Fünf Freunde in der Radiologie

Sie sind nicht nur die Gründerväter des MRT-Symposiums Garmisch, sondern vielmehr die drei Musketiere der Magnetresonanztomographie – John Doppman, Joseph Lissner und Alexander Margulis. Mit außerordentlicher Sachkenntnis, Engagement und vor allem mit Visionen bewaffnet fochten sie für „ihre“ bahnbrechende Technologie.

Prof. Alexander Margulis
Prof. Alexander Margulis

Fochten? Nein, pardon, fechten – denn Prof. Alexander Margulis ist auch mit knapp 90 Jahren noch lange nicht bereit, Mantel und Degen abzulegen. Zu stark ist sein Interesse an den aktuellen Entwicklungen in der MRT und vor allem an ihrer Zukunft. Und als Chronist einer Zeit, da die MRT gerade laufen lernte, richtet er zum diesjährigen Symposium einen nostalgischen Blick zurück.

Wie alles begann …

Das MRT-Symposium in Garmisch entsprang einer einmaligen Mischung aus Interesse an der Radiologie und engen persönlichen Freundschaften. Alles begann mit Professor Lissner, der, so erzählt Alexander Margulis, ein „großer Visionär“ und überzeugt war, dass die MRT – damals noch NMR genannt – künftig eine eminent wichtige Technologie sein würde. Zu der Zeit als Lissner Leiter der Radiologie an der Universitätsklinik München war, verbrachte ein US-amerikanischer Kollege ein Sabbatical bei ihm: Professor John Doppman, damals Radiologe an den National Institutes of Health (NIH) in Bethesda, Maryland. Die beiden freundeten sich an und organisierten 1982 den ersten CT-Kongress in Seefeld, Österreich, an dem 400 Radiologen teilnahmen. Trotz des fachlichen Erfolgs dieses Meetings war Lissner mit den Gegebenheiten in Seefeld nicht zufrieden, und so blieb es zunächst bei der einmaligen Veranstaltung. 1985 fand Josef Lissner dann einen Ort, der ihm mehr zusagte: Garmisch-Partenkirchen, am Fuße der Alpen gelegen und mit einem nagelneuen Kongresszentrum ausgestattet, das 1.000 Zuhörern Platz bot, war der ideale Ort um den wissenschaftlichen Austausch und die freundschaftliche Begegnung von Radiologen aus ganz Europa zu verbinden, erinnert sich Margulis.

Lissner bat Margulis um Unterstützung bei der Organisation des Garmischer Kongresses. Die beiden hatten sich 1983 näher kennen gelernt, und Lissner wusste, dass Margulis an der University of California in San Francisco sehr intensiv an der MRT arbeitete und sie zur klinischen Reife brachte, indem er neue Sequenzen entwickelte. „Wir konzipierten die simultane Akquisition mehrerer Schichten und die Spiralsequenz, auf der ein Großteil der modernen MRT basiert“, erinnert sich Margulis an seine Zeit an der University of California, wo in den 1980er Jahren die MRT-Innovation entscheidend mitgestaltet wurde. Umso erstaunlicher, dass sich die internationale MRT-Familie zu ihrer „Jahresfeier“ nicht irgendwo an der Pazifikküste jenseits der Golden Gate Bridge in Marin County traf und trifft, sondern im Werdenfelser Land.

Das Familiäre und Freundschaftliche hat sich der MRT-Kongress in Garmisch bei aller Internationalität bewahrt. Neue Freunde sind hinzugekommen, allen voran Professor Maximilian Reiser in direkter Nachfolge von Lissner. Und auch Professor Hedvig Hricak, RSNA-Präsidentin in 2010 und seit mehr als 30 Jahren mit Alexander Margulis verheiratet, sorgt von New York aus dafür, dass die einmalige Mischung aus Wissensvermittlung für den klinischen Alltag und kontroverser Diskussion über die Perspektiven der MRT den Takt in Garmisch angeben.


