Artikel • Fettleber
MRT bei Stoffwechselerkrankungen
In den letzten Jahren machen sich Radiologen zunehmend das Potenzial der hochspezifischen MRT zunutze, um zu erforschen, wie man dieses bildgebende Verfahren als nichtinvasiven Biomarker nutzen kann, um den Bedarf für Biopsien zur Messung des Therapieerfolgs zu senken.
Ob es dabei Fortschritte gibt, darüber spricht Professor Scott Reeder, stellvertretender Vorsitzender des Bereiches Forschung und Chef der MRT am Fachbereich für Radiologie an der Universität von Wisconsin.
In seiner Präsentation „MRT der Leber: Stoffwechselkrankheiten“ legt er die zunehmende Anwendung der MRT als Biomarker zur Messung von Körpereigenschaften, mit besonderem Schwerpunkt auf Stoffwechselkrankheiten und metabolischem Syndrom, dar. Unter dieser Überschrift lässt sich „die volle Breite der Abnormalitäten“ abbilden. Prof. Reeder wird jedoch spezifisch auf die Themen Diabetes und Übergewicht eingehen und über die Nutzung der MRT zur Diagnose und Therapiekontrolle dieser Krankheiten berichten, insbesondere über die abnormale Ablagerung von Fett in der Leber.
Reeder: „Übergewichtige Patienten mit Typ-2-Diabetes haben oft vermehrt Fett in der Leber. Der genaue ursächliche Zusammenhang wird jedoch noch nicht ganz verstanden: Wird Fett abgelagert, weil der Patient Diabetes hat, oder führt das Fett möglicherweise erst zur Entwicklung von Diabetes?“.
Ein anderes Thema ist laut dem Spezialisten die vermehrte Ansammlung von Fett im Abdominalbereich. Hier ist die Frage, ob es sich um viszerales Fett oder subkutanes Fett handelt, weil auch diese Faktoren Einfluss auf die mit der Adipositas einhergehenden Komplikationen haben.
In den letzten fünf Jahren wurde intensiv an der Entwicklung nichtinvasiver Methoden gearbeitet, um diese Krankheitsmerkmale zu quantifizieren. Die MRT hat sich dabei als besonders aussagekräftige bildgebende Methode etabliert, denn neueste Trends legen nahe, dass dank MRT die Krankheit nun früher diagnostiziert werden kann. „Eine der Komplikationen von Fett in der Leber ist, dass Patienten Leberentzündungen, Fibrosen und sogar Zirrhosen entwickeln. Als Diagnostiker haben wir anders als früher jetzt besonders das Frühstadium im Blick, weil wir die Brisanz der Ablagerung von abnormalem Fett in der Leber erkannt haben. Wenn wir die Patienten behandeln können, bevor sie eine Zirrhose entwickeln, ist das natürlich sehr vorteilhaft“, kommentiert Reeder.
Doch hat diese Entwicklung auch zu Schwierigkeiten und Herausforderungen geführt. Denn die Stärke der MRT ist gleichzeitig auch ihre Schwäche: „Einer der besonderen Aspekte der MRT besteht darin, dass die Signalstärke von einer großen Anzahl von physikalischen und biologischen Determinanten abhängt. Das macht das Verfahren so ergiebig, weil damit alle möglichen Gewebeeigenschaften gemessen werden können. Leider bedeutet es aber auch, dass uns diese vielen Faktoren daran hindern, ganz bestimme Eigenschaften des Gewebes zu quantifizieren.“
Limitierende Faktoren sind beispielsweise die Art des Scanners, mit dem gearbeitet wird, oder Schwankungen der Messwerte von Tag zu Tag. Werden diese Informationen, die Einfluss auf das Signal haben, bei der Erfassung des Leberfetts nicht berücksichtigt, beeinträchtigt das die Präzision und wichtiger noch die „Reproduzierbarkeit“ der Messungen. Die Gesetzmäßigkeiten dieses Prozesses zu verstehen, so Reeder, sei bisher die größte Herausforderung gewesen – mittlerweile hätten die Radiologen das jedoch besser im Griff.
Ich denke, dass wir in etwa fünf Jahren ein genaueres Bild davon haben werden, wie die neuen Methoden im klinischen Bereich genutzt werden können.
Professor Scott Reeder
Nachdem inzwischen die bildgebenden Methoden weiter verfeinert wurden und ein besseres Verständnis der Gesetzmäßigkeiten zu mehr Konstanz geführt hat, rücken Fortschritte bei der Nutzung der MRT für die Beurteilung von Stoffwechselkrankheiten und der Entwicklung von Medikamenten in greifbare Nähe. „Es gibt mittlerweile Interesse bei den Pharmaunternehmen, die MRT als Biomarker zu nutzen statt zu biopsieren, um den Therapierfolg zu messen“, so Prof. Reeder und fügt hinzu: „Ich denke, dass wir in etwa fünf Jahren ein genaueres Bild davon haben werden, wie die neuen Methoden im klinischen Bereich genutzt werden können.“
In jedem Fall wird es zu einem vermehrten Einsatz nichtinvasiver, bildgebender Biomarker kommen, die potenziell die Notwendigkeit von Biopsien reduzieren, sowie zum Einsatz gezielter MRT-Untersuchungen, die für Patienten weniger belastend sind und zu präziseren Ergebnissen führen.
„Statt einer einstündigen MRT-Untersuchung werden wir Kernspinuntersuchungen in 20 Sekunden durchführen, um ganz spezifische Fragen beantworten zu können“, so Prof. Reeder abschließend.
Profil:
Professor Scott Reeder ist stellvertretender Leiter des Bereiches Forschung und Chief der MRT am Fachbereich für Radiologie an der Universität von Wisconsin sowie stellvertretender Direktor des Programms für medizinische wissenschaftliche Weiterbildung an der School of Medicine and Public Health. Er wechselte im Jahre 2005 von der Stanford University, wo er seinen Facharzt für Radiologie absolvierte und ein Stipendium für abdominale sowie kardio-vaskuläre Bildgebung erhielt, an die Universität von Wisconsin-Madison. Scott Reeder, der ursprünglich aus Kanada stammt, ist ebenfalls Direktor des Programms zur Erforschung bildgebender Verfahren für die Leber an der Universität von Wisconsin. Er erforscht technologische Entwicklungen und die Umsetzung neuer bildgebender Verfahren, insbesondere quantitativer, bildgebender Biomarker, um Erkrankungen der Leber zu untersuchen. Sein besonderes Forschungsinteresse gilt der Entwicklung neuer MRT-Methoden zur Quantifizierung abdominaler Adipositas, Leberfett, Eisenüberladung und anderer Merkmale diffuser Leberkrankheiten.
Veranstaltungshinweis
Freitag, 03.02.2017, 12:30-12:50 Uhr
MRT der Leber: metabolische Erkrankungen
S. B. Reeder, USA-Madison
Session: Abdomen & Becken
03.02.2017