News • Axin & Conductin

Neuer Ansatz im Kampf gegen Darmkrebs

Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben einen Weg gefunden, das Wachstum von Darmkrebszellen stark zu reduzieren.

Das Team um Dr. Dominic Bernkopf vom Lehrstuhl für Experimentelle Medizin II der FAU hat ein Peptid entwickelt, das in Darmkrebszellen eindringen und deren Wachstum stark abschwächen kann. Die aktuellen Forschungsergebnisse, die vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) der FAU gefördert wurden, haben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht

Darmkrebs ist ein bösartiger Tumor im Dickdarm oder Mastdarm und zählt zu den häufigsten Krebsarten weltweit. Allein in Deutschland sind 483.000 Menschen daran erkrankt. „In über 90 Prozent aller Darmkrebsfälle zeigt der so genannte Wnt-Signalweg eine erhöhte Aktivität und bedingt dadurch das Tumorwachstum“, erklärt Dr. Bernkopf. Der Wnt-Signalweg ist eine Art biochemisches Netzwerk der Zelle, dessen Aktivität in gesunden Zellen streng reguliert ist. In Tumorzellen dagegen ist der Wnt-Signalweg unkontrolliert aktiv, führt zu einer gesteigerten Zellteilung und begünstigt das Wachsen des Tumors. „Ist die Wnt-Signalweg-Aktivität erhöht, wird auch mehr Conductin produziert“, ergänzt der Molekular-Medinziner. Conductin, auch Axin 2 genannt, ist ein negativer Regulator des Wnt-Signalwegs und sorgt in gesunden Zellen dafür, dass der Wnt-Signalweg nicht zu stark aktiviert wird. „In Tumorzellen reichen jedoch auch große Conductin-Mengen nicht aus, um das Anwachsen von Tumoren zu verhindern. Genau hier setzt unsere Forschung an.“

Unser Peptid hat Potenzial als neuer, gezielter Therapieansatz bei der Darmkrebsbehandlung – natürlich muss zuvor die Wirksamkeit in vivo nachgewiesen und im positiven Fall durch klinische Studien belegt werden

Dominic Bernkopf

Die Forschungsgruppe am Lehrstuhl für Experimentelle Medizin II der FAU, der von Prof. Dr. Jürgen Behrens geleitet wird, hat nun einen neuen Mechanismus entdeckt, über den sich die Aktivität von Conductin steigern lässt. „Es ist uns gelungen, ein kurzes Peptid zu entwickeln, das in die Krebszellen eindringt, dort an das Conductin andockt und dadurch die Polymerisierung von Conductin zu einem hochmolekularen Komplex auslöst“, sagt Dr. Dominic Bernkopf. Die neuen Komplexe aus Conductin-Proteinen sind deutlich aktiver als das vereinzelt in der Zelle verteilte Conductin. Sie hemmen gezielt den Signalweg, der das Zellwachstum in den allermeisten Fällen von Darmkrebserkrankungen bedingt. „Entscheidend ist, dass unser Peptid das Wachstum von Darmkrebszellen in Forschungsreihen stark reduzieren konnte“, fasst Dr. Bernkopf die Forschungsergebnisse zusammen. „Unser Peptid hat Potenzial als neuer, gezielter Therapieansatz bei der Darmkrebsbehandlung – natürlich muss zuvor die Wirksamkeit in vivo nachgewiesen und im positiven Fall durch klinische Studien belegt werden.“

Im Forschungsprojekt konzentrierten sich die Wissenschaftler auf die Gerüstproteine Axin und Conductin. Beide erfüllen die gleiche Funktion – sie sind Schlüsselfaktoren für die negative Regulation des Wnt-Signalwegs – weisen aber auch deutliche Unterschiede auf. „Unsere Daten zeigen, dass Axin, welches von Anfang an Polymere ausbildet, deutlich aktiver ist als Conductin“, so der Molekular-Mediziner. „Wir wollten wissen, warum das so ist und welche Domäne für das unterschiedliche Verhalten der beiden Proteine verantwortlich ist.“ Ein Protein kann aus einer einzelnen Domäne oder aus mehreren bestehen, eine Domäne entspricht dabei meist einem zusammenhängenden Abschnitt der Aminosäuresequenz. „Wir führten Experimente durch, bei denen einzelne Domänen zwischen Axin und Conductin ausgetauscht wurden“, sagt Dr. Bernkopf. „Überraschenderweise stellten wir dabei fest, dass allein die RGS-Domänen das Verteilungsmuster von Axin und Conductin bestimmen. Während die Axin-RGS-Domäne die Polymerisation zulässt, verhindert die Conductin-RGS-Domäne diese Reaktionsfolge.“ Auf dieser Grundlage entwickelten die Forscher ein kurzes Peptid, das die Schwachstelle beim Conductin umgeht und so die Polymerisation ermöglicht.


Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

24.10.2019

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