News • Mobile Stroke Units (MSU)

Schlaganfall: Spezial-Rettungswagen verbessern Akutversorgung

Die Akutversorgung von Schlaganfallpatienten ist in Deutschland im internationalen Vergleich schon auf einem sehr hohen Niveau – doch sie könnte noch weiter optimiert werden, mahnen Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).

Wenn vermehrt speziell ausgerüstete Krankenwagen – sogenannte Mobile Stroke Units (MSU) – zum Einsatz kämen, könnte das die Behandlungsergebnisse noch erheblich verbessern. Laut einer aktuellen Studie traten bei Patienten, die direkt nach einem Schlaganfall in diesen technisch und personell speziell ausgerüsteten Einsatzfahrzeugen behandelt wurden, signifikant weniger Todesfälle und Behinderungen auf als bei Erkrankten, die erst im Krankenhaus eine Behandlung erhielten. Dies ist das Ergebnis einer Studie von Professor Dr. Heinrich Audebert, Experte der DSG und seinem Berliner Forscherteam, die kürzlich auf der International Stroke Conference (ISC) in Los Angeles vorgestellt wurde. Nach Erkenntnis dieser Studie befürwortet die DSG den vermehrten Einsatz dieser Rettungswagen.

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Bei einem Schlaganfall vermindert ein Blutgerinnsel die Durchblutung eines Gehirnareals. „Die Unterversorgung mit Sauerstoff muss möglichst rasch nach dem Eintritt der Symptome behoben werden, sonst drohen dem Patienten massive bleibende Behinderungen oder sogar der Tod“, sagt DSG-Experte Audebert, Stellvertretender Klinikdirektor der Neurologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Je früher bei Betroffenen das Blutgerinnsel mit einer Thrombolyse aufgelöst würde, desto größer seien die Chancen, bleibende Schäden zu vermeiden.

Das Forscherteam um Audebert hat deshalb untersucht, ob eine Versorgung der Schlaganfallpatienten in spezialisierten Rettungswagen – sogenannten Mobilen Stroke Units (in Berlin „Stroke Einsatz-Mobile“, „STEMO“) – direkt an der Einsatzstelle wirksam sein kann. Die Mobilen Stroke Units sind mit einem Computertomographen, einem Mini-Labor und einem auch als Notarzt ausgebildeten Neurologen technisch und personell für die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfallpatienten ausgerüstet.

Vorteile vor allem im "Speckgürtel"

Zwischen Februar 2017 und Mai 2019 analysierten die Berliner Mediziner aus verschiedenen Kliniken, wie sich die Versorgung mit den drei Mobilen Stroke Units, die inzwischen in der Hauptstadt betrieben werden, auf den Genesungsverlauf von Schlaganfallpatienten auswirken. Die Ergebnisse waren überzeugend: Bei den 749 Patienten, die in Mobilen Stroke Units behandelt wurden, war die Wahrscheinlichkeit für Tod oder Behinderungen nach einem Schlaganfall um 26 Prozent niedriger als bei den 794 Betroffenen, die erst im Krankenhaus behandelt wurden. Zudem konnten 60 Prozent der Patienten, die in den speziellen Rettungswagen behandelt wurden, eine prähospitale Thrombolyse mit Alteplase, einem Medikament zur Auflösung eines Blutgerinnsels, bekommen. Unter den Schlaganfallerkrankten, die erst im Krankenhaus behandelt wurden, erhielten diese Behandlung nur 48 Prozent. Ein weiterer Vorteil: Die Zeit bis zur ersten Behandlung war für Patienten, die in Mobilen Stroke Units behandelt wurden, 20 Minuten kürzer. „Wir hatten erwartet, dass Schlaganfallerkrankte bessere Überlebens- und Genesungschancen haben, wenn ihnen schon auf dem Weg ins Krankenhaus geholfen werden kann, waren vom Ausmaß des Effektes dann aber doch beeindruckt“, betont Audebert.

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Da die Behandlungsergebnisse bei Schlaganfallpatienten durch den Einsatz der Mobilen Stroke Units im Vergleich zur konventionellen Versorgung deutlich verbessert werden können, empfiehlt die DSG den vermehrten Einsatz. „Die spezialisierten Rettungswagen sollten zukünftig vermehrt verwendet werden, da die Studie ihren hohen Nutzen in der Schlaganfallakutversorgung klar herausgestellt hat“, betont Professor Dr. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Pressesprecher der DSG. „Wir empfehlen den Einsatz vor allem auch in Speckgürtelregionen oder ländlichen Gebieten zu evaluieren, da hier Stroke Units oft weit entfernt sind und bei der Schlaganfallbehandlung immer jede Minute zählt“, resümiert Professor Dr. Helmuth Steinmetz, 1. Vorsitzender der DSG.


Quelle: Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)

04.03.2020

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