Bildquelle: LWL/Dietmar Wäsche
News • Forscher hinterfragen Zusammenhang
Fibromyalgie und Corona: Hat die Pandemie den Schmerz verschlimmert?
Ein Forschungsteam der LWL-Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum hat untersucht, inwiefern sich die Pandemie auf den chronischen Schmerz und das Wohlbefinden von Patientinnen mit Fibromyalgie ausgewirkt hat.
Die Covid-19-Pandemie sowie die damit verbundenen Einschränkungen und Veränderungen des öffentlichen Lebens hatten und haben weitreichende Folgen für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen auf der ganzen Welt. Einige Bevölkerungsgruppen, wie beispielsweise Patienten mit chronischen Schmerzen, sind hiervon besonders betroffen. Inwiefern sich die Pandemie auf den chronischen Schmerz und das Wohlbefinden von Patientinnen mit Fibromyalgie ausgewirkt hat, untersuchte ein Forschungsteam der LWL-Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum. Die Forscher konnten in ihrer Studie zeigen, dass bei einer Mehrheit der Patientinnen im Zuge der Pandemie keine Verschlechterung der Symptomatik festzustellen war, entgegen der subjektiven Wahrnehmung der Betroffenen. Das Forschungsteam berichtet in der Fachzeitschrift Clinical and Experimental Rheumatology.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, im Rahmen einer Pandemie auf die spezifischen Bedürfnisse chronischer Schmerzpatientinnen und Patienten einzugehen bzw. Behandlungskonzepte frühzeitig anzupassen
Benjamin Mosch
Das Team um Prof. Dr. Martin Diers und Benjamin Mosch, Psychologen und Grundlagenforscher in der Klinischen und Experimentellen Verhaltensmedizin, analysierte die Daten einer deutschlandweiten Fragebogenerhebung mit 109 Fibromyalgie-Patientinnen. Im Fokus standen dabei die langfristigen Veränderungen verschiedener klinischer und verhaltensbezogener Variablen. Dazu zählten unter anderem die Schmerzstärke und -beeinträchtigung, die Ausprägung depressiver Symptome, das individuelle Erleben der Pandemie sowie die selbst wahrgenommene Veränderung von Schmerzen, Angstzuständen, Depressionen und körperlicher Aktivität im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie. Entsprechende Vergleichswerte wurden im Rahmen einer Erhebung aus dem Jahre 2019 gesammelt.
„Die Ergebnisse belegen eine deutliche wahrgenommene Verschlechterung der Schmerzen, depressiven Verstimmung und Ängste sowie des körperlichen Aktivitätsniveaus aufgrund der Pandemie“, erklärt Verhaltensforscher Benjamin Mosch. „Interessanterweise spiegelten sich diese wahrgenommenen Veränderungen nicht in einem langfristigen Anstieg der Schmerz-Testwerte aus der Zeit vor der Pandemie zur aktuellen Messung wider.“
Die Schmerzintensität zum Zeitpunkt der aktuellen Messung konnte am besten durch die Schmerzintensität vor der Pandemie erklärt werden, während für das pandemiebezogene Erleben kein entscheidender Einfluss auf den Schmerz gefunden wurde. Es scheint also, als hätte die Pandemie im Durchschnitt eher keinen starken negativen Effekt auf die Symptomatik der Studienteilnehmerinnen gehabt. Gleichzeitig konnte die wahrgenommene Verschlechterung der Schmerzen am besten durch den wahrgenommenen allgemeinen negativen Einfluss der Pandemie erklärt werden, was die Bedeutung der individuellen Wahrnehmung unterstreicht. Schließlich fanden die Forscher für Patientinnen mit weniger schweren präpandemischen Schmerzsymptomen eine stärkere langfristige Verschlimmerung der Schmerzen. „Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, im Rahmen einer Pandemie auf die spezifischen Bedürfnisse chronischer Schmerzpatientinnen und Patienten einzugehen bzw. Behandlungskonzepte frühzeitig anzupassen, um längerfristig auftretenden Einschränkungen oder einer Verschärfung der Symptomatik präventiv entgegenzuwirken“, so Benjamin Mosch.
Quelle: LWL-Universitätsklinikum Bochum der Ruhr-Universität Bochum
10.07.2023