Fernüberwachung
Konnektivität bleibt der Motor des mHealth-Markts
2016 nutzten mehr als sieben Millionen Menschen medizinische Fernüberwachung, in erster Linie für das Herzrhythmus-Management und die Schlafapnoe-Therapie. Diese Zahl wird schwedischen Experten zufolge massiv steigen, da die Anbindung an Server und Clouds immer einfacher wird.
Report: Mélisande Rouger
Bis 31. Dezember 2016 nutzten 7,1 Millionen Patienten nutzten Health-Angebote, d. h. medizinische Geräte zur Fernüberwachung wurden im Rahmen der Behandlung eingesetzt, berichtete das schwedische M2M/IoT Marktforschungsinstitut Berg Insight zu Beginn dieses Jahres. Schätzungen zufolge wird die Zahl der Fernüberwachungspatienten bei einer jährlichen Wachstumsrate von 50 Prozent bis zum Jahr 2021 auf etwa 50,2 Millionen ansteigen.
Der mHealth-Markt wächst zwar schnell, sein Potenzial ist aber noch lange nicht ausgeschöpft, vor allem, weil die vorhandene Technologie noch nicht flächendeckend genutzt wird, so Anders Frick, Senior Analyst bei Berg Insight. „Wir gehen davon aus, dass mehr als 200 Millionen Menschen weltweit von einer medizinischen Fernüberwachung profitieren würden. Verglichen damit sind sieben Millionen noch ziemlich wenig“, erklärte Frick gegenüber European Hospital.
Die meisten Fernüberwachungsgeräte werden derzeit für das Herzrhythmus-Management und die Schlafapnoe-Therapie eingesetzt. Medtronic oder ResMed gehören zu den wichtigsten Playern auf diesem Gebiet, deren Umsatz sich 2016 auf 5,1 Mrd. Euro belief. Insgesamt generierte der Bereich medizinische Fernüberwachung 7,6 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2016.
Angesichts des erwarteten Marktwachstums werden sich die Gewinne in den kommenden fünf Jahren aller Voraussicht nach vervierfachen. „Wir erwarten eine Umsatzsteigerung auf 32,4 Mrd. Euro im Jahr 2021, wobei das Herzrhythmus-Management und die Schlafapnoe weiter eine zentrale Rolle spielen werden. Allerdings werden auch Medikamenten-Compliance, Blutzucker-Monitoring, Telehealth und andere Fernüberwachungsgeräte immer wichtiger,“ prognostiziert Frick.
Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes und Bluthochdruck stellen die Mehrheit der Fernüberwachungs-Anwender. Ihnen könnte die Technologie besonders beim Monitoring anderer Faktoren helfen, die mit ihrer Primärerkrankung verbunden sind.
In einer älter werdenden Bevölkerung ist die Fernüberwachung gerade für ältere Menschen zunehmend Bestandteil der medizinischen Versorgung. Da diese Anwender nicht so gut mit Tablets oder Smartphones vertraut sind, sollten sich die Unternehmen über geeignete Strategien Gedanken machen, empfiehlt Frick. „Sowohl die Technologien als auch die Benutzeroberflächen werden immer besser. Unternehmen, die ganz oben mitspielen wollen, müssen dafür sorgen, dass ihre Produkte möglichst einfach und angenehm in der Handhabung sind“, fügte er hinzu.
Medizinisch nicht verordnete Überwachungs- und Lifestyle-Produkte könnten zu einer weiteren Umsatzsteigerung in diesem Bereich beitragen, so Frick: „Die Verbraucher nutzen heute Geräte, mit denen sie sowohl ihre Aktivitäten überwachen als auch Indikatoren wie Gewicht, Blutdruck etc. messen. Wenn diese Menschen, aus welchem Grund auch immer, dann Patienten werden, sind sie bereits daran gewöhnt, ihre eigenen Daten zu messen und zu verfolgen. Das heißt, die Hemmschwelle, ähnliche Produkte zu medizinischen Zwecken zu verwenden, ist wesentlich geringer.“
Es gibt noch weitere Faktoren, die das Wachstum des Marktes beeinflussen werden: Immer mehr klinische Studien erfordern Fernüberwachung, Krankenversicherungen und Zahler geben Anreize zu ihrer Nutzung, die nationalen Gesundheitssysteme fördern sie und die klinische Evidenz wird ihre Kosteneffizienz belegen. Der aktuell wichtigste Trend, so Frick, ist die Konnektivität: „Immer mehr Patienten nutzen ihre Tablets oder Smartphones und verbinden sich mit einen Server oder der Cloud.“
Da Gesundheits-Apps und -Geräte gigantische Datenmengen generieren und diese Daten via Cloud immer häufiger mit Dritten geteilt werden, müssen sich die Hersteller dringend mit dem Thema Datenschutz auseinandersetzen. „Wenn die Grenze zwischen einem Medizinprodukt und einem Lifestyle-Produkt unscharf ist, versuchen sich sowohl etablierte Unternehmen als auch Startups als wichtige Akteure im mHealth-Datenökosystem zu positionieren. Die nationalen Systeme der elektronischen Gesundheitsakte, Gerätehersteller, App-Anbieter und die Technologie-Giganten wie Google, Apple und Microsoft bieten sich für die Datenspeicherung an. Ein Trend geht zum Datenaustausch in Clouds von Fremdanbietern. Für Endverbraucher, Ärzte und Gesundheitseinrichtungen ist es wichtig, dass sie einen Ort für ihre Daten wählen, der mit möglichst vielen Standards arbeitet, so dass die Daten problemlos exportiert werden können“, so Frick abschließend.
PROFIL:
Anders Frick hat einen Master in Media Technology der Universität Linköping und einen MBA in Technology Management der National Chiao Tung University. Zu seinen Fachgebieten gehören IoT, Smart Homes und mHealth. Bevor er Analyst wurde, arbeitete er mehr als 10 Jahre als Journalist in den Ressorts Technologie, Wirtschaft und Innovation.
25.04.2017