… und wo die Reise hingeht

In Zukunft wird es in der Medizin, so Margulis, vermehrt darum gehen, Krankheiten zu verstehen und zu diagnostizieren, bevor sie eine Chance haben, akut zu werden. Tracer werden dabei die zentrale Rolle spielen – sofern die Radiochemie mit dem Innovationstempo der radiologischen Technik Schritt halten kann. Konkret sind es zwei innovative Bereiche, für die sich Alexander Margulis begeistert: Hybrid Imaging und Interventionelle Radiologie. Die Hybridbildgebung, da ist sich der Experte sicher, wird sich sowohl in der diagnostischen als auch in der interventionellen Radiologie durchsetzen, da sie es ermöglicht, die Vorteile der verschiedenen Modalitäten kombiniert zu nutzen. PET-CT ist bereits etabliert und die MR-PET wird eine Revolution, ist diese Technologie erst einmal ausgereift. Von der interventionellen Radiologie verspricht sich Margulis ebenfalls große medizinische Fortschritte und verweist zum Beispiel auf die Arbeit am Center for Image-Guided Interventions (CIGI) des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, wo mit der Unterstützung der PET bereits jetzt Tumore zerstört werden.


Wie MRI und Interventionelle Radiologie zu ihren Namen kommen

Alexander Margulis ist ein Begriff in der Radiologie, und Begriffe sind es auch, die die Radiologie unter anderem ihm verdankt.
„Früher hieß MRI ja NMR – nuklearmagnetische Resonanz, eine Bezeichnung, die mir zu eindimensional und negativ besetzt für diese großartige Technik schien. Da half es, als in den USA in den 1980er Jahren von der Cleveland Clinic das Nuclear Resonance Imaging Center eröffnet wurde, und es Proteste in der Nachbarschaft gab, weil die Menschen sich vor den zu Unrecht vermuteten radioaktiven Strahlen fürchteten. Dieser Zwischenfall sorgte dafür, dass wir den Begriff Magnetic Resonance Imaging durchzusetzen konnten – das klang nicht so gefährlich und betonte die Bildgebung, um die es bei diesem Verfahren ja vor allen anderen Dingen geht.

„Als President der Association of University Radiologists sollte ich einmal ein Editoral für das American Journal of Roentgenology schreiben. Damals entfernten wir zum Beispiel Gallensteine mit Hilfe von T-Drainagen und zusammen mit einem Chirurgen behandelte ich perkutan subphrenische Abszesse. Zur gleichen Zeit führte in Oregon Professor Charles Dotter die ersten Behandlungen von Gefäßobliterationen mit Hilfe der Perkutanen Transarteriellen Angioplastie (PTA) durch. Ich war überzeugt, dass das die Zukunft sein wird, also schrieb ich in dem Editorial, die Zukunft gehöre der Interventionellen Radiologie, die ein neuer Fachbereich der Radiologie werden sollte.“ Das war Mitte der 1960er Jahre – wie richtig Margulis mit seiner Einschätzung doch liegen sollte!


Die fünf Freunde

Prof. Dr. John L. Doppman, Leiter der Abteilung Diagnostische Radiologie am Warren Grant Magnuson Clinical Research Center, National Institutes of Health (NIH), verstorben am 21. August 2000.
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Josef Lissner, Direktor der Radiologischen Klinik und Poliklinik, Klinikum Großhadern, München. Vorsitzender der Deutschen Röntgengesellschaft von 1979 bis 1985. Josef Lissner verstarb am 30. Dezember 2006.

Prof. Dr. Dr. h.c.  Alexander R. Margulis, New York, Ehrenmitglied zahlreicher Radiologischer Gesellschaften weltweit und wissenschaftlicher Berater des MR-Symposiums in Garmisch seit 1999.

Prof. Dr. Dr. h. c. Maximilian Reiser, Direktor des Instituts für Klinische Radiologie des Klinikums der Universität und Dekan der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), München, wissenschaftliche Leitung der abwechselnd stattfindenden MR- und CT-Symposien in Garmisch seit 1997.

Prof. Dr. Dr. h.c. Hedvig Hricak, Chairperson (Leiterin) der Abteilung für Radiologie am Memorial Sloan Kettering Cancer Center, wissenschaftliche Leitung des MR-Symposiums in Garmisch seit 1999.

18.01.2011

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