Wie MTRA mit guter Technik und profundem Wissen die Strahlendosis reduzieren können

Prof. Dr. Martin Fiebich
Prof. Dr. Martin Fiebich

Die großen Vorteile des digitalen Röntgens sind zweifelsohne die Möglichkeiten der Bildnachbearbeitung sowie die digitale Archivierung. Wenngleich die Umstellung der Röntgentechnik in den Krankenhäusern in Deutschland vom Film zum Detektor, also vom analogen zum digitalen Röntgen, so gut wie abgeschlossen ist, können die medizinisch-technischen Radiologieassistenten die Strahlendosis bei den Untersuchungen noch immer maßgeblich beeinflussen. Dabei müssen sie gar nicht so tief in die Trickkiste greifen, sondern sich nur an die gesetzlichen Vorgaben halten, die Möglichkeiten der Bildnachbearbeitung nutzen und auch die eigenen Erfahrungswerte nicht außer Acht lassen“, erklärt Prof. Martin Fiebich, Dekan des Fachbereichs Krankenhaus- und Medizintechnik, Umwelt- und Biotechnologie der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen.


„Bei vielen Detektoren, besonders bei den Flachdetektoren, erzielt man bei wesentlich niedrigerer Dosis die gleiche Bildqualität wie beim Film. Allerdings gibt es je nach Hersteller große Unterschiede bei der Detektorquanteneffizienz (DQE), aber alle erzielen bessere Ergebnisse als das Filmfoliensystem“, schildert der Professor. Auch bei den Speicherfolien korreliert die Qualität mit dem Preis, im oberen Preissegment ist das Speicherfoliensystem dem Filmfoliensystem ebenfalls überlegen. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Bildqualität ist die Software für die Bildnachbearbeitung. „Bei den renommierten Herstellern sind sich die Programme immer ähnlicher geworden, mit leichten Vorteilen für den einen oder anderen, aber insgesamt erzielen sie alle sehr gute Ergebnisse. Von kleineren Herstellern gibt es aber immer noch Softwareversionen auf dem Markt, bei denen während der Bildverarbeitung zu Artefakten kommen kann“, so Fiebich.

Grundsätzlich sollte bei Flachdetektoren die Detektordosis immer niedriger sein als beim Filmfoliensystem. In der Regel werden die Geräte heute von den Herstellern so ausgeliefert und eingestellt, dass die Abschaltdosis beim Belichtungsautomaten niedriger ist als beim Filmfoliensystem. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, im kleinen Rahmen durch die Änderung der Röhrenspannung die Strahlenexposition nach unten hin zu beeinflussen. „Wird die Röhrenspannung um 5 bis 10 Prozent nach oben korrigiert, hat das keinen signifikanten Einfluss auf die Bildqualität, weil die Bildverarbeitung einen Teil des Kontrastverlustes, der durch die höhere Röhrenspannung hervorgerufen wird, ausgleichen kann“, erklärt der Experte.

Die MTRA haben nach § 2c der Strahlenschutzkunde die Pflicht zur Optimierung der Strahlenexposition, sofern die technischen Gegebenheiten dafür gegeben sind. Die Flachdetektoren bieten sich hierfür besonders an, denn nicht immer sind die Geräte von den Herstellern schon optimal an den unterschiedlichen Einsatz in der Klinik angepasst. Prof. Fiebich gibt ein Beispiel: „Bei Längenprüfungen oder Winkelstellungen ist nicht eine so hohe Bildqualität erforderlich. Das System kann dann also durchaus mit noch weniger Dosis betrieben werden. Man kann bei den digitalen Systemen alle Dosisstufen verwenden, denn die Bildverarbeitung sorgt dafür, dass Helligkeit und Kontrast gleich bleiben.

Einen Spezialfall in der Röntgendiagnostik stellen nach wie vor Kinder und Jugendliche dar. Durch ein aufgehärtetes Strahlenspektrum durch die Einfügung eines zusätzlichen, vorgeschriebenen Kupferfilters kann man auch hier mit geringerer Strahlendosis arbeiten. Da bei Kindern die Aufnahmen häufig ohne Belichtungsautomatik, das heißt mit freier Einstellung, gemacht werden, muss hier besonders darauf geachtet werden, dass diese größen- und gewichtsbezogen sind. Weil die Hersteller aus rechtlichen Gründen hier nicht mehr Hilfestellung geben wollen, ist es ratsam, sich an die Leitlinien der Bundesärztekammer zu halten. „Diese sind nach Alters- und Gewichtsgruppen und nach Untersuchungsarten aufgeschlüsselt, allerdings ist es möglich, mit der entsprechenden Kenntnis noch unter diesen Vorgaben zu bleiben. Insgesamt wäre hier allerdings mehr Hilfestellungvonseiten der Industrie wünschenswert.“

Besonders deutlich werden die Vorteile der Flachdetektoren bei der Mammographie im Hinblick auf die Bildqualität bei gleichzeitiger Dosisreduktion. Der Flachdetektor hat sich als alternativlos gut bewährt, sodass in Kürze alle Screening-Einheiten in Deutschland nur noch mit Flachdetektoren arbeiten werden. Und noch einen weiteren Vorteil haben die Flachdetektoren: Weil sie fest eingebaut sind und nicht mehr wie die Kassetten von A nach B getragen werden müssen, kann schneller gearbeitet werden – dadurch können mehr Patienten untersucht werden. Der Einsatz von Flachdetektoren bewährt sich deshalb gerade bei Arbeitsplätzen mit einfacher Einstellung wie zum Beispiel bei Thoraxaufnahmen.

Im Profil


Das Physikstudium an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster schloss Prof. Dr. Martin Fiebich ab mit einer Promotion in theoretischer Medizin zum Thema: Untersuchung zur Qualitätssicherung der digitalen Lumineszenzradiographie. Von 1996-1998 forschte er mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft in den Kurt Rossmann Laboratories der University of Chicago. Danach war er wieder wie schon vor seinem US-Aufenthalt Systemverantwortlicher für das Radiologische Informationssystem (RIS) und das digitale Bildarchivsystem (PACS) am Institut für Klinische Radiologie an der Uni Münster. Im Jahr 2000 wurde er zum Professor für die Fachgebiete Bildgebende Verfahren, Medizinische Physik, Medizinische Informatik, Statistik, Signal- und Bildverarbeitung an der Fachhochschule Gießen-Friedberg berufen.
 

29.10.2012

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