Artikel • Hybrid
Lymphome: Mit der FDG-PET/CT sieht man besser
Die Bildgebung ist eine wichtige Grundlage für die Diagnostik von pathologischen Lymphknoten und Organmanifestationen von Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen – von der Erstuntersuchung über die Therapiekontrolle bis hin zur Nachsorge.
Noch gilt die Computertomographie in Deutschland als unangefochtene Bildgebungsmethode Nummer eins, um nodale und extranodale Lymphom-Manifestationen im Hals, Thorax und Abdomen nachzuweisen. Doch die F-18-FDG-PET/CT wird sich auch hierzulande weiter durchsetzen, ist sich Dr. Melvin D’Anastasi, Facharzt für Radiologie und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Klinische Radiologie des Klinikums der Universität München, sicher.
In Deutschland wird die PET/CT-Untersuchung mit F18-FDG aktuell nur für sehr spezifische Ausnahmeindikationen von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Das wird sich zukünftig ändern.
Dr. Melvin D’Anastasi
„In anderen Teilen Europas und in den USA ist die F18-FDG-Positronenemissionstomographie schon fest verankert im Staging-Algorithmus hochmaligner Lymphome, die einen erhöhten Glukosemetabolismus aufweisen. In Deutschland wird die PET/CT-Untersuchung mit F18-FDG aktuell nur für einige wenige, sehr spezifische Ausnahmeindikationen von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Das wird sich aber zukünftig ändern, denn zurzeit laufen mehrere multizentrische klinische Studien, die noch mehr valide Daten zum Nutzen des Verfahrens an größeren Patientenkollektiven liefern“, zeigt sich Dr. D‘Anastasi zuversichtlich. Im Grunde aber ist die Datenlage schon jetzt eindeutig.
Bereits im Jahr 2014 wurde die international anerkannte Lugano-Klassifikation (früher Cheson-Kriterien) verabschiedet, welche die F-18-FDG-PET/CT als Standardbildgebung für das prä- und posttherapeutische Staging von FDG-aviden Lymphomen empfiehlt. Dazu zählen auch die zwei häufigsten Lymphomtypen, das Hodgkin-Lymphom und diffus großzellige B-Zell-Lymphome (DLBLC), die beide bei adäquater Behandlung sehr gute Heilungschancen haben. Durch F-18-FDG lässt sich der erhöhte Zuckerstoffwechsel in vitalen Tumorzellen nachweisen. Der Aviditätsgrad wird anhand einer 5-Punkte-Skala, dem sogenannten Deauville-Score, bewertet, der ebenfalls in die Lugano-Klassifikation als wesentliche Neuerung mit aufgenommen wurde. „Vorher bestand eine gewisse Interobserver-Variabilität in der Beurteilung der FDG-Aufnahme in den Lymphomen“, erklärt D’Anastasi. „Dieses Problem wurde durch den Deauville-Score behoben. Ebenfalls neu ist die Einführung eines empfohlenen Grenzwertes für die Beurteilung der Milzgröße bei der Befundung des Lymphoms.“
Obwohl die F-18-FDG-PET für die Diagnostik von aggressiven Lymphomen also weltweit als Standard anerkannt ist, wird sie in Deutschland nur nach Ende der Chemotherapie zur Beurteilung der Vitalität von morphologisch sichtbarem Restgewebe beim Hodgkin-Lymphom zur Indikationsstellung für eine ergänzende Radiotherapie von den gesetzlichen Krankenkassen vergütet. Maßgeblich zur Etablierung der Indikationsstellung bei der Beurteilung des Therapieansprechens hat die randomisierte klinische HD15-Studie (Lancet. 2012 May 12;379(9828):1791-9) der German Hodgkin Study Group beigetragen. Dabei wurden Patienten nach Chemo- und Radio-therapie mit PET-positiven Restbefunde ≥ 2,5 cm einer zusätzlichen Bestrahlung unterzogen, Patienten mit PET-negativen Ergebnissen nicht. Durch diese Vorgehensweise konnte die Zahl der unnötigen Bestrahlungen von 70 auf 15 Prozent gesenkt werden (Abbildung 1).
Durch die PET/CT werden häufig zusätzliche Lymphomherde entdeckt, was bei 15 – 20% der Patienten zu einer Änderung des klinischen Stadiums führt.
Dr. Melvin D’Anastasi
Für das Primärstaging bei Lymphomen mit der F-18-FDG-PET/CT lässt sich ein verbessertes Outcome nicht so konkret nachweisen wie beim Restaging. Fest steht, dass die Einschätzung des initialen Tumorstadiums direkten Einfluss auf das Therapiemanagement hat. Die Stadienbeurteilung erfolgt nach der letzten modifizierten Form der Ann-Arbor Klassifikation (Cheson et al 2014; J Clin Oncol 32:3059-3067). „Dazu muss man sagen, dass die Stadieneinteilung stark abhängig ist von der Sensitivität und Spezifität der Bildgebungsmethode, die man anwendet“, räumt der Radiologe ein. „Durch die PET/CT werden häufig zusätzliche Lymphomherde entdeckt, was bei 15 – 20 Prozent der Patienten zu einer Änderung des klinischen Stadiums führt, meist in Form eines Upstagings, und in 5 – 15 Prozent der Fälle zu einer Änderung des therapeutischen Vorgehens. Darüber hinaus ist die PET/CT bei der Detektion von extranodalen Lymphommanifestationen und Knochenmarksinfiltrationen der konventionellen CT ebenfalls diagnostisch überlegen.“ Die CT allein hat also ihre Grenzen, aber durch den differenzierten Einsatz von morphologischen und funktionellen Kombinationsverfahren lässt sich viel erreichen.
Profil:
Dr. Melvin D’Anastasi wurde auf Malta geboren, wo er auch sein Medizinstudium absolvierte. Im Jahr 2008 kam er nach Deutschland und begann seine Facharztweiterbildung am Institut für Klinische Radiologie am Universitätsklinikum München. Ein ESOR (European School of Radiology) Stipendium der ESR (European Society of Radiology) führte ihn im Herbst 2013 für drei Monate an das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York. Seit 2015 ist Dr. D’Anastasi ausgebildeter Facharzt für Radiologie mit Schwerpunkt onkologische und urologische Bildgebung. Dr. D’Anastasi beschäftigt sich auch mit der kriterienbasierten Befundung im Rahmen von klinischen onkologischen Studien und ist Co-Coordinator des CT Studienzentrums am Institut für Klinische Radiologie am Universitätsklinikum München. Der 32-Jährige engagiert sich u.a. als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Onkologische Bildgebung der DRG und des Education Committees der European Society of Oncologic Imaging.
03.05.2016