Restenosen bei Claudicatio intermittens verhindern
Je nach Läsionslänge, Vorerkrankung und Schweregrad einer Verengung wächst ein zunächst erweitertes Gefäß bei bis zu 50 Prozent der Patienten innerhalb von sechs Monaten wieder zu. Eingesetzte Stents halten das Gefäß erwiesenermaßen zwar länger offen, zu einer Restenose kann es früher oder später aber dennoch kommen.
Zudem stellt ein Stent einen Fremdkörper dar, der Probleme verursachen kann, zum Beispiel Thrombosen. Die Lösung: der medikamentenbeschichtete Ballonkatheter, so die Ansicht von Prof. Dr. Gunnar Tepe, Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Klinikums Rosenheim.
Drug-Eluting-Ballon – die Idee
Die ersten Drug-Eluting-Ballons sind vor circa fünf Jahren auf den Markt gekommen, mit dem Ziel, eine langfristige Öffnung des Gefäßes ohne Fremdkörpereinsatz zu erreichen. Der Ballon ist mit dem Medikament Paclitaxel beschichtet, einem Zellgift, das auf die Zellwand wirkt und so die erneute Verengung verhindert. Zu Beginn war allerdings die Skepsis groß, vor allem die langfristige Wirksamkeit des in nur einer Minute abgegebenen Medikaments wurde bezweifelt. Eine sehr gute Wirksamkeit bei mittleren Läsionen von 8 bis 10 Zentimetern ist inzwischen aber mit prospektiv randomisierten Studien bis zu einem Nachuntersuchungszeitraum von fünf Jahren belegt. Über den erfolgreichen Einsatz bei größeren Läsionen wird ebenfalls berichtet.
Kalk als limitierender Faktor
Eine Einschränkung für das Verfahren stellen stark verkalkte Gefäße dar. Beim Aufdehnen des Ballons wird das Medikament zwar an die Gefäßwand gedrückt, es kann die Kalkschicht aber nicht durchdringen und so seine Wirkung nicht voll entfalten. Erste Ideen zur Lösung dieses Problems gibt es bereits. Im Rahmen einer sogenannten Atherektomie könnte der Kalk zunächst mit bestimmten technischen Hilfsmitteln herausgezogen oder -gesägt werden, um das Medikament dann über den Ballon zu applizieren.
Ballon ist nicht gleich Ballon
„Wie wir inzwischen wissen, gibt es hinsichtlich der Effektivität der medikamentenbeschichteten Ballons große Unterschiede“, so Tepe. Und das, obwohl alle mit dem Medikament Paclitaxel arbeiten. Grund hierfür ist der sogenannte Spacer, über den das Medikament an dem Ballon befestigt ist. Die richtige Bindung ist hier kriegsentscheidend. Eine zu feste Bindung einerseits und auch eine zu frühe Ausschüttung des Medikaments, noch vor der Dilatation, andererseits – beides hat unbefriedigende Ergebnisse zur Folge.
Rasantes Entwicklungspotenzial
Medizinprodukte in diesem Bereich sind einem sehr schnellen Wandel unterworfen. Kaum ist ein Produkt auf dem Markt, wird es sukzessive verbessert. Bereits nach fünf Jahren handelt es sich um ein mehr oder weniger neues Produkt. Angesichts dieser hohen Schlagzahl sind auf lange Zeiträume ausgelegte Anwendungsstudien undankbar. Selbst wenn ein gutes Langzeitergebnis nachgewiesen wird, hilft das nicht weiter, weil das Produkt, mit dem die Studie durchgeführt wurde, so nicht mehr auf dem Markt verfügbar ist. Deshalb kommen vor allem vergleichende Langzeitstudien zu kurz. Sie werden von den neuen Entwicklungen links überholt, verfügen über ein zu geringes Budget und ihre Probandenzahlen sind zu gering. Wann ist welcher Ballon am besten geeignet? Antworten auf diese Fragen sind zurzeit leider schwierig zu bekommen.
Keine Experimente
Trotzdem ist die Auswahl des Ballons für Prof. Tepe aber natürlich keine Bauchentscheidung: „Prinzipiell benutze ich in der klinischen Routine nur Ballons, für die klinische Daten vorliegen. Damit reduziert sich die Auswahl zwar auf zwei, drei Modelle beziehungsweise Firmen, aber man ist auf der sicheren Seite“, so der Radiologe abschließend.
Im Profil
Prof. Dr. Gunnar Tepe hat nach seine Facharztausbildung für Diagnostische Radiologie am Universitätsklinikum Tübingen absolviert, wo er seit 1997 das Labor für Experimentelle Interventionelle Radiologie leitete. Im Jahr 2003 habilitierte er mit einer Arbeit über „Radioaktive Stents zur Prävention der Restenose nach Ballonangioplastie beim Weißen Neuseelandkaninchen“ – 2006 erfolgte die Berufung zum außerplanmäßigen Professor. Nach verschiedenen leitenden Tätigkeiten in Tübingen übernahm der gebürtige Bremer 2009 die Leitung des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Klinikum Rosenheim.
28.05.2014