Bildquelle: Universität Basel, Tomás A. Martins
News • Neuer Therapieansatz
Glioblastom: mehrfacher Angriff auf Hirntumor
Glioblastome sind die häufigsten bösartigen Hirntumore bei Erwachsenen. Therapien, die den aggressiven Tumor dauerhaft zum Verschwinden bringen, gibt es bisher nicht: Zu vielfältig sind die Tumorzellen, zu tumorfreundlich seine Mikroumgebung.
Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel haben nun eine Immuntherapie entwickelt, die nicht nur den Tumor angreift, sondern auch sein Mikroumfeld gegen ihn richtet.
Die Wissenschaftler veröffentlichen ihre Erkenntnisse im Fachjournal Nature Communications.
CAR-T-Zellen bringen seit einigen Jahren neuen Schwung in die Immuntherapien gegen Krebs. Das Prinzip: Fachleute nehmen T-Zellen des Patienten und programmieren sie im Labor so um, dass sie mithilfe eines Rezeptors (chimeric antigen receptor oder CAR) Strukturen auf den Krebszellen erkennen können. Zurück im Körper machen sie dann Jagd auf die Krebszellen und merzen sie aus. Bei verschiedenen Leukämien ist dieser Ansatz bereits sehr erfolgreich.
Da wir die Therapie lokal injizieren und nicht über die Blutbahn verabreichen, sollten sich die Nebenwirkungen auf den restlichen Körper in Grenzen halten
Gregor Hutter
Bei festen Tumoren im Allgemeinen und bei Hirntumoren im Besonderen gibt es jedoch einige Hürden, die dem Erfolg von CAR-T-Zellen im Wege stehen: Erstens können die Krebszellen-Jäger nicht gut in den Tumor eindringen. Zweitens weisen nicht unbedingt alle Krebszellen des Geschwürs die Struktur auf, die von den T-Zellen erkannt und angegriffen wird. Und drittens haben feste Tumore im Gewebe ein Mikroumfeld, das Immunangriffe abwehrt. "Insbesondere im Gehirn, wo T-Zellen normalerweise nicht vorkommen, ist die Umgebung recht T-Zell-feindlich", erklärt Prof. Dr. Gregor Hutter von der Universität Basel und dem Universitätsspital Basel.
Mit seinem Team sucht Hutter nach Möglichkeiten, Glioblastome zu bekämpfen. Diese Hirntumore sind leider hartnäckig: Nach Operation und Therapie kommen sie meist zurück. Die durch die Operation gewonnene Zeit ließe sich jedoch nutzen, um patienteneigene T-Zellen im Labor zu CAR-T-Zellen umzuprogrammieren. Werden diese direkt in den neu wachsenden Tumor injiziert, überwindet man die Hürde, dass die CAR-T-Zellen nicht gut in das Geschwür eindringen können. Dort greifen diese therapeutischen Zellen alle Krebszellen an, die die Erkennungsstruktur tragen.
Die von Hutters Team entwickelten CAR-T-Zellen haben außerdem noch ein gewisses Extra, das auf die Veränderung des Mikroumfelds abzielt. Dafür geben die Forschenden den therapeutischen T-Zellen auch den Bauplan für ein Molekül mit. Mit diesem lassen sich die Signale blockieren, mit denen der Tumor Immunzellen in seiner Umgebung für seine eigenen Zwecke einspannt. Denn mit diesen Signalen macht der Tumor die Immunzellen, genauer gesagt Mikroglia und Makrophagen, zu Verrätern am eigenen Körper: Statt den Krebs anzugreifen, verhindern sie, dass das Immunsystem ihn angreift.
Wenn das eingeschleuste Molekül die Tumorsignale jedoch unterbindet, können Makrophagen und Mikroglia die CAR-T-Zellen bei ihrem Angriff auf das Glioblastom unterstützen. Auch auf jene Krebszellen, die das spezifische Erkennungsmerkmal gar nicht tragen.
Bei Versuchen mit Mäusen, denen die Forschenden menschliche Glioblastomzellen eingesetzt hatten, erwies sich die neue Therapie bereits als sehr erfolgreich: Die CAR-T-Zellen brachten sämtliche Krebszellen zum Verschwinden. Parallel testete das Forschungsteam den Ansatz auch gegen Lymphome, also Krebsgeschwüre des Lymphsystems. Auch hier erwies sich die Therapie als vielversprechend.
Im nächsten Schritt wollen Hutter und sein Team die Therapie in einer ersten klinischen Studie Patienten anbieten, um die Wirksamkeit und Sicherheit zu überprüfen. "Da wir die Therapie lokal injizieren und nicht über die Blutbahn verabreichen, sollten sich die Nebenwirkungen auf den restlichen Körper in Grenzen halten", so Gregor Hutter. Mögliche Nebenwirkungen auf das Nervensystem – wie sie von anderen CAR-T-Zelltherapien schon bekannt sind – und wie gut sich diese im Zaum halten lassen, könne jedoch erst im Rahmen von Studien evaluiert werden.
Quelle: Universität Basel
12.11.2024