Wie leistungsfähig ein Herz ist, verraten SPECT und PET

SPECT und PET sind Weiterentwicklungen der Szintigraphie. In der Kardiologie dienen sie bevorzugt der Belastungsdiagnostik des Herzens beziehungsweise der Ausschlussdiagnostik hämodynamisch relevanter Veränderungen der herzversorgenden Arterien. Neuere Entwicklungen kombinieren diese nuklearmedizinischen bildgebenden Verfahren mit anderen wie CT und MRT.

Myokardperfusionsszintigraphie unter Stress- und Ruhebedingungen mit...
Myokardperfusionsszintigraphie unter Stress- und Ruhebedingungen mit CT-Schwächungskorrektur (CTAC), Bilder eines Patienten mit vermuteter koronarer Herzerkrankung. Durch Vergleich der regionalen Perfusion unter Stress- und Ruhebedingungen zeigt sich eine Minderdurchblutung der Seitenwand unter Stressbedingungen als Korrelat einer hämodynamisch relevanten Koronarstenose. Links: Oberflächenprojektion; rechts oben: Schichtbilder durch den linken Ventrikel in drei Schnittrichtungen; rechts unten: Abweichungen vom Normalkollektiv, Berechnung von Summed Stress Score (SSS), Summed Rest Score (SRS) und Summed Difference Score (SDS).
Myokardperfusionsszintigraphie unter Stress- und Ruhebedingungen mit...
Myokardperfusionsszintigraphie unter Stress- und Ruhebedingungen mit CT-Schwächungskorrektur (CTAC), Bilder eines Patienten mit vermuteter koronarer Herzerkrankung. Durch Vergleich der regionalen Perfusion unter Stress- und Ruhebedingungen zeigt sich eine Minderdurchblutung der Seitenwand unter Stressbedingungen als Korrelat einer hämodynamisch relevanten Koronarstenose. Links: Oberflächenprojektion; rechts oben: Schichtbilder durch den linken Ventrikel in drei Schnittrichtungen; rechts unten: Abweichungen vom Normalkollektiv, Berechnung von Summed Stress Score (SSS), Summed Rest Score (SRS) und Summed Difference Score (SDS).

60.000 Szintigraphien werden in Deutschland etwa wöchentlich erstellt – zumindest laut Angaben aus dem „Deutschen Ärzteblatt“ von 2008. Von einer Verringerung der Untersuchungszahl seitdem kann nicht ausgegangen werden. Die meisten Szintigraphien werden an Schilddrüse, Herz und Skelett vorgenommen, wobei die planare Szintigraphie im kardiologischen Bereich keine Rolle mehr spielt. Die Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) und die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) sind hier vorherrschend, ermöglichen sie doch diagnostische Untersuchungen zu speziellen Fragestellungen und auch eine dreidimensionale Darstellung.

„Die klassische Myokardszintigraphie mit der SPECT steht in Deutschland flächendeckend zur Verfügung“, verdeutlicht PD Dr. Dr. Lars Stegger, Leitender Oberarzt an der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Münster, die Relevanz dieses bildgebenden Verfahrens. Auch die PET wird an vielen nuklearmedizinischen Abteilungen vorgehalten, doch unterliegt sie bestimmten Limitationen, die eine flächendeckende Nutzung verhindern. So enthalten die bei der PET verwendeten Tracer in der Regel nur kurzlebige Radionuklide, die kurz vor der Untersuchung hergestellt werden müssen. Häufig wird in der PET das radioaktive Isotop 18F (Fluor) genutzt, das eine Halbwertszeit von immerhin 110 Minuten hat. Hierauf basierende Tracer für die Perfusionsdiagnostik sind in der klinischen Erprobung und werden voraussichtlich innerhalb der nächsten zwei Jahre zur Verfügung stehen. Derzeit verfügbare Tracer haben eine noch kürzere Halbwertszeit. Die damit verbundenen logistischen Ansprüche können nicht überall erfüllt werden. „Reine PET-Geräte finden in der Klinik eigentlich keine Anwendung mehr“, erklärt Dr. Stegger im Gespräch mit dem RadiologieReportRuhr (RRR), „die Geräte, die heute zum Einsatz kommen, sind PET/CT-Geräte.“ Diese Hybridgeräte verbinden die Vorteile der beiden bildgebenden Verfahren, deren Bilder detailliertere Diagnosen erlauben.

