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TAVI: von kurzfristigen Wirkungen bis zum Lifetime Management
TAVI, das minimal invasive Verfahren, bei dem eine Ersatzklappe in das Innere einer kranken Klappe eingesetzt wird, wurde bis vor kurzem meist Patienten verschrieben, die zu schwach für eine offene Herzoperation sind – wobei es sich zum Großteil um über 80-jährige Patienten handelt. Aufgrund einer höheren Langlebigkeit sowie der fortschreitenden Fertigkeiten, die zu einer Risikominderung führen, werden Transkatheter-Aortenklappen-Implantationen (TAVI) heute zunehmend Patienten in ihren 70ern und jünger verschrieben, die z. B. von einer Aortenstenose betroffen sind – das ist schätzungsweise einer von acht der über 75-Jährigen. Daher erkennen Kardiologen nun die Notwendigkeit eines Lifetime-Management-Konzepts für diese Patienten an.
Bericht: Mark Nicholls
Zu diesen Maßnahmen gehören die Klappenkonstruktion, die Platzierung und Haltbarkeit sowie der Bedarf an einem erneuten Zugang zu den Koronargefäßen, für den Fall, dass ein Folgeverfahren – oder sogar das Neueinsetzen eines TAVI – erforderlich sein sollte.
Um die Signifikanz der RE-ACCESS-Studie (die als erste Studie den koronaren Zugang vor und nach einer TAVI systematisch auswertete) und der zukünftigen Aortenklappenauswahl zu untersuchen, hielt Boston Scientific vor kurzem ein Online-Webinar unter dem Vorsitz von Rafael Cavalcante, Vice President (Medical Affairs) des Unternehmens, ab, unter anderem mit dem interventionellen Kardiologen Professor Ole de Backer, der an mehreren Forschungsprojekten zur Transkatheter-Klappentherapie beteiligt war, und Dr. Marco Barbanti, Autor von über 200 Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Transkatheter-Aorten- und Mitralklappeninterventionen. Im Gespräch wurde beleuchtet, welche Auswirkungen es hat, dass Patienten nach dem TAVI-Eingriff länger leben. Dazu gehört die Frage, warum es notwendig ist, über die Prozedur an sich hinaus zu blicken und zukünftige Behandlungsoptionen zu berücksichtigen; und warum sich das aktuelle Implantationsverfahren und ihre Technik ändern müssen, um einen erneuten Zugang zu den Koronargefäßen zu ermöglichen.
Unbehandelt nimmt die Aortenstenose einen schweren Verlauf, doch erst in den letzten Jahren haben die Transkatheter-Herzklappen (THV) eine weniger invasive Option zu den in den 1960er Jahren entwickelten chirurgischen Therapien geboten. Beim Vergleich der Behandlungsergebnisse zwischen Chirurgie und TAVI erklärt Cavalcante: „Es gab eine Weiterentwicklung der Behandlung in Bezug auf die Erfahrung des Arztes und bei Technologien, die zu einer signifikanten Verringerung der paravalvulären Regurgitationsrate geführt haben, und zwar in einem Maße, dass sie mit offener Herzchirurgie äußerst vergleichbar ist.“
TAVI schlägt chirurgischen Eingriff
Cavalcante hob Nachweise hervor, die darauf hindeuten, dass TAVI in Bezug auf Mortalität, Schlaganfälle, erneuter Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, dem Risiko für akutes Nierenversagen, starken Blutungen, erneutes Auftreten von Vorhofflimmern, Lebensqualität, Länge des Krankenhausaufenthaltes und Tage des Überlebens nach Entlassung aus dem Krankenhaus besser als ein chirurgischer Eingriff abschneidet.
Die THV-Technologie hat in den USA die chirurgischen Eingriffe inzwischen überholt und in Deutschland stiegen die TAVI-Verfahren in den Jahren 2008 bis 2019 um etwa 4000 %.
Aortenstenose bei jüngeren Patienten
Während die Lebenserwartung steigt, wird TAVI auch jüngeren Patienten angeboten – wobei eine zunehmende Anzahl das Verfahren spezifisch anfordert, da Studien im Vergleich zu einem offenen chirurgischen Ersatz positive Behandlungsergebnisse zeigen und die TAVI-Klappen mindestens dieselbe Haltbarkeit haben wie chirurgische Aortenbioprothesen.
