Grundlagen der Finanzierung einer Digitalisierung im Krankenhaus

von Daniel Greulich

Nur wenige Themen haben die Investitionslandschaft im Krankenhaus in den letzten Jahren so sehr geprägt wie die Digitalisierung von Patientendaten und Röntgenbildern. In den meisten Fällen können die Anschaffungskosten für ein RIS/PACS-System inzwischen nicht mehr aus Förder- oder Eigenmitteln geleistet werden. Die Mittel sind begrenzt und oft schon für Ersatzbeschaffungen verplant.

Daniel Greulich
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Da allein für die Beschaffung und Integration eines RIS/PACS-Systems je nach Größe des Krankenhauses sechs- bis siebenstellige Investitionskosten zu stemmen sind, stellt sich also mit der Anschaffung zugleich auch die Frage nach der Art der Finanzierung.

Für die Fremdfinanzierung kommen unter anderem Leasing-, Mietkauf- oder Darlehenslösungen in Betracht. Während die Hausbanken bei der Finanzierung von Mobilien und insbesondere bei EDV-Projekten in der Regel auf einer dinglichen Besicherung bestehen, bieten Leasinggesellschaften als Objektfinanzierer Lösungen auch ohne Grundschuldeintragung an.

Doch anders als bei medizinischen Großgeräten, bei denen der Blanko-Anteil einer Finanzierung durch die Gegenüberstellung von Tilgungs- und Werteverlauf ermittelt werden kann, ist der Wiedervermarktungswert eines RIS/PACS-Systems, dessen Investitionskosten sich überwiegend aus begrenzt verwertbaren Softwarelizenzen und hohen Dienstleistungsaufwendungen für die Integration zusammensetzen, keine geeignete Basis für eine Absicherung des Leasinggebers. Dennoch gelingt es Leasingunternehmen, Investitionen in die Digitalisierung ohne zusätzliche Sicherheiten dann zu finanzieren, wenn die ökonomischen Vorteile der Investition aufgezeigt werden können.

Zwar stehen der RIS/PACS-Anschaffung keine Einnahmen aus dem DRG-System gegenüber, die Wirtschaftlichkeit der Investition ist jedoch anhand der generierbaren Einsparungen bei den Betriebs- und Prozesskosten nachweisbar. Der Wegfall von Kosten für die Filmentwicklung – anfänglich ein beliebtes Argument der Industrie – reicht allerdings für die Amortisation der Investitionskosten eines RIS/PACS-Systems in einem vertretbaren Nutzungszeitraum nicht aus. Erst unter Einbeziehung der Prozesskostenvorteile kann die Amortisation innerhalb von vier bis fünf Nutzungsjahren gelingen. Daher sollten Investitionsentscheider und Finanzierer den Blick zusätzlich auf die Effizienz- und Leistungssteigerungen des Krankenhausbetriebs lenken, die durch Verbesserungen der Ablaufprozesse (Workflow) erreicht werden können.

Einerseits entfallen zeitintensive manuelle Archivierungstätigkeiten, andererseits optimiert der jederzeit mögliche (Mehrfach-)Zugriff auf die digitalen Bilddaten innerhalb des gesamten Krankenhauses (Fachabteilungen, Ambulanz und OP) die Arbeitsprozesse. Außerdem kann der Befundungszeitraum verkürzt und bei komplexen Fällen (zum Beispiel in der Notfallversorgung) kann eine Zweitmeinung eingeholt beziehungsweise externe Fachkompetenz einbezogen werden. Somit lässt sich die Untersuchungs- und Behandlungsqualität steigern. Die Therapie beginnt zügiger, die Wartezeit und die Verweildauer für die Patienten sinken, was für mehr Zufriedenheit sorgt. Und last, but not least bedeutet die Digitalisierung auch, dass Großgeräte gemeinsam genutzt und für teleradiologische Zwecke eingesetzt werden können.

Um die sich in der Praxis aufdrängende Sinnhaftigkeit der Digitalisierung auch ökonomisch zu belegen, sollten die tatsächlichen Vorteile individuell vom Krankenhausmanagement im Rahmen einer Nutzenanalyse präzise quantifiziert werden. Denn es gilt die einfache Regel: Ist der bewertbare Nutzen höher als die Anschaffungs- und Finanzierungskosten des RIS/PACS-Systems, ist auch die Finanzierbarkeit durch einen Fremdkapitalgeber unproblematisch. Insofern ist für die Leasinggesellschaft die Nutzenanalyse ein wesentliches Entscheidungsinstrument für die ansonsten allein auf Basis der Jahresabschlussunterlagen durchzuführende Bonitätsprüfung.

Anders als bei werthaltiger Medizintechnik ist jedoch klar, dass im Rahmen der Bonitätsprüfung bei der Finanzierung einer Digitalisierung ausschließlich das Going-Concern-Prinzip* zugrunde zu legen ist. Der Anspruch an die Bonität des Krankenhauses ist aus Sicht des Leasinggebers hier ungleich höher, denn die Investitions- und Finanzierungskosten werden erst im Verlauf der Nutzungsjahre durch die erzielbaren Einsparungen bei Personal-, Material- und Prozesskosten amortisiert.

* Das Going-Concern-Prinzip bedeutet die Bonitätsprüfung unter der Prämisse, dass das Krankenhaus als Unternehmen fortgeführt wird und dauerhaften Bestand hat. Im Gegensatz dazu gibt es die Betrachtung unter der Prämisse der Liquidation/Zerschlagung eines Unternehmens. In diesem Fall würde der Schwerpunkt ausschließlich auf der Verwertbarkeit sowie den erzielbaren Preisen für das Unternehmensvermögen liegen. Unter diesem Ansatz ist die Finanzierung eines RIS/PACS-Systems aufgrund geringer Wiedervermarktungschancen sowie hoher Integrationskosten eher kritisch.
 

Im Profil

Daniel Greulich, Jahrgang 1973, studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finanzierung
und Investition an der FHTW Berlin. Bereits als Vertriebsmitarbeiter bei der EDG Leasing GmbH spezialisierte der
gebürtige Bernauer sich auf das Segment Gesundheitswesen. Seit 2006 ist er als Vertriebsmitarbeiter bei der VR Medico Leasing GmbH tätig und betreut dort als regionaler Verkaufsleiter Großkunden wie Krankenhäuser und Facharztpraxen.

01.10.2010

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