
Bildquelle: adaptiert von: Yang L, Wang K, Li W, Scientific Reports 2024 (CC BY 4.0)
Artikel • Neue Stärken, Abhilfe für alte Schwächen
Ultraschall-Update für die Organbildgebung
Ist die Organ-Bildgebung per Ultraschall auf dem gleichen Niveau wie die Schnittbildgebung angekommen? Auf der Jahreskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) stellte PD Dr. Corinna Trenker neue technologische Entwicklungen und ihre diagnostische Bedeutung vor. Trotz zahlreicher Innovationen wie multiparametrischer Protokolle und KI-Unterstützung zeigte sich erneut eine der größten Stärken der Sonografie gegenüber anderen Modalitäten: der menschliche Faktor.
Artikel: Wolfgang Behrends
Bei der Untersuchung von Hals- und Weichteilgeweben sowie den Organen im Nahfeldbereich – Hoden, Schilddrüse oder Mamma – kann der Ultraschall seit jeher seine Stärken klar ausspielen, berichtete die Expertin von der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie am Universitätsklinikum Marburg: „Mit einer lateralen Bildauflösung von bis zu 0,1 bis 0,2 Millimetern übersteigt die Sonografie einfach das Auflösungsvermögen von CT und MRT.“ Das spiegelt sich auch in den S3-Leitlinien wider – sowohl beim Hodenkarzinom als auch bei der Detektion von Raumforderungen der Schilddrüse ist der Ultraschall das Mittel der Wahl.
[Bei der Beurteilung einer Thoraxwand-Infiltration bei Bronchialkarzinomen ist] das Entscheidende die atemabhängige Fixation des Tumors, und hier ist die Sensitivität und Spezifität vom Ultraschall dem CT deutlich überlegen
Corinna Trenker
Auch bei der Detektion von Lymphknoten liefert die Bildgebung durchweg überzeugende Ergebnisse, hat jedoch bislang keinen Platz in der Leitlinie gefunden, resümierte Dr. Trenker. Immerhin stehe hier mit der multiparametrischen Darstellung mittels Elastographie und kontrastverstärktem Ultraschall (CEUS) ein spannendes neues Werkzeug zur Beurteilung von Verhärtungen und Vaskularisation von Lymphknoten bereit1 – „für die primäre Dignitätseinschätzung spielt das jedoch keine Rolle,“ so die Expertin.
Ein weiterer Trumpf der Ultraschall-Bildgebung kommt bei Thorax-Untersuchungen zum Tragen: „Die Sonographie hat ganz klar den Vorteil, dass man in Echtzeit untersucht,“ erklärte Dr. Trenker. Besonders bei der Beurteilung einer Thoraxwand-Infiltration bei Bronchialkarzinomen sei „das Entscheidende die atemabhängige Fixation des Tumors, und hier ist die Sensitivität und Spezifität vom Ultraschall dem CT deutlich überlegen.2“ Auch in der Detektion und Differenzierung von Pleuraergüssen bleibe der Ultraschall 2025 die Methode der Wahl. „Wir können nicht nur den Pleuraerguss von kleinsten Millilitern detektieren, sondern wir können ihn auch noch besser differenzieren,“ so die Expertin.3
KI eröffnet neue Möglichkeiten
Geht es anatomisch weiter in die Tiefe, stößt der Ultraschall nach wie vor schnell an seine Grenzen, und auch an den physikalischen Limitationen bei luftgefüllten Strukturen hat sich nichts geändert, gab Dr. Trenker zu bedenken. Die hohe Untersucherabhängigkeit bleibt ebenfalls ein Thema – hier könnte sich jedoch in Zukunft einiges tun: Neue Publikationen legen beispielsweise nahe, dass künstliche Intelligenz (KI) das traditionell anspruchsvolle Screening auf hepatozelluläre Karzinome (HCC) unterstützen könnte.4 Angesichts des immer größer werdenden Personalmangels, durch den auch erfahrene Schaller rar werden, eine vielversprechende Entwicklung, befand die Expertin – auch wenn in puncto Datenschutz noch viel Klärungsbedarf bestehe.
Das erstaunliche diagnostische Potenzial von KI im Ultraschall veranschaulichte Dr. Trenker mit Blick auf eine aktuelle Meta-Analyse aus China: Hier hatten Forscher mithilfe von KI die Sonografien von mehr als 11.000 Brustkrebspatientinnen analysiert – und allein auf dieser Grundlage deren HER2-Rezeptorstatus mit hoher Genauigkeit vorhergesagt.5 „Man kann sich das kaum vorstellen, aber zumindest in ersten Studien ist das möglich. Ich denke, hier werden in Zukunft noch viele weitere Möglichkeiten auf uns zukommen.“
Patientenkontakt: Nicht nur ‚nice to have‘
Bei allem Enthusiasmus für technischen Fortschritt erinnerte die Expertin abschließend an eine Kernkompetenz des Ultraschalls: den persönlichen Kontakt zum Patienten. Dies sorge nicht nur für eine angenehmere Atmosphäre bei der Untersuchung, sondern verbessere auch die Qualität der Diagnostik, wie Studien belegen.6 „Hier haben wir wirklich einen großen Vorteil gegenüber anderen Schnittbildgebungen – das sollte nicht unterschätzt werden“, lautete ihr abschließender Appell.
Quellen:
- Künzel J, Brandenstein M, Zeman F et al.: Multiparametric Ultrasound of Cervical Lymph Node Metastases in Head and Neck Cancer for Planning Non-Surgical Therapy; Diagnostics (Basel) 2022; https://doi.org/10.3390/diagnostics12081842
- Bandi V, Lunn W, Ernst E et al.: Ultrasound vs. CT in detecting chest wall invasion by tumor: a prospective study; Chest 2008; https://doi.org/10.1378/chest.07-1656
- Yang L, Wang K, Li W, Liu D: Chest ultrasound is better than CT in identifying septated effusion of patients with pleural disease; Scientific Reports 2024; https://doi.org/10.1038/s41598-024-62807-4
- Stefanini B, Giamperoli A, Terzi E, Piscaglia F: Artificial intelligence in Ultrasound: Pearls and pitfalls in 2024; Ultraschall in der Medizin 2024; https://doi.org/10.1055/a-2368-9201
- Fu Y, Zhou J, Li J.: Diagnostic performance of ultrasound-based artificial intelligence for predicting key molecular markers in breast cancer: A systematic review and meta-analysis; PLoS One 2024; https://doi.org/10.1371/journal.pone.0303669
- Gutzeit A, Sartoretti E, Reisinger C et al.: Direct communication between radiologists and patients improves the quality of imaging reports; European Radiology 2021; https://doi.org/10.1007/s00330-021-07933-7
26.05.2025