Virtuelle Koloskopie als optimale Ergänzung zur Früherkennung
Die optische Darmspiegelung - medizinisch Koloskopie - ist derzeit die Standarduntersuchung, wenn es um die Diagnostik von Dickdarmerkrankungen geht. Vor allem bei der Früherkennung von Tumoren und bei der Behandlung bzw. Kontrolle von Dickdarmerkrankungen ist sie unumgänglich.
Optische Darmspiegelung auch unter Narkose möglich
Um den Darm auf Veränderungen untersuchen zu können, verwendet der behandelnde Arzt ein Koloskop, ein flexibles, schlauchartiges Instrument mit circa 1,2 Metern Länge, an dessen Spitze ein Kamerachip angebracht ist.
Zur Vorbereitung auf eine Koloskopie ist außerdem eine vollständige Reinigung des Darms mittels Abführmitteln nötig. Die eigentliche Untersuchung dauert circa 25 Minuten und kann sowohl unter Sedierung als auch unter Kurznarkose durchgeführt werden.
Darmpolypen als häufigste Erkrankung
Eine sehr häufige Erkrankung des Dickdarms sind Dickdarmpolypen, gutartige Geschwülste, die aber zu bösartigen Tumoren entarten können. Eine rechtzeitige Diagnose im gutartigen Stadium mittels Koloskopie ist der beste Weg, bösartigen Darmtumoren vorzubeugen. Auch Verengungen des Darms, die durch Entzündungen oder Tumore entstehen, sind häufige Erkrankungen und wären durch eine regelmäßige Vorsorge gut zu verhindern.
OA Dr. Thomas Mang, Leitender Facharzt für gastrointestinale Radiologie an der Universitätsklinik für Radiodiagnostik der Medizinischen Universität Wien, weiß, dass die Darmspiegelung nicht gerade zu den beliebtesten Vorsorgeuntersuchungen zählt: „Generell erreicht man mit der optischen Koloskopie nur einen Teil der Patienten, die von einer Dickdarmvorsorge profitieren würden. Durch das Angebot einer weniger belastenden Alternativuntersuchung könnte die generelle Akzeptanz der Vorsorge in der Bevölkerung gesteigert werden“.
Virtuelle Koloskopie als Alternative
Eine Alternative zur optischen Darmspiegelung ist die virtuelle Koloskopie, welche per Computertomographie oder Magnetresonanz-Tomographie durchgeführt wird und zur Gänze auf ein optisches Koloskop verzichtet.
Die virtuelle Koloskopie kommt vor allem bei einer inkompletten, d.h. nicht vollständig durchführbaren, optischen Darmspiegelung oder einer klaren Kontraindikation zur optischen Koloskopie, wie z.B. Blutungsneigung, oder Herzkreislauferkrankungen, zum Einsatz. Die Untersuchungsdauer liegt mit 5–10 Minuten deutlich unter jener der konventionellen Methode, eine Narkose oder Sedierung ist nicht notwendig.
Die virtuelle Koloskopie hat aber nicht nur auf Grund ihrer kürzeren Dauer und der weniger belastenden Untersuchung Vorteile für die Patienten, sondern ist laut Mang wegen ihrer unterschiedlichen Methodik als effektive Ergänzung zur optischen Variante zu sehen: „Methodische Vorteile der Untersuchung ergeben sich aus der Möglichkeit, Darmabschnitte zu untersuchen, die mittels Koloskopie nicht erreichbar sind. Das können beispielsweise Verengungen des Darmes sein, die mittels des Koloskops nicht überwunden werden können oder besonders lange oder verwundene Dickdärme, die nicht gänzlich untersucht werden können.
Weiters wird bei der virtuellen Koloskopie nicht nur der Dickdarm, sondern auch das gesamte Abdomen untersucht. Dadurch werden auch die übrigen Organe des Bauches mit untersucht und beurteilt“.
Geringe Strahlenbelastung durch ALARA-Prinzip
Um die Strahlenbelastung möglichst gering zu halten, wird nach dem sogenannten ALARA Prinzip (as low as reasonably achievable) vorgegangen, welches besagt, dass die einzusetzende Strahlenmenge so niedrig wie möglich sein soll, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen.
Auch Mang sieht die Strahlenmenge bei der virtuellen Koloskopie in einem mehr als akzeptablen Bereich angesiedelt: „Generell werden für die virtuelle Koloskopie Niedrigdosis-Protokolle empfohlen, weshalb das untersuchungsbedingte Risiko einer strahlenassoziierten Folgerkrankung bei einmaliger Untersuchung vernachlässigbar klein ist. Beispielsweise ist das fiktive Risiko an einer Krebserkrankung, die rückführend mit einer virtuellen Koloskopie assoziiert werden kann, zu erkranken um ein Vielfaches geringer als das Lebenszeitrisiko eines bösartigen Dickdarmtumors.“
Keine Kostenübernahme bei virtueller Koloskopie
Es ist aber nicht die anfallende Strahlenmenge der Grund für die niedrige Verbreitungsrate der virtuellen Koloskopie, sondern die Tatsache, dass es derzeit keine allgemeine Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen gibt und die Untersuchung zwar in manchen Krankenhäusern und Spitälern angeboten wird, allerdings nicht im niedergelassenen Bereich.
Die virtuelle Koloskopie darf trotz ihres Potentials nicht als Konkurrenz zur optischen Variante gesehen werden und wird diese als Standarddiagnose-Verfahren auch nicht ersetzen können. Vielmehr ist sie eine leistungsfähige Ergänzung und Alternative, die vor allem dann zum Einsatz kommt, wenn die optische Darmspiegelung kontraindiziert oder unvollständig ist.
Virtuelle Koloskopie als ergänzende Methode in der Vorsorge
Mit der virtuellen Koloskopie steht eine ausgezeichnete Methode zur Verfügung, mit Hilfe derer das Aufspüren von Krebs im Frühstadium bzw. deren Vorstadien noch effizienter vollzogen werden kann. Um die Etablierung der virtuellen Koloskopie weiter vorantreiben zu können, sind laut Mang aber noch einige Schritte nötig: „Es muss nachgewiesen werden, dass durch den Einsatz dieser Methode in der Krebsvorsorge die Erkrankungsrate an bösartigen Dickdarmtumoren abnimmt. Ein wichtiger weiterführender Schritt ist die Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen, um die Untersuchung mehr Menschen zugänglich zu machen“.
Quelle: European Society of Radiology
28.02.2011