Ungeahntes Potenzial
Erstaunliche Zusammenarbeit von Strahlen- und Immuntherapie
Die selektive Immuntherapie mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren hat bei vielen Krebserkrankungen zu einer deutlichen Verbesserung des Therapieergebnisses geführt. Laut neuesten Studienerkenntnissen kann die Strahlentherapie die Wirkung von Checkpointinhibitoren weiter erhöhen.
„Die nun vorliegenden Daten unterstreichen den hohen Stellenwert der Strahlentherapie in der Krebstherapie. Durch die Strahlentherapie kann die Wirksamkeit moderner Medikamente gesteigert werden – ein Potenzial, das im Interesse der Patienten keinesfalls ungenutzt bleiben darf“, betont Prof. Dr. med. Jürgen Dunst, Tagungspräsident der DEGRO-Jahrestagung 2017.
Jüngst ist im renommierten Journal „Lancet Oncology“ eine Analyse der „KEYNOTE-001-Studie“ erschienen, die die Bedeutung der Radiotherapie für die Effektivität von der Checkpointinhibition mit Pembrolizumab untersuchte. 42 Patienten dieser Studie (43%) hatten eine Strahlentherapie vor der Pembrolizumab-Therapie erhalten, davon 38 Patienten eine Strahlentherapie außerhalb des Gehirns (überwiegend im Brustkorb). Im Ergebnis zeigte sich ein signifikanter Vorteil im progressionsfreien Überleben (Zeitdauer bis zum Fortschreiten der Tumorerkrankung) und im Gesamtüberleben bei den Patienten, die sich zuvor einer Strahlentherapie unterzogen hatten. In der Analyse war eine vorausgegangene Radiotherapie sogar der wichtigste prädiktive Faktor für das Überleben! Die zugrundeliegende Hypothese ist, dass die Strahlentherapie die Immunantwort spontan verstärkt. Dadurch können v.a. immunologische Therapien unterstützt werden. Solche synergistischen Effekte wurden bereits seit einigen Jahren diskutiert und beschrieben. Eine signifikante Steigerung der Immunantwort nach Radiotherapie wurde erstmals laborchemisch vor fünf Jahren in einem Fallbericht laborchemisch bei einem Melanom-Patienten belegt.
Dieses Studienergebnis wird – so die Experten der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie, deren Jahrestagung derzeit in Berlin stattfindet – perspektivisch das Einsatzgebiet der Strahlentherapie erweitern. Denn sie wird nicht nur wie bisher erfolgreich eingesetzt werden, um Tumorzellen direkt zu zerstören, sondern auch, um die Wirkung der Immuntherapie zu verstärken. „Die nun vorliegenden Daten unterstreichen den hohen Stellenwert der Radiotherapie in der Krebstherapie. Durch die Strahlentherapie kann die Wirksamkeit moderner Medikamente gesteigert werden – ein Potenzial, das im Interesse der Patienten keinesfalls ungenutzt bleiben darf“, betont Prof. Dr. med. Jürgen Dunst, Tagungspräsident der DEGRO-Jahrestagung 2017.
Die Radiotherapie kann aber nicht nur als „Katalysator“ und „Verstärker“ der Immuntherapie dienen, sondern umgekehrt können auch verschiedene zielgerichtete Medikamente die Effizienz der Strahlentherapie erhöhen. Wie eine Arbeitsgruppe aus Dresden zeigte, ist die lokale Tumorkontrolle nach kombinierter, simultaner Gabe der Strahlentherapie mit dem Antikörper Cetuximab höher als nach Radiotherapie allein. Vor zwei Jahren konnte die Arbeitsgruppe gemeinsam mit Hamburger Kollegen nachweisen, dass die erhöhte Radiosensitivität der Tumorzellen durch die EGFR-Inhibition bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs Resultat eines p53-abhängigen Arrests des Zellzyklus in der G1-Phase ist. Inzwischen sind auch Parameter identifiziert worden, die die Wirkung der Therapie zumindest in Experimenten vorhersagen können und die nun weiter klinisch untersucht werden müssen. Wie Studienleiterin Professor Mechthild Krause, ausführt, liegt die Zukunft der Krebstherapie in der Ausschöpfung solcher möglichen synergistischen Potenziale. „Die Tumorzellen verändern ihre genetische Signatur und daher wird eine Monotherapie immer nur eine gewisse Zeit wirksam sein können. Um das Überleben der Patienten zu verbessern, müssen wir neue Kombinationstherapien auf Effizienz und Sicherheit hin untersuchen und in die Klinik bringen. Die Radiotherapie hat sich dabei schon oft als verlässlicher Sparring-Partner erwiesen, der andere Therapien zur Höchstform bringen kann.“
Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.
19.06.2017