Gut oder böse?

MRT ermöglicht therapiekritische Differenzierung bei Nierenzellkarzinomen

Die Inzidenz des Nierenzellkarzinoms nimmt weltweitinsbesondere aufgrund von Lifestyle- und Umweltfaktoren zu. Sie liegt in Deutschland bei 22,9/100.000 für Männer beziehungsweise 12,7/100 000 für Frauen.

83 J., w, mittelgradig differenziertes
klarzelliges NCC; pT1b, pNx, Mx,...
83 J., w, mittelgradig differenziertes
klarzelliges NCC; pT1b, pNx, Mx, G2:
ADC-, F- und D-Werte für den Tumor
und das Parenchym
Tumor; ADC: 1,67 μm2/ms, F: 29,3 %,
D: 1,24 μm2/ms,
Kontrollbereich: ADC: 2,10 μm2/ms,
F: 20,4 %, D: 2,40 μm2/ms

Nach dem Prostata- und Blasenkarzinom ist es das dritthäufigste urologische Malignom – hierzulande beträgt die Zahl der Neuerkrankungen circa 11.000. Zugleich steigen die Heilungschancen bei der Entdeckung in frühen Tumorstadien, erläutert Prof. Dr. Peter Hallscheidt. Zwischen 60 und 70 Prozent der Karzinome werden bei asymptomatischen Untersuchungen identifiziert. Zur präzisen Evaluierung der Tumoren leistet die MRT-Bildgebung einen ausschlaggebenden Beitrag.

"Die Analysemöglichkeiten auf Basis von MRT haben sich in den vergangenen Jahren wesentlich weiterentwickelt", fügt der Darmstädter Radiologe und außerplanmäßige Professor des Universitätsklinikums Heidelberg hinzu: „Wir können heute nicht mehr nur Tumoren nachweisen und stagen – auch Aussagen zur Gut- oder Bösartigkeit eines Tumors lassen sich treffen. Kontrastmitteldynamik und, ganz neu, Diffusionsbildgebung sind die geeigneten Methoden, um bei Nierentumoren solche weitergehenden Differenzierungen vorzunehmen. So lasst sich bereits vor einem operativen Eingriff feststellen, um welche Art eines Tumors sich handelt, was wiederum einen Einfluss auf die Planung der Operation hat“.

MRT ist die Modalität der Wahl, Hybridverfahren spielen, so der Experte, bislang in der Routine noch keine Rolle. Jährlich nehmen 30 bis 40 Patienten an den Studien teil, die das Team seit etwa 15 Jahren durchführt. „Gestartet haben wir damals mit Staging-Untersuchungen in CT und MRT. Im Zuge des technologischen Fortschritts haben wir unsere Analysen immer weiter verfeinert und auch spezielle Protokolle zur optimalen Bildgebung von Nierentumoren entwickelt“, erinnert sich der Experte. Mit den erwähnten Methoden gelingt es den Radiologen inzwischen, unterschiedliche Stadien der Bösartigkeit nachzuweisen. So können unterschiedliche Gradings mit der Kontrastmittelaufnahme korreliert werden.

Detaillierte Diagnostik ermöglicht Organerhalt

Chirurgen operieren heute zunehmend organerhaltend. Diese kleinräumige Entfernung mit Sicherheitsabstand setzt eine detaillierte Diagnose der Tumorsituation voraus – etwa hinsichtlich der Infiltration des Umgebungsgewebes. Auch hier hat der Radiologe wieder eine wichtige Unterstützung zu leisten: „Ein guter radiologischer Befund ist nicht mehr nur eine Beschreibung eines Nierentumors, sondern bezieht diese wichtigen Informationen mit ein“, unterstreicht der Darmstädter Experte. Neue Scores wie PADUA und RENAL berücksichtigen für die OP-Planung nicht nur das Tumorstadium, intersondern auch das Kriterium, wie tief der Tumor in der Niere positioniert ist und ob sich eine Resektion durchfuhren lasst.

Verfeinerung der Diagnostik als Ziel

„Unser Ziel als Radiologen muss somit sein, unsere Diagnostik immer weiter zu verfeinern“, betont Prof. Hallscheidt. Die Heidelberger und Darmstädter Ergebnisse zeigen: Frühe Erkennung, therapiekritische Differenzierung, organerhaltende Eingriffe – in dieser Behandlungskette mit zunehmend besserem Patienten-Outcome spielt der Radiologe mit seiner präzisen Analyse eine ausschlaggebende Rolle. Diese Anforderungen an die Disziplin steigen auch im Hinblick auf weitere Organe, wie etwa der Prostata.

IM PROFIL

Prof. Dr. Peter Hallscheidt, seit 2012 Radiologe in Darmstadt und außerplanmäßiger Professor des Universitätsklinikums Heidelberg, begann 1995 mit der Diagnostik von Nierentumoren in CT und MRT an der Universitätsklinik Heidelberg. Die ersten CT-Untersuchungen im Multi-Slice-CT konnten ebenso wie die ersten Studien zur Diffusion von Nierentumoren mit histopathologischer Korrelation durchgeführt werden. Prof. Hallscheidt hat die Deutschen als auch die europäischen Leitlinien zur Diagnostik des Nierenzellkarzinoms verfasst. Aus seiner Arbeitsgruppe Urogenitale Bildgebung kommen auch wesentliche Arbeiten zur Diagnostik des weiblichen Beckens bei Malignomen und der Senkung. Er ist Herausgeber des Buches „Urogenitale Bildgebung“ und Autor von über 20 Buchkapiteln.

29.05.2013

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