Ein Mann unterzieht sich einer Strahlentherapie gegen Prostatakrebs

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News • Ergänzung intensivierter systematischer Therapie

Prostatakrebs: Studie zeigt Nutzen von Strahlentherapie-Kombo

Noch vor wenigen Jahren war die Prognose von Patienten mit Prostatakarzinom, bei denen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits Metastasen vorlagen, sehr schlecht. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug oft nur wenige Wochen oder Monate.

Zwischenzeitlich hat die Forschung neue Therapiestrategien/-kombinationen entwickelt, die zu einer stetigen Verbesserung des Gesamtüberlebens beigetragen haben. Patienten mit metastasierten, hormonsensitiven Prostatatumoren, die sich in einem guten Allgemeinzustand befinden, wird gemäß der aktuellen Leitlinie eine intensivierte systemische Therapie empfohlen. Dabei handelt es sich um eine Behandlung, in der – je nach Tumorlast – die Bausteine Androgenentzugstherapie, Hormontherapie mit Abirateron, Kortison und Chemotherapie (mit Docetaxel) kombiniert werden. Die Strahlentherapie spielte in dieser Situation bisher keine Rolle – doch dieses könnte sich nun vor dem Hintergrund einer aktuellen randomisierten Phase-3-Studie ändern. 

Die Studie untersuchte, ob die Hinzunahme der Strahlentherapie die Prognose der Patienten weiter verbessern kann. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in vier Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 erhielt die Standardbehandlung (Androgenentzugstherapie allein oder mit sechs Zyklen intravenösem Docetaxel 75 mg/m² alle 3 Wochen), Gruppe 2 die Standardtherapie plus Abirateron (oral 1.000 mg Abirateron einmal täglich plus oral 5 mg Prednison zweimal täglich), Gruppe 3 die Standardtherapie plus eine Strahlentherapie (74 Gy in 37 Fraktionen über 7 bis 8 Wochen) und Gruppe 4 die Standardbehandlung plus Strahlentherapie und Abirateron. Die Strahlentherapie war auf die Prostata beschränkt; es lag jedoch im Ermessen der Ärzte, auch die Samenblasen und Beckenlymphknoten mit zu bestrahlen.

Die Bestrahlung der Prostata in Kombination mit einer intensivierten systemischen Behandlung [...] führte bei allen Patienten, auch unabhängig von der Tumorlast, dazu, dass die Kastrationsresistenz signifikant hinausgezögert wurde und urologische Beschwerden wie häufiges Wasserlassen oder Schmerzen beim Wasserlassen reduzierte

Wilfried Budach

Insgesamt wurden 1.172 Patienten randomisiert: 296 in Gruppe 1, 292 in Gruppe 2, 293 in Gruppe 3 und 291 in der vierten Gruppe. 505 Patienten hatten eine hohe Tumorlast, ihr Anteil war in allen Gruppen ähnlich hoch (25% – 25,1%). Primäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben und das radiographische progressionsfreie Überleben, je nachdem, welches Ereignis (Tod oder Progression) zuerst eintrat. Das mediane Follow-up betrug nach Randomisierung sechs Jahre (IQR 5,1–7,0). 

Wie sich im Ergebnis zeigte, brachte die Hinzunahme der Strahlentherapie hinsichtlich des Gesamtüberlebens in keiner der Studiengruppen einen Vorteil – allerdings wurde ein hoher Nutzen für bestimmte Patienten im Hinblick auf das progressionsfreie Überleben beobachtet: Bei Patienten mit einer geringen Tumorlast, die zur Standardtherapie auch Abirateron erhielten, hatte die zusätzliche Strahlentherapie einen signifikanten Effekt: Während bei 74/126 der nicht bestrahlten Patienten eine radiographische Progression beobachtet wurden, war das nur bei 55/126 der bestrahlten Patienten der Fall. Das führte zu einem deutlich besseren radiographischen progressionsfreien Überleben: 3,1 Jahre in der Gruppe 2 (Standardtherapie plus Abirateron) vs. 7,5 Jahre in Gruppe 4 (Standardtherapie plus Abirateron plus Strahlentherapie). Die zusätzliche Bestrahlung führte bei den mit Abirateron behandelten Patienten mit geringer Tumorlast insgesamt zu einer 35%-igen Risikoreduktion der radiographischen Progression. 