Wo werden SPECT und PET heute in der Klinik angewendet?
„Die beiden Verfahren ermöglichen genaue Diagnosen, was funktionelle Aspekte wie beispielsweise die Perfusion des Herzens angeht“, erklärt Stegger, „SPECT und PET sind da lange etablierte Verfahren mit einem großen Schatz an Studieninformationen.“ Die Perfusion des Herzens lässt sich zwar neuerdings auch mit Ultraschall und MRT darstellen. „Aber“, so schränkt der Nuklearmediziner ein, „die sehr lange Erfahrung und die Daten aus einer Vielzahl belastbarer Studien, die den Nutzen der Verfahren belegen, sprechen nach wie vor für SPECT und PET.“

Häufig werden die Verfahren bei Belastungsuntersuchungen des Herzens angewendet. Die physiologische Belastung wird dabei entweder durch körperliche Anstrengung etwa mithilfe von Fahrradergometrie oder durch die Gabe von direkten Koronardilatatoren induziert – Letzteres beispielsweise bei Patienten, bei denen etwa körperliche Belastungen kontraindiziert sind. „Traditionell nimmt man Adenosin oder Dipyridamol“, sagt Stegger. Bei Adenosingabe kommt es allerdings immer wieder zu Problemen. Vor allem bei Patienten mit allergischem Asthma können diese Substanzen Asthmaanfälle auslösen. „Seit etwa einem Jahr gibt es allerdings eine neue Alternative“, berichtet Stegger. Das Medikament Regadenoson, das unter dem Produktnamen Rapiscan vertrieben wird, erlaube „aufgrund des recht einfachen Protokolls eine schnelle Anwendung mit einer Injektion“. Vor allem liegt der Vorteil aber darin, dass bei Patienten mit allergischem Asthma durch Regadenoson keine Asthmaanfälle provoziert werden.

Einem dritten Verfahren der pharmakologischen Belastungsinduktion misst Stegger bei der Szintigraphie keine große Bedeutung zu: „Mit dem Stresshormon Dobutamin kann ebenfalls die Herzleistung gesteigert werden. Allerdings setzen wir diese Möglichkeit in der Regel nur noch ein, wenn die anderen Verfahren nicht genutzt werden können.“

Was lässt sich aus der Belastungsuntersuchung ableiten?
Anhand einer SPECT kann für einen Patienten bestätigt oder ausgeschlossen werden, dass es hämodynamisch relevante Gefäßveränderungen gibt. Im negativen Fall, also wenn eine Gefäßveränderung nicht bestätigt wurde, bedeutet das für den jeweiligen Patienten prognostisch, dass auch mittelfristig nicht mit hämodynamisch bedingten Veränderungen zu rechnen ist. Konnten dagegen zum Beispiel aus der Koronarangiographie bekannte Koronarveränderungen als hämodynamisch relevant bestätigt werden, lässt sich auf Grundlage der Informationen aus der nuklearmedizinischen Bildgebung die Entscheidung zur Intervention, zur Bypass-Chirurgie oder zur weiteren medikamentösen Behandlung ableiten.

Fortschritte bei der SPECT- beziehungsweise PET-Bildgebung, die vor allem auf die Zusammenführung komplementärer Verfahren abzielen, werden diese diagnostische Aussagekraft der beiden Verfahren in Zukunft weiter erhöhen. Angekommen in der Routine sind beispielsweise die EKG-gated SPECT und weitere Hybridbildgebungsverfahren wie die SPECT-CT. Im Bereich der PET werden inzwischen erste Geräte genutzt, die die Positronen-Emissions-Tomographie mit der Kernspintomographie kombinieren.

Im Profil
PD Dr. Dr. Lars Stegger ist seiner westfälischen Heimat treu geblieben. Nach einem Physikstudium, das er 1996 mit Auszeichnung abschloss, studierte er Medizin an der Universität Münster. 2001 schloss er seine Promotion zum Dr. rer. medic. ab, 2010 folgte die Promotion zum Dr. med. Ebenfalls im Jahr 2010 wurde Stegger im Fachgebiet Nuklearmedizin habilitiert. Das Thema seiner Habilitationsschrift lautete „Quantitation of anatomical, functional and molecular parameters of the left-ventricular myocardium with positron emission tomography in small animals“. Seit 2011 ist Stegger stellvertretender Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Münster.

 

24.10.2012

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