Patient Engagement

Kommunikation als Wettbewerbsvorteil

Rund 10.000 Health-Apps soll es allein im deutschsprachigen Raum geben. Krankenhäuser sollten sich nicht die Frage stellen, ob, sondern wie sie diese neuen Möglichkeiten für sich und ihre Patienten nutzen. In der IT herrscht Handlungsbedarf.

Report: Claudia Dirks

Andreas Henkel ist Leiter des Geschäftsbereichs IT an der Uniklinik Jena.
Andreas Henkel ist Leiter des Geschäftsbereichs IT an der Uniklinik Jena.
Quelle: Szabo

Health-Apps sind in aller Munde. Einige, womöglich viele sind darunter, die das Zeug haben, beispielsweise die Therapiequalität zu verbessern, die Adhärenz kranker Patienten zu steigern und einige tun simpel nur etwas für das Image des Hauses. Doch auch das wird in Zeiten digitaler Kommunikation immer wichtiger im Kampf um die Patienten – der eher zunehmen wird, glaubt man den Zukunftsszenarien einiger Beratungsgesellschaften.

Weniger Betten, höhere Fallzahlen

Basierend auf einer Umfrage unter Krankenhausgeschäftsführern hat Deloitte in der Health Care Strategiestudie von 2016 beispielsweise festgestellt, dass der Wettbewerb um Patienten weiter zunimmt. Nicht überraschend, stellt man die Zahlen der vergangenen den Prognosen zukünftiger Jahre gegenüber. So werden die Fallzahlen stationär behandelter Patienten von heute zirka 19 Millionen jährlich auf über 22 Millionen im Jahr 2030 anwachsen. Bereits in 2015 hatte es den größten Fallzahlanstieg der vergangenen Jahre gegeben.

Sofern die Anzahl der Krankenhäuser weiter sinken wird, müssen sich die verbleibenden Marktteilnehmer demnach auf höhere Fallzahlen bei wachsendem Kostendruck einstellen. Denn, laut Studie, sind die stationären Fallzahlen seit 1998 deutschlandweit um etwa 14 Prozent gestiegen, während die Kosten der stationären Krankenversorgung um insgesamt 64 Prozent (inflationsbereinigt: 29 Prozent) angewachsen sind. Hinzukommt, dass zwar die Erlöse im gleichen Zeitraum um 8,6 Prozent gestiegen sind, die durchschnittlichen Kosten pro Fall jedoch um rund 10 Prozent.

Den Stier bei den Hörnern packen

Krankenhäuser sollten die Zunahme patientenindividueller Gesundheitsdaten als Chance, nicht als Bedrohung wahrnehmen. Verknüpft mit Datentransparenz über Kosten- und Erlösstrukturen lassen sich Standards generieren, die für eine signifikant verbesserte Prozesskette verantwortlich zeichnen können. Wer sich um diesen Informationsaustausch initiativ kümmert, wird auch besser gegen den sich abzeichnenden Konsolidierungsdruck auf dem Krankenhausmarkt gewappnet sein. Eine langfristige Patientenbindung gilt als Erfolgsgarant im Kampf um künftige Kunden.

Die allermeisten Krankenhäuser haben sich jedoch noch nicht entschieden, wie sie sich auf diese Herausforderungen vorbereiten sollten. Sicher ist nur eins: Ein Zurück gibt es nicht mehr. Dass das viele Häuser bereits begriffen haben, zeigte sich auch auf dem diesjährigen Entscheider Event, bei dem sich vier der fünf gewählten IT-Schlüssel-Themen für das kommende Jahr um Kommunikation rund um Patient und Leistungserbringer drehen. Das sollte Mut machen.

Kommunikation entlang der Behandlungskette

Für die Häuser bedeutet das einen Kraftakt; schließlich müssen sie sich nicht nur auf der Prozessebene mit neuen, digitalen Kommunikationswegen befassen. Ihre Aufgabe ist ungleich komplizierter. Sie haben die Gratwanderung zwischen Daten-, Mitarbeiter- und Patientenschutz zu bewältigen. Ihr Ziel ist die Einbindung der „digital assistierten Bürger“ in die Behandlung, um eine bessere und sichere Versorgung anbieten zu können.

Aus diesem Grund arbeiten nicht nur die Unikliniken Aachen, Jena, Düsseldorf und Schleswig-Holstein, sondern auch die großen kommunalen und privaten Gesundheitsunternehmen, wie Vivantes und Helios an IT-Plattformen, die dem Sicherheitsbedürfnis des Gesundheitswesens entsprechen und dennoch die Apps in ihren Möglichkeiten nicht allzu sehr amputieren. Ihr Anliegen ist die Behandlung ihrer Patienten, sowohl medizinisch als auch sozial, durch digitale Faktoren zu verbessern. Sei es durch Informationsfluss am Point-of-Care der behandelnden Ärzte oder der Patienten. Sie finden ihre Ansatzpunkte entlang der gesamten Behandlungskette bis hin zum postoperativen Qualitätsmanagement oder der Einbeziehung Angehöriger. Schöne neue Welt.

21.04.2017

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