Von links;  Dr. Michael Schultz (GAMPT), Reinhard Fuchs, (Universität...
Von links; Dr. Michael Schultz (GAMPT), Reinhard Fuchs, (Universität Leipzig), Dr. Georg Stachel (Universitätsklinikum Leipzig) und Priv.-Doz. Karsten Lenk (Universitätsklinikum Leipzig)

© UKL/Stefan Straube

News • Messgerät für Ersthelfer

Wiederbelebung bei Herzstillstand: „Brainsaver“ soll Hirnschäden vermeiden

Bei einem Herzstillstand müssen Ersthelfer sofort mit der Herzdruckmassage beginnen, um das Überleben der betroffenen Person zu sichern, bis Rettungskräfte das stillstehende Herz wieder zum Schlagen bringen können.

Mit der Herzdruckmassage überbrücken Ersthelfer die ausgesetzte Pumpfunktion des Herzens, indem sie mit gestreckten Armen das Brustbein tief (5 bis 6 cm) und schnell (100- bis 120-mal pro Minute) in Richtung Wirbelsäule drücken: so wird das Blut und damit Sauerstoff in den Körperkreislauf und zum Gehirn gepumpt, sodass Gehirnzellen vor dem Absterben bewahrt werden. „Die Herzdruckmassage ist für das Überleben des Notfallpatienten und für die Vermeidung schwerer Langzeitschäden an Gehirn und anderen Organen bis zum Eintreffen der Rettungskräfte entscheidend“, betont der Kardiologe Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Jährlich sterben in Deutschland mehr als 65.000 Menschen am plötzlichen Herztod.

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In dem Forschungsprojekt „Brainsaver“ (engl. für „Hirnretter“) nehmen Leipziger Forscher um den Kardiologen PD Dr. Karsten Lenk, geschäftsführender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Kardiologie (Direktor: Prof. Dr. Ulrich Laufs) am Universitätsklinikum Leipzig und weitere Wissenschaftler des Innovation Centers for Computer Assisted Surgery (ICCAS) der Universität Leipzig und der Gesellschaft für Angewandte Medizinische Physik und Technik (GAMPT) in Merseburg die Qualität der Herzdruckmassage als entscheidende Komponente in den Fokus ihrer Arbeit. Unterstützt wird die Forschungsarbeit mit Fördermitteln der Herzstiftung in Höhe von 95.000 Euro im Rahmen der Sonderforschungsförderinitiative „Plötzlicher Herztod“. 

Dr. Lenk und Kollegen haben mit dem Kooperationsprojekt „Brainsaver“ den Prototyp eines ultraschallgestützten Messgerätes in einer Halskrause entwickelt, mit deren Hilfe sich schon beim Ausüben der Herzdruckmassage erkennen lässt, ob durch das Drücken die ausreichende Menge Blut durch den Körperkreislauf und so auch in das Gehirn des Notfallpatienten gepumpt wird. 

Links oben: Ansicht von außen. Rechts oben: Ansicht von innen, roter Pfeil...
Links oben: Ansicht von außen. Rechts oben: Ansicht von innen, roter Pfeil zeigt auf den Sensor. Links unten: System am Phantom mit Steuerungseinheit. Rechts unten: System an Mitarbeiter

© ICASS; UKL/Stefan Straube (Abb. Rechts oben)

Studien haben bereits darauf hingewiesen, dass der Blutfluss durch die Halsschlagader ein Zeichen dafür ist, wie gut die Herzdruckmassage ausgeführt wird. „Ziel ist es ja, mit der Herzdruckmassage das Gehirn weiter mit dem noch im Körper vorhandenen sauerstoffreichen Blut zu versorgen, bis das Herz wieder in Gang kommt“, erklärt Lenk. Zeit ist Leben beim Herzstillstand: Mit jeder Minute, die ohne Herzdruckmassage vergeht, sinken die Überlebenschancen um 10%. Zudem verlassen von den jährlich mindestens 50.000 reanimationspflichtigen Menschen in Deutschland nur ca. zehn Prozent der Patienten die Klinik mit einem akzeptablen neurologischen Ergebnis ohne schwere Langzeitschäden, schätzen Experten.1,2 „Die Herzdruckmassage ist dabei von so existenzieller Bedeutung, so dass sie unverzüglich, effektiv und korrekt durchzuführen ist“, betont Dr. Lenk. 

