So viel wie nötig, so wenig wie möglich

Altbekannte Grundsätze gelten auch in der digitalen Röntgendiagnostik

Mit der Einführung der digitalen Röntgentechnik hat sich die Arbeitsweise der medizinisch-technischen Röntgenassistenten grundlegend verändert:

Gerhard Blauert
Gerhard Blauert

Sie ist deutlich komfortabler geworden, hat aber in mancher Hinsicht noch mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Während früher die Röntgenkassette einen klaren Anhaltspunkt dafür lieferte, das Objekt sauber auf das Bild zu bekommen, liegt das heute nicht mehr nur in den Händen des MTRA. Gerhard Blauert, Leitender MTRA am Klinikum Friedrichshafen, definiert in der MTRA-Fortbildung die Ansprüche an eine gute Thoraxaufnahme und stellt die häufigsten Fehler vor.

Die Röntgenübersichtsaufnahme des Brustkorbs stellt aufgrund des hohen Aussagewerts und der geringen Strahlenbelastung heute den Löwenanteil aller diagnostischen Aufnahmen dar. Gewöhnlich werden dabei zwei Bilder vom Thorax erstellt: eins von hinten und eins von der linken Seite. Die beste Untersuchungsposition ist die im Stehen, weil dann der Flüssigkeitsspiegel am besten dargestellt werden kann. Aber nicht immer kann der Patient vor dem Röntgengerät stehen, oft müssen auch Liegendaufnahmen von Patienten im Bett auf einer Intensivstation gemacht werden, zum Beispiel, um die Lage eines Katheters zu kontrollieren. Hier kommt anstelle von Detektoren meist die Speicherfolientechnik zum Einsatz – und auch die Belichtungsautomatik, wie bei den stationären Geräten üblich, muss mit dem Wissen und Können der MTRA kombiniert werden. „Grundsätzlich reicht die Qualität der liegenden aber nie an die der stehenden Aufnahmen heran, weil beispielsweise das Zwerchfell nach oben drückt oder aufgrund des Wassers in der Lunge diese nicht mehr so strahlentransparent ist“, erklärt Gerhard Blauert.

Die Richtlinien der Bundesärztekammer liefern klare Vorgaben, was bei einer Übersichtsaufnahme des Thorax im Bild sichtbar sein muss: Dazu gehören der Herzschatten und die Winkel der Lungenspitzen. Im 2-D-Bild muss das Herz gut dargestellt sein, damit es ausgemessen und die Größe beurteilt werden kann. Trotzdem kommt es immer wieder zu Fehlern, indem die Lunge abgeschnitten ist, der Patient verdreht liegt oder das Atemkommando nicht richtig gegeben wird. „Die Schulterblätter dürfen auf der Aufnahme nicht sichtbar sein, Belichtung und Einblendungen müssen angepasst sein. All das sollte der oder dem MTRA in Fleisch und Blut übergegangen sein“, fordert der Leitende MTRA. So hat sich durch die Digitalisierung des Röntgens die Methodik gar nicht so sehr verändert – wohl aber das Medium. Wiederholungsaufnahmen durch schlechte Belichtung gibt es kaum bis gar nicht mehr, weil die Technologie, sofern keine ganz groben Patzer vorliegen, die Fehler wieder herausrechnen kann, ähnlich wie beim CT. „Der Rahmen dessen, was herausgerechnet werden kann, ist allerdings begrenzt, damit Regressansprüche beispielsweise nicht einfach wegretuschiert werden können“, so Blauert.

Auch wenn die Belichtung weitestgehend automatisiert ist, kommt die moderne Technik hier an ihre Grenzen. Seit Einführung der digitalen Röntgentechnik erhält Blauert vonseiten der Radiologen wieder öfter die Aufforderung, das Feld kleiner zu machen, weil nur die Lunge und nicht der Oberbauch benötigt würden. „Die elektronischen Geräte haben den Nachteil, dass der Detektor ein gewisses Ausmaß hat und das nicht immer zum abzubildenden Körper passt. Oft ist der Hals zu kurz und dann kann man sich schnell vertun und den oberen Teil der Lunge abschneiden. Oder man blendet zu viel auf, weil die Nachfahrautomatik so eingestellt ist, dass bei der Darstellung der oberen Lungenspitzen auch der Bauch mitgeröntgt wird. Die Technik ist hier noch nicht zu 100 Prozent ausgereift. Das Augenmerk von uns MTRA ist deshalb verstärkt darauf gerichtet, das Strahlenfeld dorthin zu bekommen, wo das Objekt sauber auf den Detektor projiziert wird“, berichtet Blauert. „Abgesehen von allen technischen Problemen ist an dieser Stelle allerdings auch die Kommunikation mit dem anfordernden Radiologen wichtig. Denn ohne seine Rückmeldung zur Qualität der Aufnahme haben wir als MTRA es schwer, das Verbesserungspotenzial auch wirklich auszuschöpfen.

I M P R O F I L

Gerhard Blauert arbeitet seit 2005 als medizinisch-technischer Assistent und seit 2007 als Leitender MTRA am Klinikum Friedrichshafen am Bodensee. Seine Ausbildung absolvierte er an der Johann-Wolfgang-Goethe- Universität Frankfurt/Main, die er 1977 mit dem Staatsexamen beendete. Durch Anstellungen in einer Privatklinik, in chirurgischen Praxen und in einem reinen Belegkrankenhaus konnte er viel Erfahrung nicht nur in der Radiologie sammeln. Neben der leitenden Tätigkeit am Klinikum führt er nach wie vor selbst Untersuchungen durch. Blauert ist als Administrator auch für die RIS- und PACS-Daten des Medizin- Campus Bodensee zuständig.

25.09.2012

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