Strahlentherapie bei Kindern: Risiken geringer als befürchtet
Patientenregister dokumentiert systematisch Spätfolgen
Die Strahlentherapie ist auch bei Kindern und Jugendlichen eine wirksame Methode gegen Krebs. Doch die langfristigen Folgen für die Gesundheit der jungen Patienten waren bisher wenig erforscht. Erste Auswertungen der Daten eines 2004 eingerichteten Patientenregisters zeigen nun, dass die Risiken einer Strahlentherapie im Kindes- und Jugendalter geringer sind als befürchtet.
„Kinder und Jugendliche haben nach einer erfolgreichen Krebstherapie den größten Teil ihres Lebens noch vor sich. Es ist deshalb besonders wichtig, Spätfolgen der Behandlung zu vermeiden”, sagt DEGRO-Präsidentin Professor Dr. med. Rita Engenhart-Cabillic. Spätfolgen sind Nebenwirkungen, die erst Monate oder Jahre nach Ende der Strahlentherapie auftreten. Deshalb werden sie in den Therapiestudien oftmals nicht komplett erfasst. „Unsere bisherigen Erkenntnisse hierzu beruhten im Wesentlichen auf kleineren rückblickenden Untersuchungen”, erläutert die Expertin. Eine sinnvolle Beurteilung sei auch deshalb nicht möglich gewesen, da sich die einzelnen Behandlungs¬verfahren im Laufe der Jahre stark verändert hätten. So basierten frühere Untersuchungen zum Teil auf Strahlentherapietechniken, die heute nicht mehr angewendet werden.
Um die Spätfolgen aktueller Verfahren besser beurteilen zu können, hat die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) gemeinsam mit der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie vor sechs Jahren das „Register zur Erfassung von Spätfolgen nach Strahlentherapie maligner Erkran¬kungen im Kindes- und Jugendalter” (RiSK) eingerichtet. Die finanzielle Förderung erfolgte durch die Deutsche Kinderkrebsstiftung. „Bislang wurden 1300 Patienten aus 62 Zentren dokumentiert”, berichtet der Chairman des Registers, Professor Dr. med. Normann Willich, Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie am Universitätsklinikum Münster.
„Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Belastung der Organe geringer ausfällt als befürchtet”, berichtet der Experte. Als Beispiel führt er eine kürzlich veröffentlichte Studie zu den Auswirkungen der Strahlentherapie auf die Nieren an, einem besonders strahlen¬empfindlichen Organ. Auch zwei bis drei Jahre nach Ende der Therapie sei es bei den meisten Patienten nicht zu Funktionsstörungen gekommen, so Willich. Die wenigen Patienten, bei denen die Nieren in Mitleidenschaft gezogen wurden, hatten eine höhere Strahlendosis erhalten. „Diese Erkenntnis werden wir bei der Behandlung zukünftiger Patienten berücksichtigen”, erklärt Willich. Ähnliche Auswertungen wurden zu Auswir¬kungen einer Strahlentherapie auf Speicheldrüsen und Lunge durchgeführt. Weitere Analysen sind in Vorbereitung.
„Da sich einige Spätschäden erst nach vielen Jahren zeigen, ist es wichtig, das Register fortzuführen“, sagt Willich. „Je mehr Kinder erfasst werden und je länger die Nachbeo-bachtungszeiten sind, desto besser können wir bei zukünftigen Patienten Nutzen und Risiken der Therapie gegeneinander abwägen.“ Die DEGRO setzt sich deshalb dafür ein, die Beobachtung von Spätfolgen weiter voranzutreiben. Die deutschen Strahlentherapeuten tauschen ihre Erfahrungen mit Experten anderer Länder aus. Eine enge Kooperation besteht mit Schweden. Dort wurde auf der Basis der RiSK-Struktur und der RiSK-Dokumentation ein gleichartiges schwedisches Register aufgebaut.
Quelle:
Bölling T, Ernst I, Pape H, Martini C, Rübe C, Timmermann B, Fischedick K, Kortmann RD, Willich N. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2010; doi:10.1016/j.ijrobp.2010.03.021
Dose-Volume Analysis of Radiation Nephropathy in Children: Preliminary Report of the
18.10.2010