RECIST setzt neue Maßstäbe

Seit dem Jahr 2000 bilden die Response Evaluation Criteria In Solid Tumours (RECIST) die internationalen Standards zur Therapiekontrolle in der Onkologie. In der Radiologie nahm man lange Zeit keine Notiz von diesen Leitlinien, spielten sie doch lediglich im Rahmen von pharmakologischen Studien eine Rolle. Mittlerweile fordern aber immer mehr Onkologen im klinischen Setting Bilddaten ein, die nach den dedizierten Untersuchungs- und Messparametern der RECIST-Empfehlungen angefertigt und ausgewertet werden. Höchste Zeit also für Radiologen, die RECIST-Kriterien näher kennenzulernen.

Prof. Dr. Hans-Christoph Becker
Prof. Dr. Hans-Christoph Becker

Einer, der sich bereits bestens damit auskennt, ist Prof. Dr. Hans-Christoph Becker, Oberarzt der Computertomographie am Institut für Klinische Radiologie, LMU München. Er beobachtet eine internationale Trendwende beim Reporting der Response: „Die Forderungen der Onkologen nach definierten Beurteilungskriterien, die das Ansprechen und die Progression von Läsionen beim Therapiemonitoring einheitlich dokumentieren, werden immer lauter.

Die RECIST-Kriterien haben sich dabei in der klinischen Forschung – vor allem bei Phase II-Studien zu Chemotherapeutika – bereits so gut bewährt, dass sie auch immer häufiger Eingang in die klinische Praxis finden.“ Schon bald, davon ist Becker überzeugt, werden sie in die radiologische Routine eingehen. Die Vorteile im Vergleich zu einer intuitiven Befundung liegen klar auf der Hand: RECIST sorgt für objektive, quantitative und reproduzierbare Bildinformationen. Dadurch werden diese Kriterien auch zu einer wichtigen Rechtsgrundlage, um Therapieänderungen faktisch zu begründen. Aktuell beruhen die RECIST-Kriterien auf einer Auswertung von über 6.000 Datensätzen.

Was genau ändert sich also im Befundungsprozess? „Bisher hat es ausgereicht, die letzte Untersuchung mit der aktuellen zu vergleichen. Bei dieser Strategie sieht man allerdings häufig kleine Größenaufnahmen, die nicht signifikant sind. Mit den RECIST-Guidelines wird der Therapieerfolg zukünftig in seinem Gesamtverlauf verfolgt“, erläutert der Experte. „Größenaufnahmen werden in diesem Fall nur dann evident, wenn sie 20 % Tumorwachstum im Vergleich zum besten Therapieansprechen anzeigen. Um eine sichere Kontrolle zu gewährleisten, werden dafür sowohl in der initialen Untersuchung als auch im Follow-up eine definierte Anzahl von soliden Tumoren ab einer definierten Größe in einer definierten Modalität eindimensional gemessen.“

Schwierig wird es mit neuen Therapieverfahren im Zusammenhang mit Angiogeneseinhibitoren, die die Durchblutung und Gefäßneubildung von Tumoren unterdrücken, aber die Läsionen nicht signifikant schrumpfen lassen. Mit einfachen Volumetriemessungen kommt man hier nicht weiter. Deshalb wurden die RECIST-Kriterien jetzt um neue Leitlinienempfehlungen für bestimmte Tumorentitäten erweitert. Die wichtigsten modifizierten RECIST-Kriterien (mRECIST) wurden für das Hepatozelluläre Karzinom und das Mesotheliom sowie für gastrointestinale Stromatumoren (CHOI-Kriterien) veröffentlicht. Die Läsion wird dabei nicht nur ausgemessen, sondern gleichzeitig auch die Dichte-Kontrastmittelaufnahme im Tumorgewebe berücksichtigt.

Funktionelle Bildgebungsverfahren haben bisher nur in die sogenannten CHESON-Kriterien Einzug gehalten, die für Patienten mit Lymphomen gelten. Neben dem Größenparameter werden in diesen Fällen auch die FDG-Aufnahme im PET-CT beurteilt. „Die Perfusionsbildgebung ist aus den RECIST-Guidelines bisher ausgeschlossen, weil sie erstens bei weitem noch nicht standardisiert ist und zweitens, nicht jeder die technischen Möglichkeiten zu ihrer Durchführung vorweisen kann“, begründet Prof. Becker.

Manuell ist eine statistische Ausarbeitung eines patientenbasierten Therapieverlaufs fast nicht mehr zu leisten. Deshalb bereiten sich zurzeit eine ganze Reihe von Firmen auf dedizierte Softwarelösungen vor oder haben entsprechende Computerprogramme bereits auf den Markt gebracht, die die gezielte Auswertung von Bilddaten nach den RECIST-Kriterien erlauben. „Das RECIST-Regelwerk ist zum Teil sehr komplex“, bestätigt der Oberarzt. „Neben der Größenbestimmung fließen eine Reihe weiterer Parameter in die Beurteilung mit ein, wie z.B. Time-to-Progression, die alle berechnet werden müssen. Hier sind computergestützte Diagnose-Tools eine große Hilfe.“

Inwiefern die RECIST-Kriterien das Patienten-Outcome zuverlässig vorhersagen können, sei derzeit noch schwer zu sagen, meint Prof. Becker: „Es ist eher andersherum: Seit es die Leitlinien gibt, werden die RECIST-Kriterien auch angefordert. Das Bewusstsein für standardisierte Reportingstrukturen im Allgemeinen wächst. Neben der Strahlenexposition ist dieses Thema im Bereich der CT zurzeit einfach das meistdiskutierte in der Radiologie.“

 

Im Profil

Prof. Dr. Hans-Christoph Becker aus Gießen absolvierte in den 1980ern eine Ausbildung zum Krankenpfleger in Hanau, bevor er sich für ein Medizinstudium entschied. Er besuchte die Universitäten Budapest, Homburg/Saar und München.

Seit 2001 ist Becker als Oberarzt am Institut für Klinische Radiologie der LMU München tätig. Der heute 47-jährige Familienvater wurde außerdem 2009 zum Professor für Radiologie mit Schwerpunkt nichtinvasive kardiale Bildgebung ernannt.

 

05.01.2012

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