Digitale Volumentomographie

Sie sind die Pioniere der digitalen Volumentomographie (DVT): Zahnärzte, Kieferchirurgen und HNO-Ärzte haben das dreidimensionale Röntgenverfahren bereits vor vielen Jahren für sich entdeckt.

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Bei ihnen kommt die DVT bereits routinemäßig zum Einsatz, um Hochkontrastobjekte wie zum Beispiel Zahnwurzeln, Implantate oder Knochenstrukturen darzustellen. Prof. Dr. Dr. Martin Kunkel, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie am Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, glaubt sogar, dass die DVT das Orthopantomogramm als bisherige Standardtechnologie in naher Zukunft in weiten Bereichen ablösen wird.
Bis zu 1.500 DVT-Untersuchungen pro Jahr werden am Haus von Prof. Kunkel durchgeführt. Die Einsatzgebiete reichen dabei von der Entzündungsdiagnostik über Zahnfleischtaschen- oder Weisheitszahndiagnostik bis hin zu odontogenen Tumoren. Auch medikamentenbedingte Knochenerkrankungen wie Bisphosphonat-assoziierte Osteonekrosen oder andere Folgeveränderungen des Knochens werden in der Regel deutlich sicherer durch die DVT bewertet. Darüber hinaus nehmen die Traumatologie des Gesichtsschädels sowie Unterkiefer- und Gelenkfrakturen in Prof. Kunkels Abteilung einen besonders hohen Stellenwert ein. Da die DVT-Untersuchungen mit Dosen durchgeführt werden, die im Vergleich zu Standardexpositionsparametern der CT bei circa 10 bis 30 Prozent und darunter liegen, ist das schonende Verfahren besonders für jüngere Patienten und Kinder geeignet. Zudem verbessert die DVT die Operationsplanung und damit die Operationssicherheit für viele Patienten, beispielsweise bei der Korrektur von Kieferanomalien und Fehlbildungen.
„Die DVT brauchen wir immer dann, wenn wir neben der Panoramaschichtaufnahme aus dem Orthopantomogramm zusätzliche Informationen über die dritte Dimension gewinnen wollen“, bringt es der Experte auf den Punkt. „Zum einen also, wenn wir Lage und Form einer Struktur in der Tiefe erfassen und bewerten möchten. Zum anderen, um exakte Dimensionsangaben über den Knochen zu bekommen.“ Denn ein Problem bei den Panoramaschichtaufnahmen stellt – wie bei allen anderen konventionellen Röntgenverfahren im Kiefer- und Gesichtsbereich auch – die Tatsache dar, dass sie eine sehr variable Verzeichnung aufweisen. Eine wirklichkeitsgetreue Längenmessung ist hier nur sehr schlecht durchführbar. Die präzise Bestimmung von Knochenhöhe und -breite ist jedoch gerade in der Implantologie von entscheidender Bedeutung, erklärt Prof. Kunkel: „Wenn zum Beispiel eine künstliche Zahnwurzel im Unterkiefer eingesetzt werden soll, muss man darauf achten, dass das Implantat nicht den Nervus alveolaris inferior trifft, der die Gefühlsversorgung von Zähnen und Unterlippe leistet. Bei ungenauen Messverfahren müssen deshalb sehr große Reserveabstände eingehalten werden, damit der Nerv nicht versehentlich angebohrt wird. Das heißt, entweder kann man gar nicht implantieren oder man betreibt einen ungleich höheren Mehraufwand wie den Aufbau von Knochen, um in solchen Fällen auf Nummer sicher zu gehen.“
Allerdings ist die DVT im Gegensatz zur Computertomographie darauf beschränkt, nur Hartgewebsstrukturen im Detail zu erfassen, sodass man bei Weichgewebestrukturen letztlich nur eine Information darüber erhält, ob diese generell vorhanden sind oder nicht. „Diese allgemeine Unterscheidung hilft bei vielen zahnmedizinischen Fragestellungen aber schon einen großen Schritt weiter“, betont der Bochumer Mediziner. „Bei entzündlichen Veränderungen in der Kieferhöhle dreht sich beispielsweise alles um die entscheidende Frage: Gibt es eine reaktive Schleimhautschwellung in der Kieferhöhle oder nicht? Das ist eine wesentliche Information.“
Gerade weil die DVT sich durch eine hohe diagnostische Aussagekraft auszeichnet, sagt Prof. Kunkel dem Verfahren eine erfolgreiche Zukunft voraus: „Bisher wurde in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde zumeist im Sinne einer Stufendiagnostik agiert. Erst wurde häufig ein Zahnfilm gemacht, dann ein Orthopantomogramm, dann eine konventionelle Tomographie oder Schädelaufnahme. Und wenn das alles immer noch nicht zu einem endgültigen Befund geführt hat, auch noch eine CT oder eben die DVT. Das hatte zur Folge, dass kumulativ Strahlendosis appliziert wurde. Bei vielen komplizierten Fällen erscheint es deshalb aus strahlenbiologischer Sicht deutlich sinnvoller, von Anfang an eine Endpunktdiagnostik in Form einer DVT durchzuführen.“ In der Bochumer Fachklinik ist die DVT jedenfalls jetzt schon ein Standardverfahren und hat das Orthopantomogramm als Goldstandard in der Basisdiagnostik für einige Bereiche schon abgelöst.

Im Profil
Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Martin Kunkel, Jahrgang 1964, studierte Zahnmedizin und Medizin in Mainz. 1997 schloss er seine Facharztausbildung zum Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen ab, 2002 folgte die Habilitation. Danach trat er 2004 eine leitende Oberarztstelle an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität Mainz an. 2005 wurde Kunkel auf eine W2-Professur für MKG-Chirurgie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz berufen. Der 48-Jährige koordiniert seit sieben Jahren die Leitliniengruppe „Dentoalveoläre Chirurgie“ der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Seit 2008 ist er Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie der Ruhr-Universität Bochum am Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer.
 

29.10.2012

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