Von zwölf auf ein Millisievert...

... auf diese knappe Formel lässt sich die Dosis-reduktion herunterbrechen, die in der vergangenen Dekade bei der Herz-CT erreicht wurde.

Jeder Radiologe kann die kleinen Kniffe zur Dosiseinsparung schnell und einfach lernen, nur leider tun es nicht alle. Der Strahlenschutzkurs in Garmisch-Partenkirchen bietet Gelegenheit, sich in die vielseitigen Möglichkeiten zur Dosisminderung einzuarbeiten.

Herz CT
Herz CT

Als Referenten stehen so renommierte Experten wie Prof. Dr. Jörg Hausleiter, Stellvertretender Klinikdirektor und Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik I der Ludwig-Maximilians-Universität München, zur Verfügung. Der Kardiologe war an mehreren Studien beteiligt, die die Maßnahmen zur Dosisreduktion auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft haben. Und das mit staunenswerten Resultaten.

„Lange Zeit war die Diagnosestellung einer koronaren Herzerkrankung nur durch eine Herzkatheteruntersuchung möglich. Ein minimal-invasives Prozedere, das mit einigem Aufwand verbunden und für den Patienten etwas unangenehm ist“, weiß Prof. Hausleiter, „zumal viele der Betroffenen unter unspezifischen Brustschmerzen leiden, die später nicht auf eine Atherosklerose, sondern auf andere Ursachen zurückgeführt werden können.“ Gerade für diese Patientengruppe, bei der die Wahrscheinlichkeit einer Stenose oder gar eines Gefäßverschlusses relativ gering einzuschätzen ist, bietet die Herz-CT mittlerweile eine schonende und schnell verfügbare Alternative zur Herzkatheteruntersuchung.

Jörg Hausleiter ist wesentlich für den Aufbau und die Etablierung der nicht invasiven kardialen Diagnostik mittels Mehrschicht-Computertomographie in Deutschland mitverantwortlich. In den vergangenen sechs Jahren hat er sich intensiv damit beschäftigt, welche einzelnen Schritte zu unternehmen sind, um die Strahlendosis bei der Herz-CT zu senken, ohne dabei die Bildqualität zu beeinträchtigen. Jeder dieser Schritte wurde in einer eigenen Studie, die in Kooperation mit anderen internationalen Zentren realisiert wurden, genauestens evaluiert. „Als Erstes haben wir herausgefunden, dass die Dosis um 30 Prozent gemindert werden kann, indem man bei nicht übergewichtigen Patienten die Röhrenspannung von üblichen 120 kV auf 100 kV absenkt“, berichtet der Kardiologe, „dabei haben wir uns Erfahrungen aus der Kinderradiologie zunutze gemacht, wo dem Thema ‚Strahlendosis‘ bereits sehr viel früher Beachtung geschenkt wurde.“

In der zweiten Studie wurde ein völlig neuartiger Untersuchungsmodus getestet. „Dabei handelte es sich um die axiale Technik im Vergleich zur Spiralakquisition. Die Untersuchungsergebnisse waren identisch, aber die Dosis konnte um 70 Prozent reduziert werden“, sagt Hausleiter. Im Folgenden hat das Forscherteam dann eine ganz neue Untersuchungsmethode auf Herz und Nieren geprüft. Die Dual-Source-Technologie der Firma Siemens arbeitet mit zwei Röntgenröhren und zwei Detektoren, die synchron rotieren und gleichzeitig Daten aufnehmen. Tatsächlich, bestätigt der Münchner Oberarzt, lasse sich mithilfe von Dual Source die Kardio-CT mit ≤ 1 mSV durchführen. In der letzten Studie drehte sich alles um die Bildnachverarbeitung und um die Erkenntnis, dass die gleichzeitige Verwendung von iterativen Rekonstruktionsalgorithmen und 30 Prozent weniger Röhrenstrom ebenfalls eine Dosiseinsparung von 30 Prozent gegenüber Standardrekonstruktionen mit normaler Röhrenstromleistung erzielt.

So lässt sich an vielen kleinen Stellschrauben drehen, um die Strahlenexposition zu verringern. Warum aber werden die Potenziale der Dosisreduktion bei der Herz-CT nicht allerorts ausgeschöpft? Prof. Hausleiter hat da so seine Vermutungen: „Methoden zur Dosisreduktion verlangen nicht nach 08/15-Strategien, sondern nach individualisierten Untersuchungsprotokollen unter Einbeziehung des Patienten, des Herzrhythmus sowie der technischen Gegebenheiten des vorhandenen CTs. In den meisten radiologischen Abteilungen bedient eine MTRA das Gerät, und zwar in Abwesenheit des Arztes. Das ist letztendlich für diese Form der maßgeschneiderten Untersuchung ein fragwürdiges Konzept. Die MTRA kann noch so hervorragend geschult sein, sie verfügt trotzdem weder über den medizinisch-ärztlichen Hintergrund noch hat sie die Verfügungsgewalt, um die Protokolle anzupassen. Die Verantwortung liegt bei den Ärzten. Deshalb ist es so schwierig, solche neuen Entwicklungen durchzusetzen, wenn der Radiologe nicht von Anfang an bei der Untersuchung dabei ist.“ Nachdem er also den wissenschaftlichen Beweis erbracht hat, wartet auf Prof. Hausleiter nun die praktische Aufklärungsarbeit an vorderster Kollegenfront.

IM PROFIL
Der Internist und Kardiologe Prof. Dr. Jörg Hausleiter, 46, gehörte viele Jahre zum ärztlichen und wissenschaftlichen Team am Deutschen Herzzentrum München (DHM). Im Rahmen seiner kardiodiagnostischen Forschungsarbeit ging er Ende der 1990er Jahre für zwei Jahre an das Cedars-Sinai Medical Center, Los Angeles, USA. Zuletzt war er Oberarzt der kardiologischen Intensivstation am Münchener Herzzentrum, bevor er im Oktober 2012 seine Tätigkeit als Stellvertretender Klinikdirektor der Medizinischen Klinik I der Ludwig-Maximilians-Universität München aufnahm. Im Dezember 2011 wurde er zum Professor für Innere Medizin der TU München ernannt.

20.01.2014

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