Punktgenau den Tumor treffen
Die transrektale ultraschallgezielte Prostatabiopsie (TRUS) ist eine gute, aber keine perfekte Methode. Denn in 20 Prozent der Fälle gelingt es damit nicht, ein vorhandenes Prostatakarzinom auch tatsächlich zu treffen“, erklärt Univ.- Prof. Dr. Thomas Helbich.
Die TRUS-Biopsie ist eine sogenannte Sextantenbiopsie, das heißt, es wird nicht gezielt Gewebe entnommen, sondern man biopsiert viele Stellen eines breiten Areals, um das Karzinom zu treffen. Da kann schon mal eine Läsion unentdeckt bleiben. Eine weitaus größere Treffsicherheit bietet die MRTgestützte Prostatabiopsie.
„Mit der MRT-gestützten Prostatabiopsie wird das verdächtige Areal punktgenau biopsiert“, bekräftigt Helbich, „die Wahrscheinlichkeit, dass ein Karzinom nicht diagnostiziert wird, ist sehr gering.“ Die Angaben über die Treffsicherheit in der Literatur schwanken zwischen 95 und 100 Prozent. „Die MRTgestützte Prostatabiopsie ist keine Konkurrenz, sondern eine komplementäre Maßnahme“, betont Helbich. TRUS ist die schnellere und kostengünstigere Variante. Die MRT-gestützte Prostatabiopsie kommt zum Beispiel dann zum Einsatz, wenn eine TRUS-Biopsie negativ ausgefallen ist, aber weiterhin der Verdacht auf ein Prostatakarzinom besteht, etwa aufgrund hoher PSAWerte. Ein Einsatzgebiet ist auch die kontrollierte Beobachtung von Prostatakarzinomen. Bei kleinen, wenig aggressiven Prostatakarzinomen wird heutzutage aufgrund einer Risiko-Nutzen- Abwägung immer häufiger abgewartet, wie sich die Erkrankung entwickelt, bevor eine operative Therapie oder eine Strahlentherapie durchgeführt wird. Und zur Beobachtung bedürfe es eben einer wirklich verlässlichen Bildgebung, sagt Helbich.
Drei Fragen an Prof. Helbich:
Sie sind als Spezialist für Mammadiagnostik bekannt. Warum haben Sie nun auf die Prostata umgesattelt?
Ich sehe mich als Experte für Tumordiagnostik. Somit gibt es auch kein UmsattelnTumordiagnostik. Somit gibt es auch kein Umsatteln. Mein wissenschaftlicher Schwerpunkt führte mich zuerst in die Brustdiagnostik. Dieser Weg war lehrreich und eröffnet neue Möglichkeiten. Trotz der unterschiedlichen Tumorarten gibt es viele Gemeinsamkeiten bei Brust- und Prostatatumoren. Aus dem Gebiet des Brustkarzinoms kann man Lehren für das Prostatakarzinom ziehen und umgekehrt. Die bei der Prostatadiagnostik übliche multiparametrische, molekulare Bildgebung wird nunmehr auch vermehrt in der Brustdiagnostik eingesetzt. Die bewährte BIRADS-Klassifizierung (Breast Imaging Reporting and Data System) zum Beispiel ist mittlerweile von der Brust auf die Prostata umgelegt worden und findet dort in Form von PIRADS (Prostate Imaging Reporting and Data System) Anwendung. Das ist ein Paradigmenwechsel.
Wo sehen Sie die Prostatadiagnostik in zehn Jahren?
Zum einen wird es zum Masseneinsatz der Ultraschallsonographie kommen. Zum anderen wird die multiparametrische MRT einen enormen Aufschwung erleben, wobei multiparametrisch sowohl eine Vielzahl an MRT-Parametern als auch eine Kombination von MRT- und PETParametern bedeuten kann. Durch den Einsatz von MRT plus PET plus Tracer, die sich an bestimmte Tumoroberflächenrezeptoren binden, kann die Unterscheidung zwischen normalem Prostatagewebe und Karzinom deutlich verbessert werden. Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung nichtinvasive Biopsie: Man wird versuchen, immer mehr Informationen aus der Bildgebung herauszuholen, um diese als Goldstandard zu etablieren.
Gibt es eigentlich Reibereien mit den Urologen?
Nein. Die sehen das ganz entspannt. Die MRTgestützte Prostatabiopsie ist keine Konkurrenz, sondern eine komplementäre Maßnahme zur TRUS. Für die heutige Generation von Urologen ist der Einsatz bildgebender Verfahren etwas Selbstverständliches.
Im Profil:
Univ.-Prof. Dr. Thomas H. Helbich, MSc, MBA, ist stellvertretender Vorstand der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Medizinischen Universität Wien. Der gebürtige Niederösterreicher leitet als Experte für die Diagnostik des Mammakarzinoms auch das Breast Imaging Departments der Universität Toronto. Von 2009 bis 2011 war er Präsident der European Society of Breast Imaging (EUSOBI).
Veranstaltung:
Raum Holthusen
Sa., 31.5. 2014,
13:30 - 13:45 Uhr
Monitoring neoadjuvanter
Chemotherapie
Helbich T. / Wien
Session: Mamma II –
Klinische Mamma MRT
23.05.2014