In der Patientengruppe mit hoher Tumorlast führte die Hinzunahme der Strahlentherapie zur alleinigen Standardtherapie zwar nicht zu einer Reduktion von Progressionsereignissen (87/127 vs. 89/126), doch wie sich zeigte, profitierten auch diese Patienten im Hinblick auf einen anderen, im klinischen Alltag bedeutsamen Faktor: Die Strahlentherapie verlängerte in allen Gruppen, und auch unabhängig von der Tumorlast, die Zeit bis zur sogenannten Kastrationsresistenz des Tumors, also bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Hormontherapie nicht mehr wirkt. „Für die Betroffenen stellt das einen Wendepunkt dar. Wenn Hormonentzug und -blockade ihre Wirkung verloren haben, gibt es nicht mehr viele medikamentöse Therapieoptionen. Perspektivisch bleibt dann oft nur noch die palliative Therapie, die nicht mehr das Ziel der Lebenszeitgewinnung hat, sondern den Fokus auf die Lebensqualität legt“, erklärt Universitätsprofessorin Dr. Stephanie Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO). 

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Auf die Frage, warum die Radiotherapie in der Patientengruppe mit geringer Tumorlast, die auch mit Abirateron behandelt wurde, neben dem Hinauszögern der Kastrationsresistenz auch das Rückfallrisiko senkte, erklärt die Expertin: „Das können wir noch nicht mit abschließender Sicherheit sagen, aber möglicherweise wirken hier sogenannte abskopale Effekte.“ Darunter versteht man eine antitumorale Wirkung der Strahlentherapie, die über das eigentliche Bestrahlungsfeld hinausgeht. Vermutet wird, dass die durch die Bestrahlung absterbenden Zellen bestimmte Moleküle freisetzen, die Krebszellen für Tumortherapien anfälliger machen. „Diesen Effekt, dass die Strahlentherapie die Wirkung einer anderen Behandlung verstärkt, haben wir bereits bei den modernen Immuntherapien gegen Krebs beobachtet. Abirateron wird zwar zur Hormontherapie eingesetzt, ist aber ein Steroid, also ebenfalls ein Medikament das immunmodulatorisch wirkt. Daher liegt die Vermutung nahe, dass hier ganz ähnliche Effekte eine Rolle spielen könnten“, erklärt Prof. Combs. 

Darüber hinaus ging die zusätzliche Strahlentherapie in dieser Studie mit einem weiteren wichtigen Vorteil für die Patienten einher, denn es kam unter der Therapie zu weniger schweren urogenitalen Komplikationen. Bei den Patienten mit geringer Tumorlast betrug die Rate dieser Nebenwirkungen in der Standardgruppe 26% und in der Vergleichsgruppe, die zusätzlich auch bestrahlt worden war, 11,1%. Ähnlich groß war der Unterschied bei den Patienten mit hoher Tumorlast (23,3% vs. 12,2%). „Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Bestrahlung der Prostata in Kombination mit einer intensivierten systemischen Behandlung mit Abirateron in der Studie zwar nicht zu einer Lebensverlängerung führte, aber bei Patienten mit geringer Tumorlast das progressionsfreie Überleben verlängern konnte. Außerdem führte sie bei allen Patienten, auch unabhängig von der Tumorlast, dazu, dass die Kastrationsresistenz signifikant hinausgezögert wurde und urologische Beschwerden wie häufiges Wasserlassen oder Schmerzen beim Wasserlassen reduzierte“, betont DEGRO-Generalsekretär Prof. Dr. Wilfried Budach. „Diese Ergebnisse sprechen dafür, die Strahlentherapie als Baustein in die Standardtherapie von metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinomen aufzunehmen.“ 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie

06.12.2024

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