Vereinheitlichung der Tumordokumentation
Der Drang zur Datensammlung zwecks Tumordokumentation steigt stetig: Registerdaten, Zertifizierungsdaten oder Benchmarkingdaten – sie alle dienen einem guten Zweck, nämlich der Verbesserung der Behandlungsstrukturen und der Patientenversorgung. Aber: Es handelt sich um „Insel-Informationen“, die separat erhoben und dokumentiert werden. In der 8. Session mit dem Titel „Intuitive Tumordokumentation – damit die Dokumentation nicht zum Tumor wird“, diskutierten die Experten Wege, die aus diesem Dilemma herausführen könnten.
Über den Nutzen der Krebsdokumentation für den Chirurgen referierte Prof. Dr. Ferdinand Hofstädter von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V. Seine These, wie es überhaupt zu diesem „Datensammlungshype“ unter Chirurgen kam, lautet: Zentrenbildung. Denn der Trend hin zur Bildung von Organkrebszentren geht mit einer Reihe von Zertifizierung einher, denen sich die Einrichtungen freiwillig und gerne stellen. Denn abgesehen von der Optimierung der Patientenversorgung hat ein spezialisiertes Zentrum nicht zuletzt einen gewissen Marketingeffekt. Problematisch sind derzeit die isolierten Lösungen, mit denen die einzelnen Zentren ihre Daten dokumentieren. So kommt es vor, dass in einem Krankenhaus mit vier Zentren, vier komplett unterschiedliche Systeme laufen. Die Lösung liegt auf der Hand: Ein einheitliches Datenmodell. Die Frage lautet jedoch, wie dieses aussehen kann und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Kann der Leistungserbringer die Daten allein beurteilen? Oder braucht man eine zentrale Stelle für die Datensammlung? Eine klare Lösung gibt es noch nicht, derzeit wird jedoch im Rahmen der Entwicklung eines nationalen Krebsplans geprüft, wie ein einheitliches Register aussehen könnte. Der Datenstrom in diesem Modell läuft vom Patienten über den Versorger, über die Region und das Land hin zum Bund. Laut Hofstädter kommt es hier jedoch vor allem darauf an, das Register nicht ausschließlich als Sammelstelle zu betrachten, sondern als Kommunikationstool, das den Patienten auch langfristig im Follow-up begleitet.
„Tumordokumentation mit geringem Trauma-Risiko für den Anwender“, so könnte man die Forderung von Dr. Udo Altmann, Universität Gießen, zusammenfassen. Sein Vortrag unter dem Titel „Minimal-invasive Tumordokumentation – Mindestanforderungen an die Tumordokumentation in der Chirurgie“ griff die Forderung seines Vorredner nach einer Vereinheitlichung auf. Aufgrund der zeitlichen und örtlichen Aufteilung der Datensammlung, fordert er eine Zusammenführung in Registern, die von jedem Leistungserbringer für seinen spezifischen Bereich gefüllt werden: Angefangen bei der Erstdiagnose über den chirurgischen Eingriff und die Chemotherapie hin zur Rehabilitation und dem Follow-up. An jeder Station werden die relevanten Daten in das zentrale System eingepflegt, eine Doppel-Dokumentation entfällt somit. Aber auch Altmann lässt die Frage offen, wo genau diese zentralen Daten archiviert und verwaltet werden.
Auch bei der Umsetzung geeigneter IT-Lösungen zur einheitlichen Dokumentation steht man noch am Anfang. Klar sind die Forderungen nach offenen Standards, die eine Vereinheitlichung erst ermöglichen. Völlig unklar ist hingegen, wie beispielsweise die Frage nach dem Datenschutz beantwortet werden kann.
Welche Produkte bereits heute zur Dokumentation zur Verfügung stehen, darüber gab Andreas Kassner, Geschäftsführer des VHitG einen Überblick. Grundsätzlich gibt es derzeit drei Produktgruppen: Die KIS/KAS, Tumordokumentationssysteme und spezielle Produkte, wie Kodierlösungen oder Gesundheitsakten. Die komplexe Diversifizierung des Marktes lässt es derzeit nicht zu, dass eine Lösung für alle Anforderungen einsetzbar ist. Bei der Entscheidung für eine der drei Produktgruppen gibt es kein Patentrezept, jedes Haus muss anhand der individuellen Anforderungen entscheiden, für welchen Weg es sich entscheidet.
22.04.2010