Cavalcante wies darauf hin, dass TAVI noch weiter feinstufig angepasst werden kann, um eine Verbesserung bei paravalvulären Lecks (PVL), Klappenhaltbarkeit und koronarem Zugriff zu erzielen und eine bessere Ausrichtung an den Kommissuren zwischen den prothetischen und natürlichen Aortenklappen bereitzustellen. Mit Blick auf die Zukunft ist er überzeugt: „Wir kratzen gerade mal an der Oberfläche der Belastung durch Aortenstenose. Diese Therapien werden bei schwer symptomatischen Patienten angewandt, dabei wissen wir, dass die Bürde der mäßigen Aortenstenose oder asymptomatischen schweren Stenose wesentlich größer ist.“ Er sprach auch über die Anwendung von ACURATE neo2, der neuesten Klappe von Boston Scientific, die zur Erhaltung der Koronarperfusion und Erleichterung eines erneuten Zugangs nach TAVI (Re-Access) entwickelt wurde und eine längere Einfassung mit aktiver Versiegelung bietet, um PVL zu verhindern. „Als die TAVI-Reise begann, war das Hauptanliegen die sichere Durchführung des Verfahrens“, meinte er. „Jetzt müssen wir langsam darüber nachzudenken, was passieren wird, wenn sich diese Klappe mit der Zeit verschlechtert, wenn eine zweite Klappe eingesetzt wird und bei einer falschen Ausrichtung der Kommissuren.“
Koronarer Zugang
Barbanti von der Kardiologieabteilung am San Marco Hospital, Catania, Italien, befasste sich mit dem koronaren Zugang nach TAVI und erläuterte, dass die Inzidenz eines akuten Koronarsyndroms (ACS) nach TAVI 5-10 % beträgt. Er betonte jedoch auch, dass diese Schätzung zu niedrig sein könnte, da nicht alle Patienten in die TAVI-Zentren kommen. „Aufgrund der längeren Lebenserwartung“ so Barbanti, „ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass jüngere Patienten und Patienten mit niedrigem Risikoprofil einen Koronarvorfall nach TAVI haben werden. Daher ist der Erhalt des koronaren Zugangs für das Lifetime Management der Patienten von entscheidender Bedeutung.“
Das Vorliegen einer THV kann sich auch auf die Behandlung von ACS auswirken und Studien weisen auf einen Zusammenhang mit einer um 33 % längeren Krankenhausankunft-bis-Ballon-Zeit („door-to-balloon time“) hin, als bei Patienten ohne TAVI. Der Kardiologe unterstrich außerdem, wie wichtig die Auswahl des optimalen Klappentyps und des bestmöglichen Klappen-Designs, der Art der Klappenimplantation sowie eine sorgfältige Beurteilung der anatomischen Eigenschaften des Patienten sind, um die Möglichkeit von Problemen mit ACS nach TAVI zu reduzieren. Die Konstruktion der implantierten THV und die Ausrichtung der Kommissuren seien wichtig, um einen zukünftigen koronaren Zugang nach TAVI zu erhalten, wie z. B. für den Fall, dass ein TAVI wiederholt werden muss, führt er abschließend aus.
Die RE-ACCESS-Studie
Der koronare Zugang nach TAVI wurde in der RE-ACCESS-Studie (Reobtain Coronary Ostia Cannulation Beyond Transcatheter Aortic Valve Stent, Wiedererlangen einer Koronarostienkanülierung nach Transkatheter-Aortenklappenstent) untersucht, die die Durchführbarkeit der Koronarostienkanülierung nach dem Transkatheter-Aortenklappenersatz sowie potenzielle Prädiktoren für die Beeinträchtigung des Koronarzugangs untersuchte. In die Studie wurden 300 Patienten aufgenommen, die in einem Zentrum mit hoher Fallzahl einer TAVI mit handelsüblichen Produkten unterzogen wurden. Es wurden dreiundzwanzig (7,7 %) Fälle einer erfolglosen Koronarkanülierung nach TAVI dokumentiert.
De Backer vom Herzzentrum am Rigshospitalet, Kopenhagen, der Associate Professor an der Kopenhagener Universität ist, diskutierte die Auswirkungen der Studie auf die aktuelle und zukünftige Praxis. Koronarer Zugang nach TAVI sei wichtig, da jüngere Patienten mit geringerem Risiko möglicherweise eine weitere Herzbehandlung benötigen werden, hob er hervor. „Wir dürfen den Koronarzugang oder die Klappenhaltbarkeit nicht ignorieren, denn was wäre, wenn der Patient eine neue TAVI-Prozedur benötigt. Unser Schwerpunkt hat sich von kurzfristigen Behandlungsergebnissen auf das ganze Lifetime Management verlagert.“
Lifetime Management
Es ist wichtig, dass wir die erste TAVI-Klappe mit ausgerichteten Kommissuren implantieren. Hier geht es um das Lifetime Management und darum, diesen Patienten das bestmögliche Ergebnis bereitzustellen
Ole de Backer
Die für das Lifetime Management zu beachtenden Aspekte sind das Klappen-Design, da das erste Implantat Auswirkungen auf die Hämodynamik, den transvalvulären Gradienten, Herzschrittmacher, die Haltbarkeit und den zukünftigen koronaren Zugang haben kann, sowie die Implantationsart für die Klappe in Bezug auf die Position und die Ausrichtung der Kommissuren. „Es ist wichtig, dass wir die erste TAVI-Klappe mit ausgerichteten Kommissuren implantieren“, erklärte er. „Hier geht es um das Lifetime Management und darum, diesen Patienten das bestmögliche Ergebnis bereitzustellen.“
De Backer sagte, dass die Chirurgen sich erst seit kurzem mehr Gedanken darüber machen, wie die Kommissuren der nativen Kommissur entsprachen, wobei der Wert der Ausrichtung der Kommissuren jetzt besser erkannt wird im Hinblick auf zukünftigen Koronarzugang, den Koronararteriendurchfluss und das Füllen, die Minderung von PVL, die Klappenhaltbarkeit und bessere Optionen, wenn eine TAVI-Wiederholung notwendig wird. Es gäbe ein zunehmendes Bewusstsein in der TAVI Community in Europa und Nordamerika dafür, wie wichtig die Ausrichtung der Kommissuren sei, beobachtete er.
28.08.2021