Künstliche Intelligenz
„Dr. Watson“ diagnostiziert seltene Form der Leukämie
Jüngst wurde in Japan ein Fall bekannt, in dem „Dr. Watson“ – ein vom Technologiekonzern IBM entwickelter Rechnerverbund – einen seltenen Fall der Leukämie diagnostiziert hat. Das System sorgte damit für eine schnellere lebensrettende Therapie als herkömmliche medizinische Methoden. „Dr. Watson“ nutzte dabei die gespeicherten Inhalte von Millionen Onkologie- Forschungsartikeln und von Forschungseinrichtungen zur Verfügung gestellte Leukämie-Daten.
Bei einer 60-jährigen weiblichen Patientin wurde von Ärzten eine akute myeloische Leukämie (AML) diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine Form des Blutkrebses, die durch ein schnelles Wachstum mutierter weißer Blutzellen charakterisiert ist. Zwar war die Chemotherapie erfolgreich, die Patientin konnte sich aber nur ungewöhnlich langsam von der Postremissionstherapie erholen. Die Ärzte vermuteten daraufhin eine andere Form der Leukämie, doch mithilfe herkömmlicher Methoden konnte nichts festgestellt werden.
Wie erstellt „Dr. Watson“ die Diagnose?
Die Ärzte zogen „Dr. Watson“ hinzu. Das System verglich die genetischen Daten der Patientin mit allen gespeicherten Informationen und entdeckte dabei genetische Mutationen, die einzigartig für eine bestimmte Form der Leukämie waren: Ein Fall der sekundären Leukämie, in der sich zu wenig gesunde Blutzellen bilden.
Für die Behandlung verantwortlich war ein Team um Professor Arinobu Tojo, der die Vorteile von „Dr. Watson“ folgendermaßen zusammenfasst: „Die Patientin hatte Mutationen in mehr als 1000 Genen, aber viele davon standen nicht mit ihrer Erkrankung in Verbindung. Während es für Wissenschaftler circa zwei Wochen gedauert hätte, zu prüfen, welche der 1000 Mutationen für die Diagnose wichtig war oder nicht, hat Dr. Watson das Ganze in 10 Minuten erledigt.“
Nach richtiger Diagnose wird die Patientin gesund
Nachdem die Ärzte die Therapie an „Dr. Watsons“ Diagnose angepasst hatten, verbesserte sich der Zustand der Patientin so enorm, dass sie kurze Zeit später das Krankenhaus verlassen konnte. Professor Tojo erklärt: „Wir wären auch durch eine manuelle Datensuche zum selben Schluss gekommen, doch Dr. Watsons Geschwindigkeit ist essentiell bei der Behandlung von Leukämie, die schnell voranschreitet. Es kann übertrieben sein, zu sagen, künstliche Intelligenz hat ihr Leben gerettet, aber es hat uns die benötigten Daten in extrem schneller Art und Weise geliefert.“
Das Universitätskrankenhaus in Tokio hat „Dr. Watson“ bei bereits circa 100 Patienten mit hämatologischen Krankheiten genutzt und in 70 bis 80 Fällen hat es dabei geholfen, die Gründe der Krankheit richtig zu erfassen. Professor Tojo macht allerdings darauf aufmerksam, dass das System noch nicht perfekt sei und gelegentlich noch Fehler auftreten.
Auch Krankenhäuser in China setzen auf „Dr. Watson“
In China wird „Dr. Watson“ als Hilfe für die Diagnose und Behandlung onkologischer Erkrankungen in 21 Krankenhäusern eingeführt. „Dr. Watson“ soll individuelle Behandlungsmöglichkeiten liefern und die aktuellsten genetischen Informationen dabei nutzen. Nach der Einführung in indischen Krankenhäusern im letzten Jahr erobert „Dr. Watson“ mit China das nächste große Gesundheitssystem. In China sterben jährlich beinahe drei Millionen Menschen an einer onkologischen Erkrankung.
Warum wir auf Ärzte nicht verzichten können
Der Fall in Japan zeigt, wie hilfreich künstliche Intelligenz in der Medizin sein kann. Die stetigen Entwicklungen in Forschung und Medizintechnik sind so umfangreich, dass sie auch von Fachärzten nicht stetig verfolgt werden können. Bei schnell voranschreitenden Erkrankungen ist der Faktor Zeit außerdem ein entscheidendes Kriterium: Eine unfassbar große Datenbank, die richtige Entscheidungen trifft, kann daher wie in Japan Leben retten. Fachkräfte können wir trotzdem nicht entbehren, da mithilfe der Diagnose die richtigen Schlüsse für die Behandlung gezogen werden müssen. Auf Ärzte können wir also keinesfalls verzichten.
Quelle: beipress – Beisel Healthcare Press Research
22.09.2016