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News • Forschung zu Insulin-Wirkung
Frauen mit Diabetes: Einfluss von Zyklus und Alter
Die Wirkung des Hormons Insulin im Gehirn spielt eine wichtige Rolle im menschlichen Körper. Sie beeinflusst unter anderem den Ganzkörperstoffwechsel, die Körperfettverteilung und das Essverhalten.
Studien mit männlichen Teilnehmern ergaben beispielsweise, dass Personen mit einer verringerten oder sogar fehlenden Reaktion auf Insulin im Gehirn zu einer Gewichtszunahme und einer Ansammlung von viszeralem Fett neigen.1 Aktuelle Forschungsergebnisse deuten auch auf Geschlechtsunterschiede bei der Insulinempfindlichkeit hin. Eine Studie an Frauen lieferte Hinweise darauf, dass der Menstruationszyklus die Insulinaktivität im Gehirn beeinflussen kann.2 Zudem nimmt bei ihnen die Insulinwirkung mit zunehmendem Alter ab. Das könnte für kognitive Beeinträchtigungen und möglicherweise die Mitentstehung einer Alzheimer-Erkrankung verantwortlich sein. Auf dem Diabetes Kongress 2024 (8.-11. Mai in Berlin und online) erörtern die Teilnehmenden eines deutsch-dänischen Symposium die Rolle des Gehirns im Glukosestoffwechsel.
Interessanterweise zeigt vor allem der Hippocampus eine Abnahme der Insulinwirkung bei Frauen nach dem 50. Lebensjahr
Stephanie Kullmann
„Über die letzten Jahre wurde nachgewiesen, dass das Gehirn ein insulinsensitives Organ ist, aber auch, dass eine ganze Reihe von Menschen nicht auf Insulin im Gehirn ansprechen“, sagt Apl. Professor Dr. Stephanie Kullmann, stellvertretende Leiterin der Abteilung Metabolic Neuroimaging am Institut für Diabetes Forschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) am Helmholtz Center München an der Universität Tübingen. Man spricht bei ihnen von einer Insulinresistenz des Gehirns: „Diese findet sich besonders häufig bei Personen mit Adipositas, aber auch Unterschiede zwischen Männern und Frauen spielen eine Rolle“, erklärt Professor Dr. Martin Heni, Leiter der Sektion Endokrinologie und Diabetologie der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm.
Neue Forschungsergebnisse an jungen Frauen geben Hinweise darauf, dass bei ihnen die Gehirnreaktion auf Insulin je nach Zyklusphase variiert. In einer Studie wurde dazu 11 schlanken Frauen, die keine hormonellen Verhütungsmittel nutzten, Insulin als Nasenspray verabreicht. Dieses ermöglichte eine selektive Stimulierung der Insulinwirkung im Gehirn im Vergleich zu einem Placebo-Nasenspray. Die Auswertung belegte, dass nach nasaler Insulingabe während der Follikelphase, also vor dem Eisprung, eine höhere Insulinsensitivität im Körper bestand als während der Lutealphase, also der Zeit nach dem Eisprung. „Das ist wahrscheinlich auf eine Insulinresistenz in dieser Zyklusphase zurückzuführen“, schlussfolgern Kullmann und Heni, die beide an der Studie mitbeteiligt waren. Bei weiteren 15 Frauen wurden diese Ergebnisse durch funktionelle MRT-Scans bestätigt.
Mit zunehmendem Alter lässt die Wirkung von Insulin bei Frauen im Gehirn nach. Das betreffe vor allem limbische Regionen, führt Professor Kullmann aus: „Interessanterweise zeigt vor allem der Hippocampus eine Abnahme der Insulinwirkung bei Frauen nach dem 50. Lebensjahr, während sich die Insulinwirkung im Hippocampus bei Männern mit zunehmendem Alter zwischen 20 und 70 Jahren nicht verändert.“ Der Hippocampus ist wichtig für Gedächtnisprozesse und bei der Alzheimer-Erkrankung betroffen. Frauen erkranken häufiger an Alzheimer als Männer. „Neueste Daten legen nahe, dass eine Insulinresistenz des Gehirns zu kognitiven Beeinträchtigungen beiträgt, unabhängig von einer Ganzkörper-Insulinresistenz“, berichtet Martin Heni.
Literatur:
- Heni M et al.: Impaired insulin action in the human brain: causes and metabolic consequences; Nature Reviews Endocrinology 2015
- Hummel J et al.: Brain insulin action on peripheral insulin sensitivity in women depends on menstrual cycle phase; Nature Metabolism 2023
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft
08.05.2024