Pränatale Medizin

Stammzelltherapie durch die Nase für Frühgeborene

Kommt ein Kind weit vor dem Termin auf die Welt, sind Hirnschädigungen durch Infektionen und Minderdurchblutung häufig. Stammzellen aus der eigenen Nabelschnur könnten diese Kinder möglicherweise vor lebenslangen Entwicklungsstörungen bewahren. Das zeigt eine Modell-Studie der Frauenklinik.

Frühgeborene sind anfällig für Hirnschädigungen.
Frühgeborene sind anfällig für Hirnschädigungen.
Quelle: Universitätsspital Bern

Die Geburt ist ausgestanden, das Neugeborene abgenabelt, und die Nabelschnur wird mit dem Mutterkuchen entsorgt. So ist zumindest der häufigste Ablauf. Dabei könnten die Stammzellen aus dem Nabelschnurgewebe unmittelbar nützen – etwa um Hirnschädigungen bei Frühgeburten zu behandeln. Das ist der Ansatz des Forschungslabors Pränatale Medizin am Inselspital.

In einer Studie am Tiermodell konnten die Mediziner zeigen, dass die Stammzellen aus der Nabelschnur tatsächlich schädliche Prozesse im Gehirn stark mindern können. Die Entwicklung einer schweren Hirnschädigung, der sogenannten Cerebralparese mit lebenslanger Behinderung, könnte so vermieden werden. Und so funktionierte der neue Therapieansatz in der Studie:

Schritt 1: Stammzellen aus der Nabelschnur gewinnen

Nabelschnurgewebe wurde mit dem Einverständnis der Mütter in seine Bestandteile zerlegt und daraus Stammzellen isoliert. Die gewonnenen Stammzellen kultivierten die Forscher im Reagenzglas und stellten ein Transplantat her. Aufgabe der Zellen sollte sein, die Hirnschädigung weitgehend zu verhindern und die Markscheiden der Nervenbahnen zu schützen.

Schritt 2: Durch die Nase Stammzellen ins Gehirn einpflanzen

Die gewonnenen Zellen wurden Versuchstieren in einer Art Nasenspray verabreicht: 600‘000 Zellen, verteilt auf zwei Pumphübe pro Nasenloch. Statt die Zellen also direkt ins Gehirn zu pflanzen, liess die nichtinvasive Methode die Stammzellen von selbst direkt entlang der Riechbahn in die geschädigten Zonen wandern.

Tatsächlich konnte die Studie zeigen, dass die injizierten Zellen im Gehirn ankommen und die Nervenverbindungen zwischen den Hirnhälften und dem Rückenmark fördern. Für eine künftige Stammzelltherapie von Hirnschädigungen, die um die Geburt entstehen, ist das ein erster Durchbruch. Weitere Studien werden nun die beste Dosierung der Zellen und den idealen Zeitpunkt zur Verabreichung bestimmen, bevor klinische Studien an Neugeborenen folgen.

Quelle: Universitätsspital Bern

03.10.2016

Verwandte Artikel

Photo

News • Stammzellbehandlung und Chirurgie

Spina bifida: Kombinationstherapie zeigt Erfolge

Spina bifida, besser bekannt als "offener Rücken", lässt sich künftig schon vor der Geburt heilen. Eine neue Therapie beinhaltet neben dem chirurgischen Eingriff eine Stammzellbehandlung.

Photo

News • Erfolgsgeschichte

Schmetterlingskrankheit: 80 Prozent der Haut ersetzt

Vor fünf Jahren retteten genveränderte Hauttransplantate aus eigenen Stammzellen einem Kind das Leben. Auf so großer Fläche war neue Haut aus genmodifizierten Stammzellen noch nie eingesetzt…

Photo

News • Studie evaluiert Behandlungsansätze

AML-Therapie: Stammzelltransplantation vor Chemo?

Zuerst Stammzelltransplantation oder Chemotherapie? Bei der Behandlung einer Akuten Myeloischen Leukämie (AML) sind noch viele Fragen offen. Eine neue Studie vergleicht verschiedene Therapiekonzepte.

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren