Histopathologische Aufnahme eines klarzelligen Nierenkarzinom: Forscher vom...
Histopathologische Aufnahme eines klarzelligen Nierenkarzinom: Forscher vom DKTK Essen fanden hier eine stumme Mutation mit großer Auswirkung auf die Prognose

News • Gefahr im Erbgut

"Stumme" Mutationen: nicht so harmlos wie gedacht

So genannte stumme Mutationen haben keine Auswirkung auf die Zusammensetzung eines Proteins. Sie gelten daher nicht als krebsfördernd. Doch Wissenschaftler vom Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), Partnerstandort Essen, beschreiben nun bei einem Fall von Nierenkrebs eine bislang übersehene Mutation mit großer Auswirkung auf die Prognose.

Die Forscher veröffentlichten ihre Erkentnnisse jetzt im Fachjournal iScience.

Synonyme oder auch „stumme" Mutationen betreffen die DNA, ohne einen Aminosäureaustausch und damit eine Proteinänderung zu bewirken. Bei großen Erbgutstudien zur Suche nach krebstreibenden Mutationen werden sie daher häufig nicht berücksichtigt. Doch mittlerweile haben Wissenschaftler verschiedene Belege dafür entdeckt, dass stumme Mutationen keinesfalls zwangsläufig ohne Folgen bleiben: So kann sich eine stumme Mutation auf die Stabilität und die Struktur der abgelesenen mRNA auswirken. Ein Beispiel dafür beschreibt nun Samuel Peña-Llopis vom DKTK Partnerstandort am Westdeutschen Tumorzentrum im Universitätsklinikum Essen.

In der Tumorgen-Datenbank „The Cancer Genome Atlas" (TCGA) stießen die Forscher auf den Fall einer Patientin mit klarzelligem Nierenkrebs. Im Tumorerbgut war ein Mutationsprofil beschrieben, das eine eher günstige Prognose und ein Überleben von 117 Monaten voraussagte. Und doch war diese Patientin bereits 56 Monate nach der Krebsdiagnose verstorben. Bei näherer Untersuchung fanden die DKTK-Forscher eine stumme Mutation in BAP-1, einem Tumor-Suppressor. Mutationen in BAP-1, die zum Verlust dieser Suppressorfunktion führen, treiben bei vielen Krebsarten das Wachstum an.

Der nahezu vollständige Ausfall von BAP-1 als Konsequenz dieser vermeintlich stummen Mutation führt zu höherer Aggressivität des Tumors und dadurch zu einer massiv verkürzten Überlebenszeit des Patienten

Samuel Peña-Llopis

Beim Ablesen eines Gens werden nur bestimmte Bereiche der DNA-Sequenz, die so genannten Exons, in die reife mRNA eingebaut, die schließlich als Bauanleitung für das Protein dient. Das Team um Peña-Llopis entdeckte nun, das die stumme BAP-1 Mutation bewirkt, dass beim Zusammenfügen der einzelnen Exons das Exon Nr. 11 ausgelassen wird. Dadurch kommt der Proteinbauplan aus dem Takt und es entsteht ein verkürztes BAP-1 Protein, das rasch abgebaut wird. „Der nahezu vollständige Ausfall von BAP-1 als Konsequenz dieser vermeintlich stummen Mutation führt zu höherer Aggressivität des Tumors und dadurch zu einer massiv verkürzten Überlebenszeit des Patienten", sagt Peña-Llopis und empfiehlt, bei Tumorgenom-Analysen auch den vermeintlich stummen Mutationen Beachtung zu schenken. „Das gilt besonders in Fällen, bei denen wir auf der Basis der individuellen Mutationen im Tumorgenom personalisierte Behandlungsansätze vorschlagen."


Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

24.02.2021

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