedächtnis und dem Lernen in Verbindung steht, oder Dopamin, das dabei hilft, positive Emotionen zu empfinden oder Bewegungen zu planen. Es ist bekannt, dass Dopamin bei Parkinson stark vermindert ist. Forscher glauben, dass ein gesundes Gleichgewicht zwischen Dopamin und Acetylcholin bei Parkinson fehlt und es dadurch eine große Rolle bei den unkontrollierten Bewegungen spielt, die für diese Krankheit charakteristisch sind. Das Absterben der Neuronen, die Dopamin produzieren, gilt als einer der Hauptschwerpunkte der Parkinson-Forschung. 

Mor zufolge verfügen auch die Würmer über ein alimentäres Nervensystem. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um ein Netzwerk von Neuronen, das im Darm Funktionen wie Verdauung und die Aufnahme von Nährstoffen koordiniert. Es kommt hier somit zu einer ersten Ansammlung von Alpha-Synuclein. Laut der Forscherin ermöglichen die neuen Modelle Tests der kognitiven Funktion. "Wir werden jetzt Lernen und Gedächtnis bei diesen Würmern untersuchen." Den Würmern wurde eine giftige Version des menschlichen Proteins verabreicht. Binnen weniger Tage kam es zur Ausbreitung im Gehirn und folgend zu einer Degeneration der Dopamin-Neuronen. Die Würmer selbst leben nur ein bis zwei Wochen. 

Derzeit konzentriert sich Mor auf die kognitiven Probleme, die im späteren Verlauf von Parkinson häufig auftreten. Bewegt sich das zerstörerische Alpha-Synuclein vom Darm ins Gehirn, untersucht die Forscherin Lernen und Gedächtnis bei den Würmern. Die Würmer können Zusammenhänge zwischen vielen verschiedenen Dingen lernen. Jetzt liegt der Fokus darauf, einen intensiven, duftenden Geruch mit Nahrung in Verbindung zu bringen. C. elegans gelingt es, diesen in weniger als einer Stunde herzustellen. Dabei handelt es sich allerdings um ein Kurzzeitgedächtnis. Die Forscherin will auch herausfinden, ob die Verabreichung des Proteins die Leistung der Würmer beeinträchtigt. 

Indes gibt es zumindest in Zellkulturen Hinweise darauf, dass sich das giftige Protein an die Zuckerschicht der Zellen anbindet, an die sogenannten Proteoglykane, die wie ein Rezeptor funktionieren. In der Folge wird das Alpha-Synuclein von den arglosen Neuronen aufgenommen. Die Expertin hat bereits einige Gene in dem Signalweg gefunden, der die Zuckerschicht bildet, die die Zerstörung der Dopamin-Neuronen verringert und einen Teil der Krankheitssymptome bei den Würmern mildert. Derzeit stehen 17 Gene in der näheren Auswahl. Um die Identifizierung von Medikamenten zu beschleunigen und den Patienten rasch zu helfen, führt Mor derzeit eine umfassende Überprüfung bereits zugelassener Medikamente durch.


Quelle: Augusta University/pressetext

03.03.2023

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