Eine schnelle und mühelose Platzierung der Ultraschallsonde und eine zuverlässige automatische Erfassung des Flussspektrums [ist] eine der wichtigsten technischen Voraussetzungen für einen klinischen Einsatz der Halskrause

Karsten Lenk

Die Leipziger Forscher haben deshalb die Halskrause mit einer integrierten Doppler-Sonographie-Sonde so entwickelt, dass sie sich von Rettungsteams auch ohne vorherige umfassende Sonographie-Ausbildung anwenden lässt. Die Halskrause besteht aus einem Immobilisationskragen, der in der Intensiv- und Notfallmedizin zum Schutz des Hals-Nackenbereichs zum Einsatz kommt. Dank einer Auswertungssoftware zeichnet das Gerät automatisiert Blutflussgeschwindigkeiten auf und zeigt sie auf einem mobilen Monitor, der mit dem Brainsaver verbunden ist, an. Ein Signalton soll die Ersthelfer während der Herzdruckmassage warnen, sobald die Ultraschallsonde eine Unterversorgung des Körperkreislaufs anzeigt. „Als Anhaltspunkt dient der Sonde der Blutfluss in der Halsschlagader, der Arteria Carotis Communis, die das Gehirn mit Blut versorgt“, erklärt Dr. Lenk. Den Forschern ist die Aussagekraft des Blutflusses in der Halsschlagader in vielerlei Hinsicht wichtig: 

  • für die Bestimmung der Wirksamkeit der Herzdruckmassage, 
  • für die Prognoseabschätzung und 
  • sie ermöglicht Feedback für die Durchführenden der Herzdruckmassage. 

Der Brainsaver-Prototyp, den Dr. Lenk und sein Kollege Dr. Georg Stachel, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und der Zentralen Notaufnahme am Universitätsklinikum Leipzig, in Zusammenarbeit mit dem ICCAS und GAMPT entwickelt haben, enthält einen Algorithmus, der die Tiefe des Zielgefäßes unter der Haut bestimmt und den Messbereich des Ultraschallgeräts angibt. „Dabei sind eine schnelle und mühelose Platzierung der Ultraschallsonde und eine zuverlässige automatische Erfassung des Flussspektrums eine der wichtigsten technischen Voraussetzungen für einen klinischen Einsatz der Halskrause“, erklärt Dr. Lenk. Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung und Realisierung des Brainsaver-Prototyps war Dr. Lenk zufolge die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Ärzten der Klinik und Poliklinik für Kardiologie sowie der Zentralen Notfallaufnahme am Universitätsklinikum Leipzig, den Ingenieuren Reinhard Fuchs und Prof. Dr. Thomas Neumuth vom ICCAS sowie dem Physiker Dr. Michael Schultz von GAMPT. 

Erste Tests an Probanden aus der Forschungsgruppe sind vielversprechend. Der Brainsaver muss allerdings stufenweise im klinischen Bereich erprobt werden. In einer ersten Testphase zur technischen Machbarkeit muss sich der „Hirnretter“ am Leipziger Universitätsklinikum an 100 Patienten ohne Kreislaufstillstand und anschließend bei Patienten auf den Intensiv- und Überwachungsstationen der Uniklinik bewähren: bei 96 Patienten im Schockgeschehen und bei 80 Patienten unter Reanimation. „Wir prüfen nun den Nutzen des Geräts, damit vielleicht künftig alle Rettungseinheiten – zunächst in Leipzig – damit ausgestattet werden.“ 


Literatur:

  1. Striebel HW. Anästhesie Intensivmedizin Notfallmedizin. Stuttgart: Schattauer GmbH. 2017;9. 
  2. Fischer, M., Wnent, J., Gräsner, J.-T., Seewald, S., Brenner, S., Bein, B., Ristau, P., Bohn, A. & die teilnehmenden Rettungsdienste im Deutschen Reanimationsregister (2023). Öffentlicher Jahresbericht 2022 des Deutschen Reanimationsregisters: Außerklinische Reanimation 2022.


Quelle: Deutsche Herzstiftung

12.12.2023

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